Mülheim. Der israelische Choreograph Nir de Volff arbeitet in „Come as you are“ mit drei geflüchteten Tänzern – auf der Bühne im Ringlokschuppen.

Als vor drei Jahren viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen wollte auch der aus Isreal stammende und seit 14 Jahren in Berlin lebende Choreograph Nir de Volff helfen und war neugierig auf die Menschen. Aber was konnte er als Tänzer den traumatisierten Menschen, die alles verloren haben, schon bieten? Ihre Bedürfnisse waren existenziell: Wohnung, Arbeit, Kleidung, Geld.

Aber auch Tanz kann heilen, begriff der Theatermann, dessen Technik vor allem auf Atmung beruht. Er bot zunächst einen Kurs für beliebige Teilnehmer an, ohne an eine Produktion zu denken. Einer der Teilnehmer war der aus Syrien stammende Medahat Ghassan Aldaabal, der mit zwei weiteren Tänzern heute im Ringlokschuppen mit „Come as you are“ zu sehen ist. Im Kampf gegen das Assad-Regime war er verletzt worden und kam nach einem langen Marsch mit mehrmonatigen Aufenthalten in Griechenland, der Türkei und Beirut, wo er sich jeweils mit kleinen Jobs durchschlagen musste, 2016 nach Berlin.

Tanz in Syrien altmodisch und konventionell

Die beiden Männer verstanden sich sofort und de Volff war neugierig, wie in Syrien getanzt wird, wovon er keine Ahnung hatte. Im Gegensatz zum benachbarten Israel, einem der führenden Länder für zeitgenössischen Tanz, ist dieser dort extrem altmodisch und konventionell. „Er ist begabt, intelligent und sympathisch, aber er kennt die europäische Tanzsprache nicht“, erklärt de Volff.

Er wusste nicht, was Improvisation bedeutet, wie man die eigene Kreativität beflügelt und was ein Konzept ist. In Syrien gibt es Ballett, Ballett, Ballett. In einem langwierigen Prozess mussten er und seine beiden Partner, die dazu kamen, das Vokabular mühsam lernen. „Das ist so wie, wenn Kinder laufen lernen. Jeden Tag eine neue Herausforderung.“

Arabische Klänge und moderne Beats

Der Titel „Komm wie du bist“ gibt sich offen und voller Interesse. In der Produktion, die vor einem Jahr auf die Bühne kam, werden Tradition und Moderne miteinander verschränkt. Die Formen wechseln sich ab, sind teilweise in einem spannungsvollen Nebeneinander zu sehen. Auch musikalisch folgen traditionelle arabische Klänge mit modernen Beats ab.

Jeder Tänzer hat seine Reise, die ihn aber nicht in die Vergangenheit führt, sondern in die Gegenwart und Zukunft. Auch in Texten reflektieren sie, wie schwierig es ist, hier Fuß zu fassen. De Volff verspricht einen emotionalen Abend mit viel Humor, aber auch mit tieftraurigen Momenten. Das Publikum reagiere immer begeistert und mit großer Offenheit.