Oberhausen. Im Konsumzeitalter fällt bei vielen Menschen eine enorme Menge an Abfall an, darunter viel Sperriges, aber auch Kurioses. Eine Reportage vor Ort.
- Alle stöhnen über die hohen Preise von Waren in Geschäften, doch auf dem Wertstoffhof in Oberhausen herrscht weiter reger Betrieb.
- Müllarbeiter wundern sich, dass Bürgerinnen und Bürger sogar funktionstüchtige Produkte auf den Müll werfen.
- Diejenigen, die auf dem Oberhausener Wertstoffhof arbeiten, finden in den Abfallbergen durchaus auch Kurioses.
Wer auf den Hof an der Buschhausener Straße 142 in Oberhausen fahren will, muss zunächst an einem düster dreinblickenden Mann mit Hut, zerrissener Hose und blutigem Shirt sowie seinen zwei Bulldoggen vorbei. Die drei Figuren sind keine Mitarbeiter auf dem Wertstoffhof der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO). Sie gehören zu den wenigen Dingen, die hier abgegeben, aber nicht entsorgt werden. „Ein netter Gag“ seien sie, findet WBO-Sprecher Jan Küppers. Für alles andere läutet der Wurf in einen der großen Abfallcontainer das Ende des Lebenszyklus der einst so teuer gekauften Waren ein.
Die riesigen Mulden und Container sind für ausgediente Kühlschränke, Holzmöbel, Bauschutt, Grünabfälle, Schadstoffe und Autoreifen die vorletzte Ruhestätte. Auf dem Wertstoffhof werden sie gesammelt und dann vernichtet, recycelt oder in der Müllverbrennungsanlage verbrannt. Abgeben können Bürgerinnen und Bürger hier alles von Altakten bis zur Teerpappe und sogar alte Solarzellen – ein neues Phänomen. Manches kostet Geld, anderes nicht. Bauschutt zum Beispiel können Menschen, die in Oberhausen leben (das ist Voraussetzung für den Besuch), kostenlos abgeben. Baumischabfälle hingegen können Privatpersonen je nach Menge bis zu 360 Euro kosten.
Menschen geben auf dem Oberhausener Wertstoffhof Kuriositäten ab
Was der Unterschied ist? Das wissen die acht in auffälligem Orange gekleideten Mitarbeitenden – sechs Männer und zwei Frauen – auf dem Oberhausener Wertstoffhof. Sie helfen mit Informationen aus und packen mit an. Einer von ihnen ist Fabian Spickeneder. Der 25-Jährige ist Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. „Was Krisensicheres“, nennt der großgewachsene Mann seinen Beruf. Müll gebe es schließlich immer. Darunter auch einige Kuriositäten. Ins Detail gehen will er nicht. Die Frage, ob es sich um Sexspielzeug handelt, entlockt ihm immerhin ein Nicken.
Spickeneder mag seine Arbeit. „Es ist ein super Job. Macht auch Spaß.“ Man glaubt ihm das, auch wenn er es nicht auf überschwängliche Weise zeigt. Er mag es, mit Menschen in Kontakt zu sein und etwas über sie zu erfahren. Anhand einer winzigen Schraube lasse sich eine ganze Lebensgeschichte erzählen, weiß der Buschhausener. Berufserfahrung.
Bevor der Oberhausener Wertstoffhof öffnet, stehen die Autos Schlange
Besonders groß ist der Andrang am Wertstoffhof, wenn das Wetter umschlägt – von schlecht auf gut. Dann, wenn die Menschen den klassischen Frühjahrsputz machen, ausmisten und im Garten arbeiten. Auch heute, an einem regnerischen Sommertag, bringen viele Oberhausenerinnen und Oberhausener Grünschnitt vorbei. Der grüne Berg im unteren Bereich des Wertstoffhofes riecht nach frisch gemähtem Gras. Die Treppe hoch, legt sich der Geruch alter Lacke und Farben in einer bunt beklecksten Mulde darüber. Hier im oberen Bereich räumen gerade ein Mann und eine Frau altes Holz in einen Container. „Das war mal ein Vogelhäuschen“, sagt der Mann und wirft etwas, das nicht mehr danach aussieht, über den Rand aus Metall.
Ob die Krähen es ihm übel nehmen? Sie beobachten den Hof von den angrenzenden Birken aus. Altes Holz interessiert sie aber weniger, weiß WBO-Sprecher Jan Küppers. Sie hoffen wohl auf Essensreste, die sich in den Abfällen verstecken. Direkt angrenzend befindet sich das Remondis-Gelände und lockt die schwarzen Vögel mit Verpackungsmüll an – oder besser gesagt: mit deren oft übelriechendem Inhalt. Ihr Krächzen mischt sich mit den brummenden Motoren der vollgeladenen Autos auf dem Wertstoffhof. Es ist viel los heute. Am Morgen standen die Autos Schlange.
Doch nicht nur Privatpersonen fahren auf das Gelände. Auch ein kleiner Laster der WBO hält neben einer Mulde an und entlädt seine unerwünschte Ausbeute: Reifen, Bauschutt und eine Palette. Menschen in Oberhausen haben all das achtlos in die Natur geworfen. 2500 wilde Müllkippen hat die WBO im Jahr 2022 entsorgt. Das sind etwa sechs pro Tag. Für Küppers ist das nicht nachvollziehbar: „Leute fahren in den Wald und laden das da ab, anstatt es hier abzugeben.“
Auch funktionstüchtige Geräte werden auf dem Oberhausener Wertstoffhof entsorgt
Viele der Dinge, die hier im Gewerbegebiet an der Buschhausener Straße landen, sind defekt und nicht mehr zu gebrauchen. Aber nicht alle. „Das funktioniert noch“, hört Fabian Spickeneder immer wieder, wenn jemand Elektroschrott vorbeibringt. „Warum stellen Sie das nicht bei Kleinanzeigen rein?“, fragt er dann. Vielleicht macht das Gerät einem oder einer anderen noch Freude. Doch den meisten Leuten ist der Verkauf oder das Verschenken wohl zu viel Aufwand. Und so landen Fernseher über Computer mit Festplatten – rund zehn volle Metallkisten stehen auf dem Hof – bis zu Rasenmähern im Müll. Sie mitnehmen, zum Eigenbedarf oder Verkaufen, dürfen die Mitarbeitenden der WBO die Gegenstände nicht. Alles wird entsorgt.
Öffnungszeiten des Oberhausener Wertstoffhofes
Pro Jahr werden nach Angaben der Wirtschaftsbetriebe Oberhausen (WBO) auf dem Oberhausener Wertstoffhof zwischen 17.000 bis 22.000 Tonnen Müll abgegeben. Die Abfallarten mit den größten Mengen sind Bauschutt und Grünschnitt.
Der Wertstoffhof an der Buschhausener Straße 142 hat montags bis freitags von 9 bis 16.30 Uhr geöffnet, samstags von 8 bis 15 Uhr.
Die gleichen Öffnungszeiten gelten für die Annahmestelle Gabelstraße/Zum Ravenhorst.
Infos zu den Preisen für die unterschiedlichen Abfälle gibt es online auf www.wbo-online.de/preisliste.
Schade findet Spickeneder, wie viele Geräte mit geringer Lebensdauer bei ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen abgegeben werden. Besser wäre es, in Qualität zu investieren und so Müll zu vermeiden, findet er und zitiert eine alte Weisheit: „Wer billig kauft, kauft zweimal.“ Er ist froh, mit seiner Arbeit einen Beitrag dazu zu leisten, dass der Müll am Ende da landet, wo er hingehört. Dass hier aber jeden Tag so viele Berge an Abfall zusammenkommen, lässt ihn nicht unberührt. „Das macht einen irgendwo nachdenklich“, sagt Spickeneder.