SERIE. Petra Wlecklik machte vor 24 Jahren ihr Abitur. Ein Abschluss, den sie immer machen wollte, lange aber nicht konnte.
"Absolut grandios" - wenn Petra Wlecklik an ihre Zeit am Niederrhein-Kolleg zurückdenkt, kommt sie ins Schwärmen. Vielleicht weil in der Zeit, die vergangen ist, seit Petra Wlecklik 1984 dort ihr Abitur gemacht hat, die Strapazen, die damit verbunden waren, vergessen sind. Sicher aber, weil sie die Lehrer dort als "außerordentlich engagiert" empfunden hat. Und vor allem, weil sie sich mit dem Abitur einen lang gehegten Traum erfüllt hat.
Petra Wlecklik wurde 1960 als Tochter eines Bergmanns und einer Fleischverkäuferin geboren. Studieren, das Abitur zu machen und selbst der Besuch des Gymnasiums waren in der Familie kein Thema. Und so besuchte sie die Alsfeldschule, machte dort ihren Hauptschul-Abschluss und ging bei Babcock in die Lehre.
Schon während ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau engagierte sie sich stark in der Gewerkschaft, war lange Zeit Jugendvertreterin bei Babcock und eigentlich zufrieden mit ihrem Job. Trotzdem ging ihr der Mädchenwunsch, Sport-Lehrerin zu werden, nicht aus dem Kopf. Mit 21 Jahren entschloss sie schließlich, "dass ich doch gerne mein Abitur machen wollte". Da sie den Beruf und ihr Amt als Jugendvertreterin aber nicht aufgeben wollte, entschied sie sich zunächst für ein Abendgymnasium.
Keine gute Entscheidung, wie sich herausstellte. "Irgendwann ist mir alles über den Kopf gewachsen", erinnert Wlecklik sich. Nach einem halben Jahr verließ sie die Schule wieder und wechselte zum Niederrhein-Kolleg - auch damals schon eine Ganztagsschule. Mithilfe des Schülerbafögs und eines Stipendiums der Hans-Böckler-Stiftung konnte sie auch ohne festen Job ihre Ausbildung finanzieren.
"
All das lernen, was ich lernen wollte"
"Ich habe die Entscheidung, ans Niederrhein-Kolleg zu gehen, nie bereut", sagt Petra Wlecklik. In der Schülervertretung fand sie eine neue Möglichkeit, sich politisch zu engagieren und im Kolleg eine Möglichkeit "meinen Horizont zu erweitern. Endlich konnte ich all das lernen, was ich immer hatte lernen wollen." Nur keinen Sport. Der Sportunterricht kam damals zu kurz, der Mädchentraum war nach drei Jahren keiner mehr.
Nach dem Abitur studierte Petra Wlecklik Politische Wissenschaften, Baugeschichte und Geografie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (mit Hilfe eines gewerkschaftlichen Stipendiums) und legte einen Schwerpunkt auf politische Psychologie. Sie wollte sich künftig, "für politische Bildung einsetzen".
Heute pendelt Petra Wlecklik zwischen ihrem Wohnort Wuppertal und ihrem Arbeitsplatz in Frankfurt, wo sie in der IG Metall-Zentrale im Ressort Migration arbeitet und dort zum Beispiel Seminare zum Thema Integration in den Metaller-Betrieben organisiert oder sich für interkulturelle Pädagogik engagiert.