Mülheim. Das Schloß Styrum hat eine bewegte Geschichte. Heute ist es als Hochzeitslocation bekannt. Bei einem Rundgang wird Überraschendes offenbart.
Christina Walkowiak und Nico Tannemann wollen im Mai 2024 heiraten, vielleicht im Schloß Styrum. „Das ist wirklich ein schöner Ort für eine Hochzeit. Man kann im Park oder im Schloss feiern und gleich nach der Trauung und einem Sektempfang zum Feiern übergehen. Außerdem wird hier auch fürs Catering gesorgt“, resümieren sie nach einem Schlossbesuch.
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Zusammen mit den Verlobten besuchen auch 21 Zeitreisende an diesem Familienfestsonntag das Styrumer Schloss und gehen mit Beate Fischer vom Geschichtsverein im Schloss und im Park auf historische Spurensuche. Einer der Zeitreisenden ist der 1955 geborene Erich Wilhelm Heinser, der interessante Einblicke in sein Familienalbum gewährt. Zum Vorschein bringt er Hochzeitsfotos aus dem Schloß Styrum. „Meine Eltern haben hier 1954 ihre Hochzeit gefeiert, da meine 2022 verstorbene Mutter Sigrid Roelen eine der vier Töchter meines Großvaters Wilhelm Roelen war, der hier bis zu seinem Tod 1958 als Generalbevollmächtigter Heinrich Thyssens gewohnt und gearbeitet hat“, erklärt Heinser den historischen Hintergrund.
Schloß Styrum Mülheim: früher einzige katholische Enklave neben Kloster Saarn
„August Thyssen hat das 1067 erstmals urkundlich erwähnte Schloss Styrum 1890 als Wohnsitz für seine Generaldirektoren gekauft“, blickt Beate Fischer in die Geschichte. Und beim Besuch in der Schlosskapelle wird deutlich, dass hier zu dieser Zeit auch geheiratet wurde. „Die 50 Hektar große Herrschaft der Grafen von Styrum war bis 1806 das kleinste Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Und es war, neben dem Kloster Saarn, zwischen 1550 und 1750 die einzige katholische Enklave im ansonsten evangelisch gewordenen Mülheimer Raum.“
MST-Mitarbeiterin Manuela Bellenbaum erklärt: „Wir konnten hier 2022 150 Trauungen feiern. 2023 können wir hier 200 Trauungen anbieten. Aber das Schloss wird auch für Familien und Betriebsfeste genutzt.“ Die Mülheimer Stadtmarketing und Tourismusgesellschaft bietet nicht nur historische Stadtführungen wie die von Beate Fischer an, sondern vermarktet das Schloß Styrum seit 2021 als Eventlocation. Frank Schwarz, der schon vorher als Nachfolger eines italienschen Kollegen im Schloß Styrum als Gastronom tätig war, besorgt das Catering.
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Mülheimer Erich Heinser wuchs als Kind auf Schloß Styrum auf
Reichlich gekocht, gegessen, getrunken und gefeiert wurde auch, als Erich Heinsers Großvater Wilhelm Roelen Hausherr im Schloß Styrum war. „Wir haben bis zum Tod meines Großvaters mit etwa 25 Familienmitgliedern im Schloss gewohnt. Hier bin ich als kleiner Junge mit meinem Dreirad um den Baum vor dem Schlosseingang herumgefahren und habe in einem Swimmingpool im Park das Schwimmen gelernt“, berichtet Heinser.
Wo früher Wilhelm Roelens Kinder und Enkel wohnten, arbeiten heute der Fotograf und Filmemacher Reiner Komers und seine Künstlerkollegen in ihren Schlossateliers. „Es gibt ein spektakuläres Foto, auf dem eine mit Luxus-Limousinen zugeparkte Moritzstraße zu sehen ist“, berichtet Komers. „Das war am Tag, an dem hier im Schloss ein Trauerakt für meinen verstorbenen Großvater gegeben wurde, der zwei Mercedes-Maybach als Dienstwagen hatte. Bei der Gedenkfeier, hier im Schloss, hielt der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke die Trauerrede“, berichtet Erich Wilhelm Heinser und hat gleich die passende Sonderausgabe der Bergbauzeitung „Der Kumpel“ zur Hand, um das Gesagte zu dokumentieren.
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Nach Roelens Tod am 22. Mai 1958 mussten auch seine Familienangehörigen aus dem Wohn- und Dienstsitz Schloß Styrum ausziehen. „1960 hat Heinrich Thyssen das Schloß Styrum der Stadt Mülheim geschenkt, mit der Auflage, dort die erste deutsche Altentagesstätte einzurichten, die heute vom Styrumer Nachbarschaftsverein betrieben wird“, berichtet Beate Fischer. Und sie weiß auch noch zu erzählen, „dass das Schloss und sein 1800 Quadratmeter großer Park nach dem Tod des letzten Styrumer Grafen 1836 zunächst von einem Bauern aus Eppinghofen erworben wurde, der hier Landwirtschaft und Viehzucht betrieb.“ Auch das Zisterzienserinnenkloster Saarn, lässt Fischer wissen, sei nach seiner Aufhebung 1808 zwischenzeitlich als Landwirtschaftsgut genutzt worden. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.