Oberhausen. In 230 Stunden haben Hendrik und Linus Dresen sowie Christian Bode eine tragfähige Modell-Brücke gebaut. Dabei sind sie „ganz normale Jungs“.
Die drei Jung-Ingenieure müssen über sich selbst lachen. „Hier haben wir mehr Zeit als in unseren Kinderzimmern verbracht“, scherzen Christian Bode (10) und die Zwillinge Hendrik und Linus Dresen (13). Sie stehen vor dem Werkraum des Oberhausener Freiherr-von-Stein-Gymnasiums. In Vitrinen liegen Instrumente, Ausstellungsstücke, Kabel. Doch für ihr Meisterstück hat das Trio eigentlich nur eines gebraucht: Geduld. In 230 Stunden haben sie eine Modell-Brücke gebaut, die im Bundesfinale des Schülerwettbewerbs Junior.Ing den ersten Preis abräumte.
Die drei sind ohne ihre nachhaltige „Ruhrpott-Piña“ aus Berlin zurückgekehrt. Sie wird erstmal in der Hauptstadt ausgestellt. Dafür haben sie Fotos, T-Shirts und jede Menge Erinnerungen an die Preisverleihung im Deutschen Technikmuseum mitgebracht. „Wir wollten eigentlich ein Pokerface aufsetzen“, erzählt Hendrik Dresen. „Aber wir konnten unsere Freude nicht verbergen.“ Als der zweite Sieger bekanntgegeben wurde und nur noch die Freiherr-Schüler übrig blieben, fiel auch Patrick Diedrich ein Stein vom Herzen. „Da sind einige Tränen geflossen“, sagt der 44-jährige Physik- und Sport-Lehrer mit einem Schmunzeln. Freilich nicht bei ihm. „Aber mein Blutdruck ging vor der Bekanntgabe auch hoch“.
Brüder wollten besser sein als ihre Schwestern
Die Oberhausener Schule ist ungeheuer stolz auf ihre Jung-Ingenieure. Zum ersten Mal ging der erste Platz an das Sterkrader Gymnasium. Vergangenes Jahr hatten die Schwestern von Linus und Hendrik Dresen und Christian Bode mit einer Sprungschanze für Furore gesorgt. Hannah Dresen und Katharina Bode durften diesmal in Berlin nur zuschauen. „Wir wollten besser sein als sie“, sagt Hendrik Dresen – ist ihnen gelungen.
In der Familie liegt die Lust am Bauen aber nicht unbedingt. Sabine Schmidt-Rosner, stellvertretende Schulleiterin, sagt über die Zwillinge Dresen, sie seien „ganz normale Jungs“. Ihr Notendurchschnitt liegt zwar im Einser-Bereich, aber lieber spielen sie Tennis, als sich mit Zahlen zu beschäftigen. Natürlich müssen sie sich wegen ihres Brückenprojektes auch ein paar Sprüche der Mitschüler anhören. Darüber können die drei aber lachen.
Lehrer hilft Schülern in den Ferien und an Feiertagen
Womöglich drückt so mancher Spruch aber auch die Bewunderung aus über das Engagement der drei. Zunächst arbeiteten sie zweimal in der Woche an ihrer Konstruktion, auf der Zielstrecke dann jeden Tag. „Wir haben uns an den freien Tagen und in den Ferien getroffen“, sagt Christian Bode. Manchmal acht Stunden. Der Tag sei dann schnell vorbeigegangen. Auch Diedrich war mit von der Partie. „Ich habe meine eigenen Kinder teilweise nicht mehr gesehen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Wenn die Schüler mit dem Herzen dabei sind, macht es einfach Spaß.“
Zwei Preise fürs Ruhrgebiet
In der Alterklasse II (ab 9. Klasse) ging der erste Platz ebenfalls ins Ruhrgebiet: Alicia Jakschik, Leon Jason Backhaus und Leonie Marie Nielsen von der Gesamtschule Horst (Gelsenkirchen) gewannen mit der Brücke „Omurga“.
Auf NRW-Ebene schaffte der Freiherr-Schüler Tobias Frakowiak mit seiner 360-Grad-Brücke Pontis Lignum außerdem einen zweiten Platz. Er trat in der Altersklasse I (bis 8. Klasse) an.
Schmidt-Rosner beschreibt Diedrich als Motor der Ingenieur-AG. Das Ergebnis strahlt bis in die Flure des Gymnasiums. „Die Schule hat ihren Bildungsauftrag erfüllt“, sagt die stellvertretende Schulleiterin mit Stolz in der Stimme. Gut möglich, dass der Preis Nachahmer animiert.
Eine Chance für marode Brücken in NRW?
Es wäre aber auch dem Land NRW zu wünschen mit seinen maroden Brücken. Der Entwurf der Schüler könnte in Echt nachgebaut werden. Und sie ist vermutlich weitaus stabiler als so mancher Brückenbau im Land. Eigentlich sollte sie nur 500 Gramm Belastung aushalten, aber sie schafft das Zehnfache. Bundesbauministerin Klara Geywitz wertete die Brücken bei der Preisverleihung als „ein gutes Zeichen für die Baubranche, die solchen engagierten und kreativen Nachwuchs braucht“. Wer weiß, vielleicht fahren die gestressten Autofahrer irgendwann stressfrei über eine Dresensche und Bodesche Brücke?