MÜlheim. . Bei einer Lesung in der Volxbühne zeigten Museumschefin Beate Reese und Schauspieler Rupert Seidl unterschiedliche Facetten des beliebten Malers
- Mit einer Lesung mit der Museumsleiterin und Schauspieler Rupert Seidl wurde die neue Reihe fortgesetzt
- Über 1000 Werke Noldes wurden während der Nazi-Zeit aus Museen entfernt
- Dabei war Nolde selbst von dem Gedankengut der Nationalsozialisten beseelt
Das schmale, 1929 erschienene Bändchen mit den Briefen Emil Noldes hatte Museumschefin Beate Reese erst vor einigen Wochen zufällig in einem Antiquariat entdeckt. Für die Lesung bei der Volxbühne, die sie gemeinsam mit dem Schauspieler Rupert Seidl plante, kam das wie gerufen. Sie zeigen, dass der 1867 in Dänemark geborene, beliebte Maler nicht nur virtuos mit Farben, sondern auch mit Worten umgehen konnte. Und wenn die Briefe von einer ausgebildeten Stimme so gekonnt und akzentuiert gelesen wird, ist das wie Hörbuch live - da wird im Kopf plötzlich der alte Maler lebendig.
Und natürlich liest Reese auch aus der „Deutschstunde“, das Jahrzehnte das Bild des verfemten Künstlers prägte, der heimlich seine ungemalten Bilder malte. Den Roman von Siegfried Lenz hat auch Wilhelm Knabe (94) gelesen, wie er hinterher im Foyer erzählt.
Aber er zeichnet ein geschöntes Bild Noldes. „Von keinem anderen Maler wurden so viele Werke aus Museen konfisziert wie von Nolde“, erklärt Reese und weist darauf hin, das vermutlich rund 5000 Werke, die damals insgesamt aus Museen und Sammlungen entfernt und nicht weiterverkauft wurden, wahrscheinlich verbrannt wurden.
Nolde kämpfte um Rückgabe seiner Bilder
Nolde kämpft mit großer Beharrlichkeit um die Rückgabe seiner Werke, schreibt Briefe und reist nach Wien, um bei Baldur von Schirach zu antichambrieren, der ihm einen Audienztermin in Aussicht stellt, aber ihn letztlich dann doch versetzt. Jene Brief aus dieser Zeit sind auch Dokumente der ideologischen Verblendung mit Huldigungen an Führer, Volk und Vaterland. Er hegt die Hoffnung, dass die Präsentation von 48 seiner Werke in München bei der Ausstellung der entarteten Kunst ein großes Missverständnis seien.
Nolde, der ursprünglich Hansen hieß, war schon früh Mitglied der NSDAP und seine Frau Ada „glüht für Deutschland“, äußert sich bereits vor dem 1. Weltkrieg rassistisch und antisemitisch. Gut nachzulesen ist das unrühmliche Kapitel im Leben des beliebten Künstlers, das schon früh bekannt, aber lange vertuscht wurde, in der erst kürzlich erschienen Biografie von Kirsten Jüngling „Die Farben sind meine Noten“, das Reese dem interessierten Publikum empfahl.
Unrühmliches Kapitel der Biografie
Aber Reese und Seidl verengten die Perspektive an diesem Abend nicht nur auf die NS-Zeit, ließen die Rivalität mit Max Liebermann ebenso Revue passieren wie Noldes Zeit in der Schweiz, wo er als Postkartenmaler wirtschaftlich erfolgreich war, und thematisierten auch seine Aversion gegen das Stadtleben, seine Liebe zu Blumen und Natur, was dann eine Brücke zu aktuellen Ausstellung ist.