mülheim. . Bevor CocoonDance in Indien auf Tour geht, zeigt die Kompanie ihr neues Stück Dream City. Profis arbeiten hier mit jugendlichen Laien zusammen.

Die Trennung zwischen Zuschauerraum und Bühne ist aufgehoben. Podeste, um die sich die 16 Tänzer von CocoonDance bewegen, bieten wie Inseln im Strom den Zuschauern Platz, die das Geschehen unmittelbar aus der Nähe erleben können, aber keine Angst haben müssen, aktiv einbezogen zu werden. Zum fünften Mal präsentiert die Erfolgskompanie um die in den USA geborene Schweizer Choreographin Rafaële Giovanola mit „Dream City“ im Ringlokschuppen eine Produktion. Unter anderem hat Giovanola am Frankfurter Ballett acht Jahre mit William Forsythe gearbeitete und ihren strengen Stil entwickelt. Erst im Dezember lief im Schuppen das Frauenstück „Vis Motrix“ .

Dream City ist die zweite Deutschlandpremiere der vor 18 Jahren gegründeten Kompanie. In der vergangenen Woche erlebte das Stück in der Schweiz seine Uraufführung. Drei Mal haben die Tänzer es bislang im Schweizer Ort Monthey im Kanton Wallis aufgeführt, das über ein Theater mit 700 Plätzen verfügt. Und zwei Mal ist es an diesem Wochenende im Ringlokschuppen zu erleben, ehe die Kompanie ihr „Männerstück“ Momentum in Neu-Delhi, Bangalore und Mumbai aufführen. Für die Kompanie mit Sitz in Bonn ist das weniger exotisch als vermutet. Sie haben schon auf fünf Kontinenten, etwa in Afrika oder Südamerika, getanzt.

„Klassische Bewegungen wie Walzer werden in die Einzelteile zerlegt und eingekocht, bis die Essenz übrig bleibt“

Inzwischen hat sich die Kompanie weiterentwickelt. Die Intuition war für Giovanola schon immer für das Tanzen existenziell. Wiederholungen findet sie selbst langweilig und möchte sie daher vermeiden. Bislang gab es immer frei improvisierte Sequenzen, in denen die Tänzer ihrem Stil freilich treu blieben, und streng vorgegebene.

Eine Förderung ermöglichte es CocoonDance nun, systematisch die Bewegungen und Abläufe zu analysieren, sie zu diskutieren und als Anforderungen in einem Glossar festzuschreiben. Das ermöglicht wie im Jazz einen verbindlichen Rahmen zum Improvisieren, der es viel besser ermöglicht, spontan auf etwas einzugehen. „Die Spielregeln muss man befolgen, sonst ist es ein Horror“, sagt die Choreographin. Aber es ist auch sehr anstrengend. „Klassische Bewegungen wie Walzer werden in die Einzelteile zerlegt und eingekocht, bis die Essenz übrig bleibt“, erklärt Tobias Fritzsche vom Ringlokschuppen.

Die Tänzer haben jeden Abend Muskelkater

„Jeder Abend ist anders. Die Tänzer sind komplett im Moment hochkonzentriert und können sich an nichts gewöhnen. Deshalb haben sie am nächsten Tag auch immer Muskelkater“, erklärt Giovanola. Bei Dream City ist die Herausforderung besonders groß, denn vier Profi-Tänzer arbeiten mit zwölf Jugendlichen im Alter von sechs bis 21 Jahren zusammen. Aber ihr geht es gar nicht um den Niveau-Unterschied. Es war für sie eines der größten Probleme, dass sich die jüngeren stets an den Erfahrenen orientiert haben und nicht sie selbst geblieben sind. Aber ihre Bewegungsabläufe abstrahieren mussten auch der Break-Dancer, der Hip-Hopper, der Parcours-Meister, der Urban-Dancer und die Ballett-Tänzer. Eine klassische Pirouette wollte sie ebenso wenig sehen wie eine Körperrotation auf dem Kopf. „Das können sie in der Disco machen.“

Die Vielfalt ist Programm. Nicht alle Akteure entsprechen dem Schönheitsideal. Aber es geht nicht nur um Äußerlichkeiten und Herkunft. Thematisch knüpft sie an einen Essay der Schriftstellerin Zadie Smith („Zähne zeigen“) an, die in dieser utopischen Stadt eine absolute Offenheit gegenüber den Mitmenschen gefordert hat. Ihr Traumbürger wäre Barack Obama. Denn der ehemalige US-Präsident habe es verstanden, seine Sprache ohne Vorurteile auf seinem Gesprächspartner anzupassen. Kommunikation ist der Schlüssel. „Das macht Dream City zu einem politischen Stück“, findet sie. Auf der Bühne bewegen sich Organismen, keine Menschen.

>>> Karten und TermineDie Musik macht der DJ-Soundkünstler Franco Mento und mixt vorproduzierte Sounds.

Die Aufführungen beginnen am Freitag, 1. Februar, und Samstag, 2. Februar, im Ringlokschuppen jeweils um 20 Uhr. Tickets: 12/6 Euro