Mülheim. Als junger Mann verliebte er sich in sie: Heute fährt Heinz Bohnes eine Arabella. Beim Borgward-Treffen in Mülheim sind weitere Schätze zu sehen.
Sie war sein erstes Auto und eroberte sein Herz: die „Arabella“ von Lloyd (einer Unterfirma der Borgward Werke). „Ich bin sie fast 20 Jahre lang gefahren, 1990 ließ ich sie verschrotten. Es wäre zu teuer gewesen, sie aufarbeiten zu lassen“, erinnert sich Heinz Bohnes und er gesteht: „Ich habe mich mein Leben lang darauf gefreut, noch einmal einen solchen Wagen zu besitzen.“
2016 war es dann soweit, der Rentner konnte für 2000 Euro ein eingerostetes Exemplar erstehen – und er startete eine große Restaurierungsaktion. Bis das „Trümmerauto“ zur Schönheit herangereift war, vergingen sechs ganze Jahre. Die hellgelbe Kleine, die bei den Bohnes zuweilen in der Einfahrt steht, ist ein bildhübscher Dreitürer. Sie hat ein cremefarbenes Dach, Heckflossen im amerikanischen Stil, ein Faltschiebedach und blitzblanke Griffe aus Chrom. Da bleiben die Menschen stehen und staunen. „Das waren noch Autos, richtig schön! Heute sehen die alle wie Eier aus“, sagt eine Spaziergängerin.
Mülheimer berichtet: „Wir haben den Wagen total zerlegt“
Heiz Bohnes hat den charmanten Oldtimer mit Hilfe eines Freundes, der Kfz-Meister ist und bei Aachen wohnt, in mühsamer Arbeit wieder zu einem Alltagsfahrzeug gemacht. Glück war es, dass der Vorbesitzer ihm gleich einen VW-Bus voller Ersatzteile mitverkaufte. Die Arabella, damals noch mausgrau, hatte lange Zeit gestanden, nun wurde sie auseinandergenommen. „Wir haben den Wagen total zerlegt, bis auf die letzte Schraube“, berichtet der Saarner. Und Schrauben gab es unzählige. „Bei dem Fahrzeug ist nichts geschweißt, alle Teile sind durch Schrauben miteinander verbunden.“
Ein Problem folgte auf das nächste. „Manchmal habe ich nachts davon geträumt. Habe mich gefragt: Wo soll ich nur all’ diese Teile herbekommen“, erzählt der 77-Jährige und ergänzt: „Als Oldtimerfan ist man auch Jäger. Man jagt, bis man das Gesuchte gefunden hat.“ So war es etwa bei der Dachschale, die er erstand, entrostete und lackierte. „Das alte Dach hatte kein Schiebedach, das neue schon“, freut sich der Maschinenbauingenieur, der in der Eisen- und Stahlindustrie tätig war.
Mülheimer Oldtimer besticht durch rote Kunstledersitze
Einfach reinsetzen und losjuckeln – das war anfangs eben nicht drin. „Der Wagen ließ sich nicht schalten, drei Mal mussten wir das Getriebe neu einbauen, bis alles richtig dicht war“, erzählt Heinz Bohnes. Experten wurden eingespannt. Eine Duisburger Firma brachte den Motor wieder in Schuss, eine Stuttgarter Firma setze Stoßstange und Stoßfänger instand. Auch der Innenraum wurde überholt. Die Sitze ließ Bohnes neu aufpolstern und mit dem Original-Stoff – rotem Kunstleder – wieder beziehen. Anschnallgurte, damals unüblich, rüstete er aus Sicherheitsgründen nach.
Die Eckdaten des fertig restaurierten Traumautos, das aktuell wohl einen Marktwert von 15.000 bis 20.000 Euro hat (in den Anfangszeiten zahlte man rund 5000 Mark für den Neuwagen), sehen so aus: 38 PS, 900 Kubik Hubraum, vier Zylinder, Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h. Der Wagen liege auf der Straße „wie ein Go-Kart“, sagt Heinz Bohnes. Er beschleunigt nicht schlecht. Etwas laut ist die Arabella schon – vor allem, wenn das Schiebedach geöffnet ist. „Dann brauchen Sie kein Radio mehr anmachen, man hört es nicht“, sagt der stolze Besitzer schmunzelnd.
Borgward-Club feiert in Mülheim sein 50-jähriges Bestehen
„Das, was ich in das Auto gesteckt habe, kriege ich nicht wieder raus“, weiß der Oldtimerfan. Egal! Ihm und seiner Frau Brigitte macht die Arabella einfach Spaß. „Ich fahre gerne mit, aber nicht selber. Das Schalten ist doch recht schwierig“, sagt die Mutter von drei Kindern (es ist eine Lenkradschaltung). Die erste Arabella ihres Mannes hat sie auch noch gekannt. „Wir sind 1972 mit diesem Auto mit unserer ersten Tochter an die Ostsee gefahren“, erzählen die Eheleute. Was gar nicht so unvorstellbar ist: Der Kofferraum ist nämlich größer als gedacht. Die aktuelle Arabella der Bohnes verfügt übrigens auch über eine Anhänger-Kupplung, sie dürfte 450 Kilo ziehen. Unglaublich!
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Mit seinem kleinen Flitzer macht der Ruheständler regelmäßig Ausfahrten, vor allem mit Freunden und Bekannten aus den Oldtimer-Clubs, denen er angehört. Die Borgward-Interessengemeinschaft feiert jetzt ihr 50-jähriges Bestehen in Mülheim, der Saarner hilft bei der Organisation der Veranstaltung mit. Fahrer aus ganz Europa werden erwartet. Sie präsentieren ihre schicken Modelle an der Alten Dreherei. Sein Schmuckstück hat Heinz Bohnes übrigens mit zwei netten Aufklebern aus dem Antiquariat versehen: einem altmodischen Sticker vom ADAC und einem Aufkleber von der Großglockner Hochalpenstraße. Dort war er allerdings mit der Arabella noch nie – aber schon oft auf der Saarner Kuppe.
Eine Fotostrecke zum Text mit vielen Bildern finden Sie auf:
60 Jahre alte Arabella ist eine Mülheimer Schönheit
Borgward & Oldtimerclub
Die Carl F.W. Borgward Interessengemeinschaft ist einer der ältesten Oldtimer-Clubs in Deutschland.Sie feiert vom 25. bis 27. August an/in der Alten Dreherei in Mülheim (Am Schloß Broich 50) ihr 50-jähriges Bestehen.Besucher sind vor allem für den Samstag, 10 bis 17 Uhr, eingeladen, sie können dann die vermutlich rund 70 Autos auf dem Gelände bewundern und mit den Fahrern reden.Die Firma Borgward war in Bremen ansässig und stellte von 1939 bis 1963 Personen- und Lastkraftwagen her. Eine von mehreren Unterfirmen war der Automobilhersteller Lloyd.Die Borgward-Automobile galten prinzipiell als wertig. Da sie aber sehr schnell entwickelt und produziert wurden, wiesen sie nicht selten Fehler auf. In den 60er Jahren kam es zum Konkurs.Der Versuch, die Automarke wiederzubeleben scheiterte. 2014 wurden die Markenrechte nach China verkauft. Dort wurden auch Autos produziert. 2021 aber wurde ein Insolvenzverfahren eingeleitet.