Mülheim. Mülheims MPI für chemische Energiekonversion wird seit Jahren erweitert. Warum die Macher Nickl & Partner nun auf den Architekturpreis 23 hoffen.

Der Bund Deutscher Architekten (BDA) hat den Architekturpreis Mülheim 2023 ausgelobt. Fünf besondere Mülheimer Projekte gehen ins Rennen, Architekten und Bauherren hoffen auf den Preis. Wir stellen ihre Vorhaben nach und nach vor. Heute geht’s um einen neuen Ort für die Spitzenforschung.

Die Rede ist vom Teilneubau des Max-Planck-Instituts für chemische Energiekonversion (MPI CEC), gelegen zwischen Kluse und Stiftstraße im Kahlenbergviertel. Den Anfang nahm dieses Großprojekt 2013 mit einem klassischen Architektenwettbewerb, aus dem Anfang 2014 das Büro Nickl & Partner als Gewinner hervorging. Seit rund einem Jahrzehnt wird die Vision der Münchener Architekten Stück für Stück umgesetzt; die Max-Planck-Gesellschaft hatte dafür einst Erweiterungsflächen östlich des Bestandes erworben.

Drei von vier Neubauten sind fertig, das letzte Gebäude soll 2024 abgeschlossen werden

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Von den vier vorgesehenen Neubauten sind in den vergangenen Jahren drei fertiggestellt worden: die Werkstatt- und Versuchshalle an der Ecke Höhenweg/Stiftstraße sowie das Büro- und das Chemiegebäude entlang der Kluse. Abgeschlossen werden konnten auch die Arbeiten am Mitarbeiter-Parkplatz neben dem Kiosk. Einzig das Elektronenmikroskop-Gebäude, kurz Elmi, befindet sich noch im Bau. Laut Nickl & Partner soll es 2024 in Betrieb gehen.

Die Baumaßnahmen ziehen sich deutlich länger hin, als anfangs angenommen: Schon vor zwei Jahren hieß es, man sei 36 Monate im Verzug. Im vergangenen Jahr kam eine Verzögerung beim Elmi-Bau hinzu, wieder verstrichen wertvolle Monate. Auch das Budget wird weit überzogen, schon vor zwei Jahren war klar: Mit den angepeilten 38 Millionen Euro kommt man nie und nimmer hin, es werden wohl weit über 60 Millionen Euro.

Des MPI für chemische Energiekonversion wird erweitert: Das Architekturbüro Nickl & Partner hofft auf den Architekturpreis Mülheim 2023.
Des MPI für chemische Energiekonversion wird erweitert: Das Architekturbüro Nickl & Partner hofft auf den Architekturpreis Mülheim 2023. © Werner Huthmacher

„Es ist gelungen, ein zeitgemäßes Gesamtbild mit Campus-Atmosphäre zu schaffen“

Eine der Herausforderungen des Projekts war es, „den Teilneubau innerhalb eines bereits bebauten Wohngebiets zu realisieren“, schreiben Nickl & Partner in ihrer Bewerbung um den Architektenpreis. Nach eigenen Angaben ist es „gelungen, die neuen Gebäude harmonisch zu integrieren“ und „ein zeitgemäßes Gesamtbild mit Campus-Atmosphäre zu schaffen“. Die vier neuen Komplexe ergänzten die bestehenden Institutsbauten nun „in einer organischen Struktur“. Bestehende Wege wurden beibehalten, „um eine offene und einladende Umgebung zu schaffen“. Die Architektur vermeide rechteckige Formen, orientiere sich an der vorhandenen Bebauung.

Nickl & Partner sprechen davon, dass man „durch geschickte Geländemodellierung“ eine Außenanlage „mit Aufenthaltsqualität“ geschaffen habe. „Das Herzstück des neuen Campus ist die großflächige Terrasse südwestlich der Cafeteria.“

„Das neue Laborgebäude und der Physikbau bilden eine Art Tor zum Gelände“

Man habe das Projekt in mehreren Bauabschnitten durchgeführt, so die Verantwortlichen: Zunächst entstand das Werkstattgebäude. Im Erdgeschoss beherbergt es Büros und Werkstattbereiche für Mechanik, im darüber liegenden Geschoss die Versuchshalle, Labore und eine weitere Werkstatt. Das anschließend errichtete Laborgebäude „bildet den städtebaulichen Abschluss zur Kluse und gleichzeitig mit dem Physikbau eine Art Tor zum Gelände“. In den ersten bis dritten Etagen befinden sind ausnahmslos Labore.

Parallel entstand das viergeschossige Bürogebäude; „es bildet den Dreh- und Angelpunkt der Erweiterung des Instituts“. Seine städtebauliche Anordnung und Form seien darauf ausgerichtet, zentral im Herzen des Areals zu liegen. „Es fungiert als Bindeglied zwischen den historischen und den neuen Bauwerken des MPI und dient als Anlaufstelle für Mitarbeiter und Besucher.“

Unsere bisherige Berichterstattung zu der Baumaßnahme:

„Die Verwendung von Isolierverglasung mit Sonnenschutz senkt den Energieverbrauch“

Zum Thema Nachhaltigkeit und zur Frage, inwieweit Aspekte zur Senkung der Emissionen und des Abfallaufkommens berücksichtigt worden sind, schreibt das Architekturbüro: „Die Lochfassade mit reduzierten Glasflächen trägt zur Verbesserung der Energieeffizienz bei, indem sie den Wärmeverlust minimiert und die Notwendigkeit für Heiz- und Kühlungssysteme verringert.“ Die Verwendung von Isolierverglasung mit Sonnenschutz trage ebenfalls dazu bei, den Energieverbrauch zu senken, indem sie die Temperatur im Gebäude reguliere und den Einsatz von Klimaanlagen reduziere.

„Zudem minimiert der Einsatz von recycelbaren und langlebigen Materialien den Abfall und reduziert den ökologischen Fußabdruck des Baus, während die Bauteilaktivierung zur effizienten Nutzung von Heiz- und Kühlsystemen beiträgt, da sie Wärme und Kälte in den Bauteilen speichert und so den Verbrauch reduziert.“ Auch die kompakte Gebäudekubatur helfe, sie minimiere die Wärmeverluste an der Außenhülle.

„Das Atrium im Bürogebäude ist ein gestalterisches Element und sorgt für Tageslicht“

Erwähnenswert sei weiterhin, dass das Atrium im Bürogebäude des MPI nicht nur ein gestalterisches Element sei, sondern für Tageslicht sorge und so den Bedarf an künstlicher Beleuchtung minimiere. Flexible Grundrisse ermöglichten eine Umnutzung von Räumen ohne großen baulichen Aufwand, das sei wichtig für die Langlebigkeit des Gebäudes. Auch auf den Fakt, dass der Campus „weitgehend autofrei“ ist, weisen Nickl & Partner hin. Man fördere umweltfreundliche Mobilität.

Die Umgestaltung der Stiftstraße sei ein weiterer Pluspunkt: Sie werde nicht mehr für den Verkehr genutzt, sondern sei „in einen großzügigen, zentralen Platz umgewandelt worden, der mit einer Cafeteria im Bürogebäude verbunden ist“. Dieses Konzept fördere die soziale Interaktion und schaffe eine attraktive, grüne Umgebung für die Campusgemeinschaft“, heißt es in der Bewerbung.

Blick in den Eingangsbereich des Bürogebäudes.
Blick in den Eingangsbereich des Bürogebäudes. © Werner Huthmacher
Das Atrium im Bürogebäude.
Das Atrium im Bürogebäude. © Werner Huthmacher
Eines der Treppenhäuser des neuen MPI für chemische Energiekonversion.
Eines der Treppenhäuser des neuen MPI für chemische Energiekonversion. © Werner Huthmacher
Viele neue Arbeitsplätze für die Spitzenforscher sind an der Stiftstraße entstanden.
Viele neue Arbeitsplätze für die Spitzenforscher sind an der Stiftstraße entstanden. © Werner Huthmacher
Blick in die Technikhalle des MPI-Teilneubaus.
Blick in die Technikhalle des MPI-Teilneubaus. © Werner Huthmacher
Blick von einer der oberen Etagen ins Atrium des MPI-Bürogebäudes.
Blick von einer der oberen Etagen ins Atrium des MPI-Bürogebäudes. © Werner Huthmacher

Die Jurysitzung zur Vergabe des BDA-Preises findet am 17. November statt. In der Jury sitzen der städtische Planungsdezernent Felix Blasch, die BDA-Architekten Markus Wüllner (Bochum) und Tobias Klodt (Essen) sowie Romain Burgy, Künstler aus Köln. Nur beratend dabei ist der Mülheimer BDA-Vorsitzende Gunvar Blanck. Zugelassen für den Wettbewerb waren Neu-, Um- und Ausbauten, städtebauliche Anlagen und Freianlagen, die seit Januar 2021 fertiggestellt worden sind.