Mülheim. Fast ein Jahr musste ein Mülheimer um den Grabstein für das Urnengrab seiner Frau mit der Verwaltung ringen. Am Ende steht eine kuriose Lösung.

Fast ein Jahr musste Reiner darauf warten, das Grab seiner verstorbenen Frau auf einem Mülheimer Friedhof mit einem Grabstein auszustatten. Den ersten Genehmigungsversuch für eine Platte mit Inschrift lehnte die Stadt ab: Sie sei zu groß. Was aber die Friedhofssatzung zuließ: Eine kleinere Platte mit Inschrift auf eben diese größere zu setzen, quasi Stein auf Stein. Reiner hört den Amtsschimmel wiehern.

Reiner ist natürlich nicht sein richtiger Name, aus Sorge um das Grab der Frau soll dieser anonym bleiben. Den Fall aber schildert der Dümptener so: Als er im vergangenen Jahr mit dem Tod seiner Frau konfrontiert war, entschied er sich für eine kleine Urnenwahlgrabstätte, denn die weitere Variante – eine so genannte Urnengemeinschaftsgrabstätte – hätte nicht garantiert, dass Reiner im Todesfall auch in derselben Stätte wie seine Frau beerdigt würde.

Mülheimer wollte einfache Pflege: Nur eine Grabplatte mit Heckenumrandung

Ein Gang über den Hauptfriedhof

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Komplizierter aber sollte sich die Gestaltung der Grabstätte erweisen, denn Reiner wollte das Grab auch mit Blick auf sein eigenes Ableben so gestalten, dass es möglichst einfach zu pflegen ist. Eine Platte mit einer kleinen Hecke als grüne Umrandung sollte es werden. Und nicht größer als 75 Prozent der Grabfläche – so hat es Reiner bei einem Termin vor Ort von einem Mitarbeitenden der Stadt besprochen.

Doch bei der Auftragsvergabe an ein Bestattungsunternehmen lautete dies plötzlich anders: Laut alter Satzung sei gar keine Platte möglich. Erst mit der neuen Satzung könne das umgesetzt werden. Die solle Anfang Juli 2022 in Kraft treten. Reiner wartete.

Mülheims Politik streitet Monate lang um Friedhofsgebühren

Die neue Friedhofssatzung jedoch kam nicht in Gang, und das Grab blieb ohne Stein. Denn die Politik stritt kräftig über die mit der neuen Satzung immens gestiegenen Kosten, bei der jede kleinste Leistung abgerechnet wird: 21 Euro für das Läuten der Glocke während der Trauerfeier, 20 Euro für einen Genehmigungsantrag – selbst wenn der abgelehnt werde. In den Gremien diskutierte man darüber scharf, auch weil das teure Beerdigen längst dazu geführt hatte, dass Mülheimer sich woanders bestatten lassen.

Nur „mit Bauchschmerzen“ beschloss der Rat nach monatelanger Debatte im Dezember 2022 die Friedhofssatzung inklusive saftiger Gebühren.

Streit um Mülheims Friedhöfe – lesen Sie dazu mehr

„Im Januar schließlich hat mir das Friedhofsamt bestätigt, das Grab könne mit einer Platte ausgestattet werden. Die Abdeckung dürfe nach Satzung aber 66 Prozent der Fläche nicht überschreiten“, erzählt der Betroffene. Das Bestattungsunternehmen reichte den Antrag im Februar entsprechend angepasst ein. Und kassierte kurz darauf überraschend eine Ablehnung.

Mülheimer Satzung: 20 Euro für den Ablehnungsbescheid

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Das Grabmal sei „nicht genehmigungsfähig“. Die Platte habe zwar die Maße 1,25 x 0,75 Meter – was eben jenen 66 Prozent entsprach. Doch was Reiner zunächst nicht wusste: Weil der Stein den Namen und die Daten der Frau tragen sollte, wurde aus einer „Grababdeckung“ ein „Grabmal“. Und „laut der Anlage 2, Punkt 3d sind Grabmale bis Höhe 0,5 Meter, Breite 0,5 Meter zugelassen“. Die Stadt bestätigt den Passus auf Anfrage, der „bedauerlicherweise in der Endfassung enthalten ist“.

Und so steht es auch im Ablehnungsbescheid über das nicht satzungskonforme Grabmal, für den die Verwaltung wiederum satzungskonform 20 Euro forderte. Noch verwunderlicher wurde es für Reiner anschließend im zweiten Anlauf. Statt die Platte zu beschriften, ließ dieser eine Steintafel mit Inschrift einfach auf die Platte setzen. Und erhielt im März die Genehmigung.

Mülheimer kann nun das fertige Grab seiner Frau besuchen

Ein kleiner Stein liegt nunmehr ordnungsgemäß auf einem größeren. Der Betroffene ist dennoch froh, dass er nach fast einem Jahr das fertige Grab seiner Frau besuchen und zur Ruhe kommen kann. Denn das Warten war eine Belastung. Mehr noch „die Bürokratie, der Ärger und das Geld“, sagt er.

Einen Clou hat die Sache dennoch für zukünftige Bestattungsfälle: Reiners Fall „hat die Stadtverwaltung veranlasst, künftig Anträge mit beschrifteten Grababdeckungen zuzulassen“, teilt die Stadt mit. Das Bürokratiechaos um Grababdeckung und Grabmale ist somit beendet: „An den Vorschriften der prozentualen Abdeckung der Graboberflächen“, darauf weist die Stadt allerdings hin, „hat sich aber nichts verändert.“