Mülheim. . Es ist für den Mülheimer Theatergründer eine Reise in die Vergangenheit. Das Bitef-Festival war vor 40 Jahren Start für das Theater an der Ruhr.
In Ibsens Gespenster spielt Roberto Ciulli den durch den sexuellen Missbrauch frühzeitig gealterten Oswald so vital wie bewegend; Die Wochenzeitung Die Zeit widmet dem Mülheimer Theatermacher aktuell eine ganze Seite, nennt ihn gar einen jungen Mann; die Ruhrfestspiele feiern ihn Ende Mai mit einer dreiteiligen Hommage. Seinen 85. Geburtstag aber feiert der gebürtige Mailänder heute in Belgrad beim Bitef-Festival. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, 40 Jahre zurück, zu den Wurzeln des Theater an der Ruhr, das sich damals in Gründung befand.
Zehn Jahre später, 1989 richtet Festivalchefin Mira Trailovic einen spektakulären Theaterraum in einer ehemaligen Kirche ein. Zu diesem Jubiläum wurde Ciulli eingeladen, über sein Theater ABC zu sprechen.
Das erste Gastspiel wurde ein Triumph
Das erste Gastspiel wurde ein Triumph. Der Zyklop und später Decamerone und Alkestis wurden, obwohl in deutsch gespielt, begeistert aufgenommen, ausgezeichnet und waren wichtige Impulse für die Intellektuellen in Jugoslawien. „Das hat uns befeuert“, erinnert sich Ciulli. „Die Kraft, die wir daraus schöpfen konnten, war am Anfang wichtig, weil wir in Deutschland beim Publikum auf eine deutliche Ablehnung gestoßen waren.“
Längst ist es für Ciulli eine amüsante Anekdote, aber damals war es schmerzvoll, wenn sich der Saal in der deutschen Provinz um ein Drittel und mehr leerte. „Hätten wir diese große Zustimmung nicht erfahren, ich weiß nicht, ob wir weiter gemacht hätten.“
Ciulli bemerkte früh Nuancenverschiebungen
Bitef war das wichtigste Theater-Festival, wo alle führenden Regisseure und Ensembles gastierten. Zudem übte Titos dritter Weg zum Sozialismus eine große Faszination auf die undogmatische Linke aus. Das Modell erwies sich einige Jahre später allerdings als Illusion, zugrunde gegangen am „Gift des Nationalismus“. Sprachlich zeichnete sich das für Ciulli ab, der früh Nuancenverschiebungen bemerkte. „Es begann mit Witzen, die Worte wurden schärfer, nachdem in der Politik die Karte des Nationalismus gespielt wurde, war der furchtbare Krieg schließlich die logische Konsequenz.“
Ciulli lernte in Jugoslawien aber auch Gordana Kosanović, die fünf Jahre lang, bis zu ihrem viel zu frühen Tod 1986, das Mülheimer Ensemble prägte. Es war die erste Auslandsreise. Polen und Türkei folgten, wo Ciulli wichtige Impulse für die dortige Szene setzte. Inzwischen hat das Ensemble 42 Länder bereist, darunter auch Iran und Irak.