Kamp-Lintfort.

Wenn Behnaaz Jansen aufgefordert wird, mit einem einzigen Wort auszudrücken, woran es beim Zusammenleben der Menschen aus verschiedenen Kulturen hapert, fällt der 44-Jährigen spontan das ein: „An Kommunikation.“ Seit Juni leitet die Moerserin für die Awo die neue Integrationsagentur auf dem Kirchweg. Warum eine Integrationsagentur wichtig ist, für wen sie da ist und was sie erreichen will, erzählt Behnaaz Jansen im Gespräch mit der NRZ.

Frau Jansen, was macht eine Integrationsagentur eigentlich?

Jansen: Wir vermitteln Integration beziehungsweise interkulturelle Arbeit.

Das klingt erst mal sehr theoretisch. Wie geht das in der Praxis?

Ganz unterschiedlich. Es geht beispielsweise darum, Multiplikatoren zu schulen, so dass sie fit für Integrationsarbeit werden. Oder ehrenamtliches Engagement zu fördern und Projekte anzustoßen, die die Interkulturelle Öffnung fördern. So haben wir etwa Migrantinnen zu Lesepatinnen ausgebildet und Frauen, die glauben, nichts zu können, gezeigt, dass ihre Kompetenz – in dem Fall die türkische Sprache und ihr Engagement – sehr wohl gebraucht werden. Manchmal geht es aber auch nur darum, die Menschen erst einmal zusammenzubringen.

Wie sieht das konkret aus?

Nehmen wir das Beispiel Altsiedlung. Als die Zeche noch in Betrieb war, trafen sich türkische und deutsche Bergarbeiter dort auf der Arbeit. Das ist vorbei – aber wie kommen die Menschen jetzt zusammen? Wenn man da nicht die nachbarschaftlichen Kontakte pflegt, wird es schwierig. Wir müssen nach Gemeinsamkeiten suchen, nach gemeinsamen Bedürfnissen. Und Orte der Begegnung anbieten.

Das hört sich nicht unbedingt einfach an...

Da ist zum Beispiel die erste Generation der Migranten, die jetzt hier in Deutschland alt wird – das Thema ist für sie neu, sie müssen sich damit auseinandersetzen und brauchen professionelle Unterstützung. Es gab eine Zeit, da kehrten die Migranten im Alter in ihre Heimat zurück oder sie pendelten. Jetzt aber wollen die meisten in Deutschland bleiben, da, wo ihre Enkel sind. Das traditionelle Modell der Seniorenversorgung stellt die Familien vor neuen Herausforderungen, sie brauchen dringend ergänzende und alternative Angebote, die sie für sich und ihre Familien annehmen können. Wie man im Alter besser lebt, ist aber auch ein Thema, das Deutsche interessiert. Wir haben gemeinsam mit dem Forum Integration begonnen in der Awo-Begegnungsstätte Boegenhofstraße Angebote zu machen, wo beide Gruppen wieder zusammenkommen – sei es Beratung, oder vielleicht der Kurs für den Rollatorführerschein.

Im Oktober planen wir einen runden Tisch zum Thema Älterwerden – da möchten wir deutsche und nichtdeutsche Senioren zusammenführen und werden von Anfang an die Migrantenorganisationen einbeziehen.

Mit welchen Problemen haben Menschen mit Migrationshintergrund am häufigsten zu kämpfen?

Mit mangelnder Kommunikation, es wird einfach zu wenig geredet. So gibt es immer wieder Missverständnisse – und das auf beiden Seiten. Ganz aktuell hat man den Eindruck, dass auch die Vorbehalte wieder größer werden.

Sie kamen mit zehn Jahren aus Afghanistan nach Deutschland, haben Abitur gemacht, studiert und sind mit einem deutschen Mann verheiratet. Kennen Sie solche Probleme trotzdem aus eigener Anschauung?

Für mich war es damals nicht so schwierig. Ich hatte zwar weder Ahnung von der deutschen Sprache noch von der Schrift, aber ich hatte eine tolle Lehrerin, die unsere Familie auch außerhalb der Schule sehr unterstützt hat. Und – ja. Trotz meines deutschen Passes gibt es auch heute immer wieder mal Situationen wo ich denke: du gehörst doch nicht richtig dazu.