Mülheim. Bis zur Kellerdecke stand bei ihr das Wasser nach dem Unwetter. Fast wäre es auch in ihre Wohnung gelaufen. Mülheimer Unwetter-Opfer berichtet.
Wo eigentlich eine Grünfläche ist, auf der bei Sonnenschein Kinder spielen, hatte sich am Sonntag durch das Unwetter ein regelrechter See ausgebreitet. Doch dabei blieb es nicht, die Wassermassen flossen auch in die Keller der SWB-Häuser, die an der Ecke zwischen Frohnhauser Weg und Geitlingstraße in einer Senke unterhalb des Straßenniveaus liegen.
Hellblondes Haar hat die Babypuppe, die rücklings auf den Fliesen im Hausflur liegt, ihr blaues Kleidchen ist besprenkelt mit Schlammspritzern, sie liegt im Matsch, den das Unwetter in den Eingang des Hauses am Frohnhauser Weg gespült hat. Ein Paar Schuhe steht neben der Puppe, wie gerade abgestreift, vor einer Haustür: zwei Schlappen.
Im Hausflur ist alles voll Matsch: Mülheimer Mieter sind mit Saubermachen beschäftigt
Logisch, dass die draußen bleiben müssen. Diesen Dreck will sich niemand in die Wohnung tragen. So, wie es hinter der Haustür aussieht, bevor es die drei Stufen zu der Wohnung von Christine Appeltrath geht, sieht es auch im Keller des Mehrfamilienhauses aus – schlimmer noch. Arbeiter sind emsig dabei, den Schmutz zu beseitigen, den das Wasser hinterlassen hat, nachdem die Feuerwehr es am Sonntag abgepumpt hatte.
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Für Christine Appeltrath kommt das zu spät. Seit über 40 Jahren wohnt sie in dem SWB-Haus am Frohnhauser Weg und weiß jetzt, nachdem der Keller leergepumpt ist: „Ich hab alles verloren, alles, was im Keller war, ist kaputt.“ Um zu Frau Appeltraths Wohnung zu gelangen, muss man durch Matsch staksen und schließlich an die Wohnungstür aus Holz klopfen – die Klingel funktioniert nicht, noch ist der Strom abgestellt. Zu gefährlich, wegen des Wassers, sagen die Arbeiter im Flur.
Auch von der SWB heißt es auf Anfrage: „Aus Sicherheitsgründen mussten die Häuser am Frohnhauser Weg 157,159,161 und 163 zunächst vom Stromnetz getrennt werden. Nach dem Abpumpen des Wassers aus Nummer 163 – dort stand es zur Kellerdecke – konnten alle Häuser bis auf die Nummer 163 wieder ans Netz angeschlossen werden.“ Zurzeit versuchten die Elektriker des SWB-Servicebetriebes, die Wohnungen in Haus Nummer 163 wieder an das Stromnetz anzuschließen.
Immerhin ist ihre Wohnung, die im Erdgeschoss liegt, verschont geblieben von den Wassermassen, die sich bei dem heftigen Unwetter wie ein See auf der Grünfläche zwischen den Mehrfamilienhäusern ausgebreitet haben, sagt Christine Appeltrath und erzählt: „Auf den Balkon ist etwas Wasser gelaufen, aber zum Glück nicht ins Wohnzimmer.“
Die 72-Jährige, die von einer kleinen Witwenrente lebt, wie sie erzählt, saß buchstäblich auf gepackten Koffern, wollte bald umziehen – vieles stand schon gepackt im Keller. „Jetzt habe ich nichts mehr“, sagt die Witwe – Bettwäsche, das Radio, CDs, alles sei unten in Kartons gelagert gewesen. Gegen Elementarschäden versichert? Nein, das sei sie nicht, sagt Frau Appeltrath und fügt hinzu: „Mir ist nur noch zum Weinen zumute.“
SWB-Mitarbeiter: Viele Mieter seien nicht gegen Elementarschäden versichert
Zwei SWB-Mitarbeiter, die dabei sind, nach dem Unwetter eine Bestandsaufnahme zu machen, berichten, dass die Dame aus dem Erdgeschoss kein Einzelfall sei. „Dass man sich auch als Mieter gegen Elementarschäden versichern sollte, wissen die wenigsten“, sagt einer der beiden Männer. Und sein Kollege fügt hinzu: „Auch, dass man nichts Wertvolles im Keller lagern sollte, ist nicht allen bekannt.“
So schlimm die Überflutung der Kellerräume auch sei, noch sei man am Frohnhauser Weg mit einem blauen Auge davongekommen, sagen die Fachleute vor Ort und zeigen auf die Spuren der Wasserkante, die der Schlamm nur Zentimeter unterhalb der Türen zum Erdgeschoss an der Hauswand hinterlassen hat.
[+++ Unwetter in Mülheim: Vollgelaufene Keller, umgestürzte Bäume +++]
Zurzeit liefen die Aufräumarbeiten in den Kellern und dem Außenbereich, meldet die SWB am Montagnachmittag. Anschließend stehe die Reinigung der Keller an, damit die Räume getrocknet werden können. „Die Elektrik muss geprüft und gegebenenfalls erneuert werden. Die Sanierung der beschädigten Gebäudebestandteile wie Türen, Beläge, Dämmungen, Isolierungen etc. kann erst erfolgen, wenn das Gebäude trocken ist“, schildert eine Pressesprecherin. Wie hoch die Summe sein wird, die das größte Wohnungsmarktunternehmen der Stadt in die Hand nehmen muss, um alle Schäden beseitigen zu lassen, sei noch nicht abzuschätzen.