Mülheim. Rund 42 Euro weniger Abwassergebühr zahlt eine vierköpfige Mülheimer Musterfamilie als im Jahr zuvor. Das hat jedoch besondere Gründe.
Die Stadt Mülheim ist unter den Kommunen mit den niedrigsten Abwassergebühren aufgestiegen. Denn im Vergleich zu vielen Städten in NRW hat Mülheim seine Gebühren in diesem Jahr nicht etwa erhöht, sondern gesenkt. Rund 42 Euro weniger als im Jahr zuvor zahlt eine vierköpfige Familie nunmehr, wie eine Studie im Auftrag des Eigentümerverbandes Haus & Grund herausfand. Das allerdings hat besondere Gründe.
Von Platz 84 auf 70 unter den 100 größten deutschen Städten – das klingt gut. Denn Gründe, um an der Gebührenschraube zu drehen, gibt es immer: weil das Kanalnetz erneuert wurde, weil man mehr für das Zurückhalten von Regenwasser tat. So jedenfalls gibt die Studie Ursachen wieder, die zu Kostensteigerungen führen. Oder sogar, weil die Menschen in der Kommune nun besonders sparsam waren und weniger Frischwasser als zuvor verbrauchten. Kurios: Denn durch die geringeren Einnahmen beim Verbrauch steigen die Kosten, um das Kanalsystem zu erhalten und zu reinigen.
Abwassergebühren in Mülheims Nachbarstädten haben zum Teil kräftig zugelegt
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Und schließlich hatten bei den Abwassergebühren gerade Städte in Mülheims Umfeld kräftig draufgelegt: Bottrop um 17 Euro im Jahr, Duisburg um 28 und Essen sogar um 69 Euro. Nur 17 Städte konnten ihre Abwassergebühren senken, 71 Städte erhöhten dagegen die Gebührensätze. Die übrigen zwölf von 100 rührten nicht daran.
Doch bezogen auf die in der Studie zugrundeliegende vierköpfige Musterfamilie mit einem Wasserverbrauch von 182,5 Kubikmeter, steht Mülheim trotz Senkung auf 643,90 Euro für Abwasser noch immer schlechter da als Duisburg (640,43 Euro) oder Bottrop (621,86). Zehn Euro mehr zahlt man noch in Oberhausen (652,38 Euro), deutlich mehr in Essen (828,68 Euro, Platz 96).
Zu viel berechnet: Mülheim musste Abwassergebühren für 2023 korrigieren
Auf der Kehrseite: Mülheim war durchaus gezwungen, die „Überdeckungen“ aus der Vergangenheit abzubauen, wie das Oberverwaltungsgericht in Münster aufgrund einer Klage bestätigte. Das OVG hatte einen doppelten Inflationsausgleich bei der Berechnung beanstandet, weil die Stadt sowohl eine Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten als auch eine Nominalverzinsung nach Anschaffungsrestwerten vornahm, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt.
Dabei kam Mülheim noch glimpflich davon: Rückwirkend musste sie die falsch abgerechneten Gebühren für 2022 und 2021 nicht mehr „anpassen“, weil diese „bestandskräftig“ geworden seien. Lediglich die zwölf Kläger gegen die Stadt Mülheim führten laut Stellungnahme des Kämmerers zu „Mindereinnahmen“ von insgesamt 26.000 Euro.
Die neue und günstigere Abwassergebühr, die im Dezember 2022 vom Rat beschlossen wurde, basiert daher auf einem niedrigeren kalkulatorischen Zinssatz von 3,25 Prozent. Abzüglich der Überdeckung aus den Vorjahren von rund 740.000 Euro errechnete man einen Gebührenbedarf von rund 46 Millionen Euro. So sank der Gebührensatz für Schmutzwasser um 17 Cent pro Kubikmeter, für Niederschlagswasser um 18 Cent pro Quadratmeter versiegelte Fläche.