Mülheim. Seit Jahren werden Mülheims Wälder notdürftig gepflegt, weil Stellen unbesetzt sind. Der RVR soll aushelfen. Warum ein Ergebnis weiter aussteht.
Weiterhin ungelöst ist die Frage, wie Mülheim künftig seinen Wald möglichst in Schuss halten und dabei an ihm trotzdem noch sparen kann. Dabei ist es zwei Jahre her, dass die schwarz-grüne Koalition die Verwaltung damit beauftragte, über die „Bewirtschaftung“ der rund 1000 Hektar Waldfläche mit dem Regionalverband Ruhr (RVR) Grün zu verhandeln – mit dem Ziel, Kosten zu senken. Bleibt eine Frage: Warum dauert es so lange?
Rund 900.000 Euro im Jahr kostet der Forst die Stadt. Und dabei bleiben noch viele Aufgaben unerledigt. Erst im vergangenen März hatte ein „Arbeitskreis Wald“ die Notwendigkeit betont, die „soziale und gesundheitliche Leistung“ des Mülheimer Waldes solle gefördert werden. Ein ökonomischer Wirtschaftswald indes sei völlig anders zu behandeln. Einen monetären Nutzen stellte der Arbeitskreis um den Leiter der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet Peter Keil deshalb weit hinten an.
Politik: „Es drängt sich das Gefühl auf, dass der RVR nicht interessiert zu sein scheint“
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Nach „Sparen“ klingt dies auch für Teile der Politik nicht. „Ist das für den RVR noch attraktiv?“, stellte Daniel Mühlenfeld, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, noch im März die Frage. Im jüngsten Umweltausschuss legte dieser noch nach: „Es drängt sich das Gefühl auf, dass der RVR nicht interessiert zu sein scheint.“
„Es zeichnet sich ab, dass wir hier nicht weiterkommen“, stimmte Roland Chrobok (CDU) im Umweltausschuss der SPD zu. Denn wann und sogar ob es zu einem Deal mit dem RVR kommen wird, ist fraglich. Ein vollständiges Angebot liege nicht vor, sagt Umweltdezernent Felix Blasch, die Stadt wolle Mitte Juni Gespräche aufnehmen. Im Ausschuss schob Blasch nach: „Wir können nicht ewig warten.“
Mangelverwaltung Wald: Was über Jahre in Mülheim liegen blieb
Die Frage stellt sich nun, mit welchen Alternativen sich die Verwaltung darauf vorbereitet, den Wald möglicherweise wieder mit ausreichender Besetzung zu führen. Oder führen zu müssen: Dem Vernehmen nach fehlen im Forstbetrieb wenigstens vier Stellen. Diese können „sofort ausgeschrieben werden“, gibt Blasch Auskunft, gleichwohl werde aus den Mitteln der offenen Stellen derzeit die Verkehrssicherung der Wälder durch Ruhr Grün etwa im Witthausbusch bezahlt.
Doch wie kann ein städtisches Forstamt damit aufholen, was in den vergangenen Jahren liegen blieb?Sichtbar ist dies an einigen Stellen geworden: Dass es in der Vergangenheit zum Teil nicht möglich war, Mülheimer mit Kaminholz zu beliefern, weil sowohl die Spaltmaschine nicht funktionierte als auch das Personal nicht verfügbar war, ist eine kleine Baustelle. Dass die Stadt das seit Jahren wilde Mountainbiken samt illegaler Pisten nicht unter Kontrolle bekommen hat, schon eine größere.
Noch drastischer zeigte sich die Mangellage im Wald in den jüngsten Querelen um mögliche Fällungen im Witthausbusch und Dennebusch, die sich gleichzeitig noch als eine Nagelprobe in der Zusammenarbeit zwischen Stadt und dem beauftragten RVR Grün erweisen sollte.
Nagelprobe für den RVR: Es knatscht in der Kommunikation
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Dabei knatschte es spürbar in der Kommunikation, denn die Experten des Regionalverbandes hatten allein in den beiden Gebieten rund 800 Bäume zur „Sanierung“ markiert, bei mehr als einem Fünftel der markierten Bäume sogar das Fällen für notwendig gehalten. Das Forstamt zeigte sich dagegen „überrascht“ von dem attestierten beachtlichen Notstand im Wald.
Und hatte daraufhin Mühe, die Befürchtungen der Mülheimer Waldbesucher auszuräumen, dass nun ein Kahlschlag anstünde. Man distanzierte sich am Ende sogar von den Analysen des Regionalverbandes und gab an, die Ergebnisse noch einmal prüfen zu wollen. Doch im Klartext: Ob die ausgewiesenen Fachleute des RVR Grün am Ende nicht Recht behalten werden, ist derzeit noch völlig offen. In diesen Tagen sagte Mülheims kommissarische Umweltamtsleiterin Ulrike Bresa auf Nachfrage, dass etwa für den Witthausbuch erst rund 50 Prozent der Nachprüfungen abgeschlossen seien.
Naturschützer erwarten für Mülheims Wald: Investieren statt sparen
Was darüber hinaus an Pflegeaufgaben noch wünschenswert wäre, ist personell ebenfalls noch gar nicht erfasst: Die Politik will über die Prioritätenliste der Arbeitsgemeinschaft Wald noch befinden. Doch schon im vergangenen Umweltausschuss stellte die schwarz-grüne Koalition noch eine Anfrage zur Renaturierung von Mülheimer Mooren, die ein Teil des Waldes bilden. Sprich: eine weitere mögliche Aufgabe.
Doch was wird dies Mülheim kosten? Hinter den Kulissen wird nicht nur in der AG Wald längst vermutet, dass nach jahrelanger Mängelverwaltung statt „Sparen“ wohl eher „Investieren“ das Gebot der Stunde wäre. Eine Erwartung von Klima- und Naturschützern steht im Raum: Für die kommende Debatte um den Haushalt – wenn Mülheim nach zehn Jahren aus dem Stärkungspakt fällt und wieder freier über seine Ausgaben entscheiden kann – müsste der Umweltdezernent Felix Blasch eine Zahl nennen: Was will Mülheim künftig investieren in seine Ressource Wald? Oder um es mit dem Vorsitzenden des Mülheimer Naturschutzbeirats, Peter Keil, zu sagen: „Was ist der Wald wert für uns, für unsere Kinder?“
Das sagt der RVR Grün: Wir sind sehr an Zusammenarbeit interessiert
„Wir sind sehr interessiert daran, den Mülheimer Wald in Teilen oder ganz zu bewirtschaften“, will die Beigeordnete des RVR Grün, Nina Frense, auf Anfrage der Redaktion keinen Zweifel aufkommen lassen. Ein Angebot über die Leistungen, die der RVR erbringen kann, liege seit Anfang Mai vor, habe es aber nicht mehr zur Prüfung in den Umweltausschuss geschafft. Ziel sei es, im Herbst ein Ergebnis über Kosten und Leistungen zu präsentieren.
Dabei, stellt Frense klar, bedeute eine „Bewirtschaftung“ keinesfalls eine rein wirtschaftliche Betrachtung des Waldes, sondern eine Pflege als „Erholungswald“ unter klaren ökologischen Betrachtungen. So habe man ein Konzept der Biodiversität unter Federführung von Peter Keil und der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet erarbeiten lassen.
„Wir wollen die Qualität des Waldes steigern und führen bereits Wälder zum Beispiel in Witten und im Ennepe-Ruhr-Kreis unter solchen Gesichtspunkten“, so Frense. Auch etwa am Mülheimer Auberg habe der Naturschutz oberstes Gebot. 120 Mitarbeitende hat der RVR Grün dafür zur Verfügung, dazu verspricht er Synergien durch Stationen in Mülheimer Nähe.
Ob damit Kosten gedämpft werden, wie es ursprünglich einmal Ziel der Politik und Verwaltung war? Frense kann das nicht versprechen, dafür aber wohl deutlich mehr Gegenleistung – „wir tun am Ende das, was die Kommune von uns möchte“.