Mülheim. „XY“-Moderator Rudi Cerne über Mülheims Lebensretter Mohamad Al Hasan: „Er hat in einer unfassbar dramatischen Situation alles richtig gemacht.“
Manchmal verändert ein kurzer Augenblick ein ganzes Leben: So war es bei der 81-jährigen Mülheimerin, die im August 2022 ohne jede Vorahnung vor dem Kiosk am Springweg niedergestochen worden ist. Und so war es an jenem Tag auch für den Paketboten Mohamad Al Hasan, der ihr das Leben rettete, den Angreifer fasste und in der Stadt seither als eine Art Held gilt. Wie besonders sein Einsatz war, betonte am Mittwoch in der Livesendung „Aktenzeichen XY. . . Ungelöst“ auch Moderator Rudi Cerne. In der Mediathek ist der Beitrag über Mülheims Anwärter auf den „XY-Preis“ noch für einige Tage zu sehen.
„In einer unfassbar dramatischen Situation hat er besonnen reagiert und alles richtig gemacht“: Rudi Cerne fand nach dem Abspann des rund fünfminütigen Films große Worte für Mohamad Al Hasn. Auch dass dieser vor der Kamera dazu aufgerufen hatte, „dass die Menschen immer füreinander da sein sollten“, lobte Cerne als „wirklich bemerkenswerte Einstellung“.
Der Mülheimer erzählt den Vorfall vor der Kamera in ruhigen Worten, stellt sich selbst da
In dem Beitrag erzählt der Vater zweier Mädchen, der vor rund acht Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, zunächst von seiner Arbeit und den vielen netten Mülheimern, denen er auf seiner Tour als Paketbote tagtäglich begegnet. Der 41-Jährige spielt sich selbst; das Opfer und die anderen Beteiligten werden von Schauspielern dargestellt. Gedreht wurde nicht am Originalschauplatz in Dümpten; der Sender hatte nach München eingeladen.
Ein kräftiger Mann mit Vollbart und leichtem Akzent stellt den Niederländer da, der kurz nach einem läppischen Streit mit einer Kiosk-Angestellten der unbeteiligten 81-Jährigen ein Messer in den Rücken rammt. „Niemand weiß, warum er die Frau angegriffen hat“, so Al Hasan im Beitrag. Das Motiv aber interessiert ihn zu diesem Zeitpunkt auch nicht: Der Film zeigt, wie er dem Opfer ohne jedes Zögern zu Hilfe eilt. „Ich hatte Angst, dass sie umfällt und sich das Messer noch tiefer in den Rücken bohrt.“
Al Hasn: „Ich wollte nicht, dass der Täter abhaut und nicht mehr gefasst werden kann“
Er informiert die Familie der Frau und die Polizei, nimmt dann mit dem Lieferwagen die Verfolgung auf: „Die Frau war versorgt“, so Al Hasan im Film, „und ich wollte nicht, dass der Täter abhaut und nicht mehr gefasst werden kann.“ Unterlegt mit dramatischer Musik werden die nächsten Minuten geschildert: Der Niederländer nähert sich einer Bushaltestelle, an der Schulkinder und ältere Leute warten, Al Hasan fürchtet Schlimmstes.
Der Neffe der Frau eilt auf dem Fahrrad herbei, wird von dem aggressiven Mann angegriffen. Auch auf das Fahrzeug des Paketboten prügelt dieser ein. Al Hasan hat Angst, bleibt trotzdem ruhig. Und wagt sich sogar raus auf die Straße. Immerhin, so erzählt er, habe der Täter keine Waffe in den Händen gehalten. Er überwältigt den Tobenden, bringt ihn zu Boden, fixiert ihn, bis ein Streifenwagen da ist. „Ich war erleichtert, dass die Polizei gekommen ist und ihn sofort mitgenommen hat.“
„Sein mutiges Eingreifen hat vermutlich mehrere Menschen vor Schlimmerem bewahrt“
„Durch Mohamad Al Hasans mutiges Eingreifen wurden vermutlich mehrere Menschen vor Schlimmerem bewahrt“, heißt es im XY-Film. „Das Leben der schwer verletzten Seniorin kann nach einer Notoperation gerettet werden.“
Der 41-Jährige Held aus Mülheim ist nun einer von rund einem Dutzend Kandidaten für den diesjährigen „XY-Preis – Gemeinsam gegen das Verbrechen“. Immer im Herbst wird dieser laut ZDF an Personen verliehen, die durch Zivilcourage aufgefallen sind, „und sich auf beispielhafte und kluge Weise im Kampf gegen Kriminalität für ihre Mitmenschen eingesetzt haben“.
Eine Fachjury hielt das Engagement des Mülheimers für unbedingt erzählenswert
Verschiedene Mülheimer hatten den Sender auf Mohamad Al Hasans vorbildlichen Einsatz hingewiesen, auch diese Redaktion hatte ihn für den XY-Preis vorgeschlagen. Eine Fachjury, die Jahr für Jahr zig Vorschläge aus allen Teilen Deutschlands erhält und auswertet, hielt sein Engagement für unbedingt erzählenswert – daraufhin entstand der Beitrag, der am Mittwoch im Rahmen von „XY“ zu sehen war und noch länger in der ZDF-Mediathek verfügbar ist (ab Minute 01:19:02). Im Herbst entscheidet sich, ob Al Hasan zu den drei Gewinnern zählt, die mit je 10.000 Euro belohnt werden.
Der Paketbote fällt durch Bescheidenheit und Zurückhaltung auf. Auch um die Dreharbeiten machte er nicht viel Aufhebens, war sogar ein wenig verdattert, als die Redaktion ihn dazu am Telefon befragte: „Was? Der Beitrag wird jetzt schon gezeigt? Liebe Dame, das ist ja eine Überraschung“, freute er sich. Der Schrecken über das Erlebte sitzt nach wie vor tief, „aber es geht mir besser als in der Zeit kurz danach“, so Al Hasn. „Ich will so etwas bloß nie wieder erleben.“ Nach dem Vorfall sprachen ihn viele Menschen an, gab es sogar kleine Geschenke. „Das war schön.“ Doch das Wichtigste sei, dass es dem Opfer wieder gut geht: „Ich sehe die Frau fast jede Woche. Und wir sind mittlerweile Freunde.“