Mülheim. Rappen als Unterricht – das gibt’s aktuell an einer Mülheimer Gesamtschule. Warum Schüler fordern: „Lasst uns dieses Land auf Respekt aufbaun.“
„Wir sind gleich, müssen zusammenhalten. Egal welche Herkunft, wir lassen uns nicht spalten“, tönt es am Mittwoch über den Schulhof der Gustav-Heinemann-Schule in Dümpten. 28 Schüler der Internationalen Vorbereitungsklassen beschäftigen sich diese Woche mit Rapmusik: Die Zehn- bis 17-Jährigen stellen in fünf Tagen einen eigenen Rap-Song auf die Beine – inklusive Texte schreiben, Beats einüben, Musikvideo drehen und schneiden.
„Mit Hip-Hop und Rap kann man jeden erreichen. Sprache spielt da keine Rolle“
Schulleiter Thomas Ratz findet den kreativen Ausdruck für die Schüler der Internationalen Vorbereitungsklassen, von denen viele erst neu zugewandert sind, sehr wichtig: „Viele laufen sonst aufgrund der Sprachbarrieren eher zurückhaltend und unsicher durch die Schule. Bei dem Rap-Projekt aber zeigen sie sich mit breiter Brust – das Selbstbewusstsein wird unglaublich gestärkt.“ Außerdem helfen Aktionen wie diese von der Rapschool NRW durchgeführte, einem Verbund aus Künstlern und Dozenten, die in Schulen und Jugendeinrichtungen Rap-Kurse anbieten, bei der Integration.
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Denn: „Mit Hip-Hop und Rap kann man jeden erreichen. Sprache spielt da keine Rolle“, weiß Katrin Westerhoff, Schul-Sozialarbeiterin und Betreuerin des Rap-Projekts. Sie ist begeistert von der Motivation, mit welcher die Schüler an das Projekt gehen – selbst Schulverweigerer kommen auf einmal gerne in die Schule. Es herrsche ein unglaublicher Zusammenhalt in der Gruppe: „Ältere helfen Jüngeren – es ist herzzerreißend, wie sich die Schüler umeinander kümmern“, so Westerhoff.
Schüler drücken durch den Rap-Song ihre Gefühle aus: „Wir wurden gemobbt“
Am Mittwoch ist Drehtag: Der in nur zwei Tagen selbst geschriebene, gerappte und bereits aufgenommene Song wird nun für ein Musikvideo verfilmt. Jugendliche blicken aus den Fenstern ihrer Klassenzimmer neugierig auf den Schulhof herunter. Der Kameramann gibt Anweisungen, die Schüler des Projekts rappen mit stolzer Brust, selbstsicher und sichtlich zufrieden mit ihrem Song.
„Text auswendig lernen lief super – das klappt bei Mathe-Formeln oft nicht so gut“, lacht Westerhoff. Jeder Schüler rappt mindestens eine Line, eine Zeile also. In der Hook, einer Art Refrain, hört man alle gemeinsam. „Wir haben Respekt für alle Menschen. Nein Bruder, wir denken nicht in Grenzen“ heißt es im Song. Es geht um Rassismus, Mobbing und Frieden – Themen, die aus den Schülern selbst herausgekommen sind, Themen, die sie beschäftigen, berichtet Westerhoff.
Gustav-Heinemann-Schule plant Fortführung des Projekts
„Besonders wir als Migranten wurden häufig gemobbt. Wir wollen mit dem Song zeigen, dass wir dagegen sind“, erzählt der 16-jährige Dzemail Jasari. Es sei durch die Musik einfacher, seine Gefühle auszudrücken. „Viele Jugendliche lassen sich heutzutage von Musik beeinflussen“, ergänzt der 15-jährige David Ristić, der in seiner Freizeit selbst schon häufiger gerappt hat. Und deshalb heißt es in der Hook: „Frieden in unsren Herzen, das ist unser Traum. Lasst uns dieses Land auf Respekt aufbaun.“ Das Projekt habe sie enger zusammengeschweißt und mache viel Spaß, berichten die Schüler. Ihre Vorbilder in der Branche sind die Rapper Kollegah und Luciano.
Das fertige Musikvideo wird bald auf der Homepage und den Social-Media-Kanälen der Gustav-Heinemann-Schule zu sehen sein. Das Rap-Projekt sorge bei allen Schülern für Begeisterung: „Die ganze Schule hat geschrien: Ich will auch, ich will auch“, erzählt Westerhoff. Die Gesamtschule schaue sich schon nach einer Finanzierung für ein weiteres Rap-Projekt um – dieses Mal für noch mehr Teilnehmer und vielleicht sogar im Rahmen einer AG.