Mülheim. Eine 80-jährige Mülheimerin wurde zum Glück nur leicht verletzt beim Brand ihres Hauses – doch von ihrem Hab und Gut ist kaum noch etwas übrig.

„Wir sind einfach nur happy, dass sie lebend da raus gekommen ist.“ Tessa Schmiemann spricht aus, was am Mittwochvormittag viele Menschen in Mülheim-Styrum denken. Der Anblick der Brandruine an der Fliederstraße/Ecke Tulpenstraße ist verstörend. Dort, wo bis Dienstag eine 80-jährige Frau ihr vertrautes Zuhause hatte, ist nur noch ein schwarzes Loch. Kaum etwas ist übriggeblieben von einem langen Leben, nur nackte Wände und die Decke der Erdgeschosswohnung stehen noch.

Familie Schmiemann wohnt ums Eck, an der Steinmetzstraße. Aus einem Fenster hatte Sohn Tristan am Dienstagabend die Rauchsäule entdeckt. „Erst dachte ich an einen Holzkohlegrill, zwei Minuten später aber war da so viel Qualm, dass ich wusste, es muss brennen.“ Der 18-Jährige rief seine Eltern zu Hilfe und bei der Feuerwehr an – „die wusste schon Bescheid“ – und die Familie lief zur Fliederstraße. Um zu helfen, so wie etliche andere auch.

Mülheimerin: „Sie hatte Ruß im Gesicht, die Haare waren angesengt, doch sie war fit“

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„Da waren mindestens 20 Nachbarn, die geklingelt und an die Jalousien geklopft haben, um zu schauen, ob noch jemand im Haus ist“, erzählt Tessa Schmiemann. Ein Mann habe die ältere Frau schließlich über ein Loch im Zaun aus dem Garten gebracht. „Sie hatte Ruß im Gesicht, die Haare waren angesengt, doch sie war fit. Das war eine riesige Erleichterung“, sagt die 52-Jährige. „Es wäre der Horror gewesen, wenn sie im Haus verbrannt wäre.“ Für Tessa Schmiemann, die sich beim Technischen Hilfswerk engagiert, hatte das schlimme Erlebnis auch eine gute Seite. Anders als in manch anderen Fällen, sei die Solidarität vor Ort groß gewesen: „Alle Nachbarn blieben ruhig und haben geholfen, wo sie nur konnten.“

Im Erdgeschoss des Hauses an der Ecke Fliederstraße/Tulpenstraße fehlen Fensterscheiben. Auch von der Einrichtung ist kaum noch etwas übrig.
Im Erdgeschoss des Hauses an der Ecke Fliederstraße/Tulpenstraße fehlen Fensterscheiben. Auch von der Einrichtung ist kaum noch etwas übrig. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Auf den teils engen Straßen des Viertels hätten auch keine Autos mehr im Weg gestanden, als die Feuerwehr eintraf. „Die hatten alle vorher weggefahren.“ Das war früher schon mal anders, weiß Jens Müller, der an der Verbindungsstraße wohnt und am Dienstag Rettungsfahrzeuge an seinem Haus vorbeirasen sah. Vor rund fünf Jahren habe es einen Einsatz gegeben, bei dem Autos den Weg versperrten: „Das war zum Glück damals nur ein Fehlalarm.“ Im Nachgang aber habe die Stadt eine Reihe Absperrpfosten aufgestellt, um zumindest die enge Einfahrt in die Straße für immer zu entschärfen.

Anwohner wurden per Lautsprecher aufgefordert, Fenster und Türen zu schließen

Als die Feuerwehr nun eintraf, stand das beige geklinkerte Einfamilienhaus in Vollbrand. Zwei Trupps unter Atemschutz löschten die Flammen im Haus, Kollegen kontrollierten die Außenseite des Gebäudes per Drehleiter. Die Blumen- und die Fliederstraße waren vorübergehend gesperrt. Und per Lautsprecher-Durchsage hatte man die Anwohner aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten.

Als die Feuerwehr eintraf, drang dichter Rauch aus dem Gebäude.
Als die Feuerwehr eintraf, drang dichter Rauch aus dem Gebäude. © Feuerwehr

Noch am Mittwoch liegt der aggressive Brandgeruch in der Luft. Den Briefträger, der auch an diesem Tag Post für die 80-Jährige dabei hat, entsetzt der Anblick des verkohlten Gebäudes und der kaum mehr identifizierbaren Einrichtungsgegenstände im Vorgarten. Seine Erkenntnis: „Das kann jedem von uns passieren. Die Frau hat nichts mehr – das ist das Schlimmste daran.“

Sohn soll die komplette Nacht Wache im Garten gehalten haben

Eine Nachbarin hat auch Mitleid mit dem Sohn der Dame: „Er hat die ganze Nacht im Garten Wache gehalten.“ Zwar ist der Brandort versiegelt und mit Flatterband abgesperrt, doch alle Fenster fehlen – da könne man sich schon Sorgen machen. „Ich werde ihm gleich mal ein Brötchen rüberbringen.“ Kontakt zu den Kindern der Verletzten hatte auch ein anderer Anwohner (67). Er hat mitbekommen, wie dramatisch es ist, wenn auch alle Dokumente zerstört sind – darunter auch jene der Versicherung. „Die Bewohnerin“, so glaubt er, „muss sich vorkommen wie im Krieg – alles, was sie hatte, ist weg.“

Noch ist unklar, wie und wo sich das Feuer entzündete und wie es sich so schnell und radikal verbreiten konnte. Die Polizei ermittelt weiter, so Sprecherin Sonja Kochem am Mittwoch auf Nachfrage. „Das Haus ist auf jeden Fall erstmal unbewohnbar.“ Eine gute Nachricht aber gebe es trotzdem: „Die Bewohnerin soll noch am Mittwoch aus dem Krankenhaus entlassen werden.“

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