Oberhausen. . Weihnachten 1948 in Oberhausen war geprägt von hohen Lebensmittelpreisen und Wohnungsnot. An der Marktstraße wuchs die Zahl der Baustellen.

In der Geschichtsschreibung wird das Jahr 1948 meist als das der Währungsreform bezeichnet, und so bekommt es ein kleines glorifizierendes Kränzchen. Was für den Gesamtlauf von Wirtschaft und Geschichte so stimmen mag, im täglichen Leben war 1948 – und auch die Weihnacht vor 70 Jahren – ein weiteres Klümpchen harten grauen Granits am Halse einer von Krieg und Not geschundenen Bevölkerung. Wir haben in den in Oberhausen erscheinenden Zeitungen geblättert, zum Schmunzeln kaum was, zum Seufzen so manches gefunden.

„Den grauen Tag vergoldet“ hieß eine Überschrift über eine Weihnachtsfeier im Osterfelder Bunker, und die Überschrift steht exemplarisch für die Hauptprobleme jener Tage: Wohnungsnot, Verlassenheit, Mangel allüberall. Über 8000 Vertriebene lebten Ende 1948 in Oberhausen, die meisten davon in „Schlichtwohnungen“, wobei dieser Begriff noch schönfärberisch daherkommt. Mit fünf Personen in einem Zimmer zu leben, war die Regel, wer mehr Platz hatte, durfte sich schon glücklich preisen.

Unmut im Rathaus

Keine Not ohne Gewinner: Im Rathaus häuften sich Klagen und Beschwerden über Wohnungszuweisungen und -vergaben, die manchem sehr spontan vorkamen, oft auch vom Amt rückgängig gemacht werden mussten. Für besonderes Erstaunen (zum Empören fehlte einfach die Kraft) sorgte ein Phänomen, das in den letzten Wochen vor Weihnachten zu beobachten war: An der Marktstraße wuchs sprunghaft die Zahl von Baustellen, die „oft wie Pflaster über Kriegswunden“ wirkten, wie es die NRZ beschrieb.

Geschäftsleute wollten schnell verdienen. An anderer Stelle ruhten Baustellen, was zu Unsinnigem führte: Ein nagelneues Wohnhaus konnte nur im Erdgeschoss bezogen werden, zum fertiggestellten Oberschoss fehlte das Treppenhaus – der Handwerker bastelte an der Marktstraße an einem Ladenlokal-Provisorium.

Hohe Lebensmittelpreise

Für Unmut sorgten weiterhin die Lebensmittelpreise, die allen Vorschriften zum Trotz bisweilen ungezügelt nach oben gingen. Auf dem Weihnachtmarkt, der – vermutlich auf dem Südmarkt – abends „Backwerk und Gänse“ anbot, gab’s eine Weihnachtsgans für 95 Mark. Dafür musste man wochenlang arbeiten. „Da kauf’ ich mir lieber ein Pfund Pferdefleisch“, wird ein Kumpel zitiert, der sich enttäuscht von der fetten Gans abwendete.

Natürlich gab es auch in den Weihnachtsausgaben 1948 die Hinweise auf „leuchtende Kinderaugen“, auf „Frieden in der Welt“, aber eher in Verbindung mit der Nachricht, dass Väter immer noch fehlten, dass Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft sich verzögerte.

Verlobungen unterm Weihnachtsbaum

Bei aller Traurigkeit, die allenthalben bedrückte: Die Anzeigenspalten waren recht gut besetzt mit „Als Verlobte grüßen“ oder „Verlobung unterm Weihnachtsbaum“. Und an immer mehr Stellen brach sich das Leben Bahn: Die Linie 3 verkehrte rechtzeitig zu Weihnachten wieder zwischen Bebelstraße und Lipperheidebaum, und fast euphorisch wurde über eine künftige Verbindung zwischen Oberhausen und Mülheim diskutiert, die heutige Danziger Straße.

Sie würde sogar eine Anbindung nach Essen schaffen. Es ging also weiter!