Oberhausen. Ein Freibad für Schmachtendorf? Klingt vielleicht für manchen ziemlich gewagt. Doch: 1977 wäre ein solcher Plan beinahe Wirklichkeit geworden.

Es fehlt ein weiteres Freibad in Oberhausen. In diesem Punkt sind sich fast alle einig. Beim genauen Blick in die Oberhausener Stadthistorie des 20. Jahrhunderts fällt auf: Beinahe hätte es ein solches Freibad gegeben. Die Lokalpolitik hatte dafür Schmachtendorf in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre in den Blick genommen. Doch aus den hochfliegenden Plänen wurde nichts.

„Die Planungen waren weit fortgeschritten, das Zauberwort hieß Bebauungsplan 36“, berichtet Tobias Szczepanski, Vorsitzender des Heimatvereins Schmachtendorf und Kenner der Stadtteilgeschichte. Das hoch gesteckte Ziel jenes Bebauungsplanes habe gelautet, Schmachtendorf zum „vierten Nebenzentrum“ in Oberhausen umzubauen – neben Alt-Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld.

Lesen Sie auch:

Schmachtendorfer Kirche ist ein ausgezeichnetes Eulen-Hotel

Dieser Bebauungsplan habe viel versprochen, erläutert Tobias Szczepanski: eine Turn- und Mehrzweckhalle, ein Bürgerhaus, einen zeitgemäßen Marktplatz, einen Ausbau der Dudelerstraße zum Geschäftszentrum für den Stadtnorden – und eben auch ein kombiniertes Frei- und Hallenbad! Es sei eine Zeit gewesen, in der Schmachtendorf sein ehemals dörflich geprägtes Gesicht radikal verändert habe. Die Dorfschmiede Neerfeld (auf dem Gelände befindet sich heute der Marktplatz) sei abgerissen worden, die Möllmannsche Mühle gesprengt worden. Tobias Szczepanski: „Wohnbebauung in großem Stil wurde geplant, wo sonst Ochsen den Pflug über Äcker zogen.“

Die Stadt Oberhausen ließ, in Abstimmung mit der Bevölkerung, ein Rahmenplatzkonzept Schmachtendorf erstellen. Schon damals sei besonders die Wichtigkeit der vorhandenen natürlichen Umwelt gelobt worden, die es zu erhalten gelte. Auch eine Gestaltungssatzung stand im Raum, als positives Beispiel wurde die Kempkensiedlung genannt – mit der Kirche als weithin sichtbaren, stadtbildprägenden Mittelpunkt.

Herzstück der sportlichen Pläne: ein kombiniertes Frei- und Hallenbad

Im Jahr 1977 ebenfalls als möglicher Freibadstandort in der Debatte: das Areal im Bereich der Tenterstraße in Schmachtendorf.
Im Jahr 1977 ebenfalls als möglicher Freibadstandort in der Debatte: das Areal im Bereich der Tenterstraße in Schmachtendorf. © WAZ | Ruth Gläser

Als Herzstück der sportlichen Planungen für Schmachtendorf war ein kombiniertes Frei- und Hallenbad vorgesehen. Als potenzielle Standorte kristallisierten sich hier die erweiterte Tenterstraße (heute der Schulhof der Heinrich-Böll-Gesamtschule) bzw. das – bis heute unbebaute – Stück zwischen Steinacker, Schmachtendorfer Straße und Autobahn 3 heraus.

Der letztere Standort sei zunächst vom Planungsamt favorisiert worden, berichtet Tobias Szczepanski, da sich nur an diesem Standort ein kombiniertes Frei- und Hallenbad mit ausreichenden Liegeflächen realisieren ließe. Planergruppen seien beauftragt, Konzepte erstellt worden. Am Ende schien es nur noch um die Standortfrage zu gehen, so weit waren die Planungen bereits fortgeschritten.

Doch dann kam offenbar plötzlich die politische Kehrtwende: Städtische Vertreter warnten mit Blick auf die Finanzen vor einem „zu großzügigen Bau“, außerdem sei Schmachtendorf durch die umliegenden Freibäder Hiesfeld und Alsbachtal, die ja mittlerweile längst geschlossen sind, mit Freibadwasserfläche überversorgt. Die Planung wurde schließlich gänzlich verworfen.

„Nur manchmal, an heißen Tagen, mag die Erinnerung hochkommen“

Tobias Szczepanski zieht folgende Bilanz: „Nur manchmal, an heißen Tagen, mag die Erinnerung hochkommen und man fragt sich, wie es wäre, wenn Schmachtendorf ein solches Bad erhalten hätte. Erst recht, wo die Schmachtendorfer Bevölkerung durch Zuzug in den letzten Jahren weiter gewachsen ist und es die Freibäder Hiesfeld und Alsbachtal, die anno 1977 die Überversorgung mit Freibädern ausmachten, längst nicht mehr gibt.“