Oberhausen. Medizinern ist dieser Zusammenhang längst klar: Die Corona-Pandemie wirkt sich bis heute auf die hohen Todeszahlen aus. Woran das liegt.
Was steckt dahinter? Die Krankenhäuser in Oberhausen müssen immer mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandeln. Was diese Entwicklung mit den aktuell hohen Todeszahlen in unserer Stadt zu tun hat und welche Rolle die Corona-Pandemie dabei spielt, erläutert Dr. Muhammad Yousef, leitender Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen.
Die Todesfall-Statistik des Landesamtes legt deutliche Zahlen auf den Tisch: 2022 sind 3208 Oberhausenerinnen und Oberhausener gestorben – so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Ursachen dafür sind nach Ansicht von Experten neben der Corona-Pandemie die Grippewelle, die Welle an Erkrankungen mit dem RS-Virus (Atemwegsinfekt), die Hitzewelle und die Todesfälle durch Herz-Kreislauferkrankungen. Muhammad Yousef hat die Folgen der Pandemie in den letzten Jahren im EKO täglich vor Augen gehabt – und weist auf eine erstaunliche Parallele hin.
„Von 2015 bis 2018 haben wir in unserer Klinik für Kardiologie durchschnittlich 70 Patienten behandelt“, erläutert der Oberarzt. „Seit Mitte 2022 steigt diese Anzahl immer weiter an und liegt jetzt bei rund 100 Patienten.“ Zeitgleich habe es 2022 deutlich weniger Corona-Infektionen gegeben, die auch eine Lungenentzündung auslösten. „Trotzdem registrierten wir für das vergangene Jahr eine deutliche Übersterblichkeit, die sich auch mit der Hitzewelle, der Grippe-Welle und der RS-Welle nicht erklären lässt – denn dafür fielen diese Krankheitszahlen insgesamt doch zu gering aus.“ Yousef beobachtete: Die Sterbezahlen schnellten stets parallel zu den Corona-Infektionen in die Höhe. „Todesursache aber waren nicht nur die Lungenentzündungen bei einem schweren Verlauf, sondern auch Corona-Langzeitfolgen.“
Anstieg der Todesfälle um 12,4 Prozent
Das Statistische Bundesamt belegt im Rahmen einer Sonderauswertung der Sterbefälle zwischen 2016 und 2023: Während es deutschlandweit 2016 insgesamt 42.583 Todesfälle in der Altersgruppe der 65- bis 85-Jährigen gab, waren es 2022 bereits 47.851. Das entspricht einem erheblichen Anstieg von 12,4 Prozent.
Belegt ist mittlerweile, dass eine Corona-Infektion als Spätfolge das Risiko für Herzinfarkte und eine dadurch ausgelöste Herzschwäche, Schlaganfälle und Lungenembolien erhöht. „Betroffen davon sind meistens ältere Menschen zwischen 70 und 80 Jahren“, erläutert Yousef. Ihr Risiko an diesen Pandemie-Folgen zu versterben sei besonders hoch, denn gerade Ältere seien oft mehrfach erkrankt und dadurch besonders gefährdet. „33,3 Prozent und damit jeder dritte Tote in Deutschland war bereits 2021 auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zurückzuführen.“
Nie war Vorbeugung so wichtig wie heute
Nie war Vorbeugung deshalb so wichtig wie heute, meint der Oberarzt und rät allen noch immer Ungeimpften dringend zu einer Corona-Schutzimpfung. Darüber hinaus aber auch zu einer gesunden Ernährung, regelmäßiger Bewegung, einer Diät bei Übergewicht und zum Verzicht aufs Rauchen. „Bluthochdruck, Diabetes und zu hohe Cholesterinwerte sollten unbedingt behandelt und regelmäßig ärztlich kontrolliert werden.“
Die Klinik für Kardiologie am EKO ist als HFU-Schwerpunktklinik durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie ausgezeichnet worden. Heart Failure Unit (HFU) bezeichnet dabei ein spezielles Zentrum zur Behandlung von Herzinsuffizienz (Herzschwäche). „Eine leitliniengerechte Behandlung bei dieser Erkrankung ist enorm wertvoll.“ Nur so könne die Sterblichkeit der Betroffenen gesenkt werden.
Das Evangelische Krankenhaus Oberhausen (EKO) ist außerdem auf die Weiterbehandlung von Patienten nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand spezialisiert und wurde dafür am 28. April 2023 offiziell als Cardiac Arrest Center zertifiziert.