Neukirchen-Vluyn. Die Denkmäler nahe dem ehemaligen evangelischen Friedhof sollen an die gefallenen Vluyner Bürger erinnern. Der Zeitgeist war bei der Errichtung zwar ein anderer. Doch sind die fast vergessenen Steine auch eine Mahnung für die Lebenden, welche Schrecken die Kriege über die Menschen gebracht haben.
Es ist ein ruhiges Plätzchen, das Wiesenstück am Kirchplatz in Vluyn, auf dem Bänke unter hohen Bäumen zum Verweilen einladen. Früher war hier der Dorffriedhof, und auch heute noch verbreiten Grabsteine und Denkmale eine besondere Atmosphäre. Die alten Steine, auf denen sich Spuren von Zeit und Witterung breit machen, stehen zum Gedenken an die Toten, genauer: zum Gedenken an die Soldaten, die in den Kriegen gefallen sind. Hohe Linden bringen Schatten und schirmen den Platz von den Wohnhäusern und dem Parkplatz ab. Ein Blick in eine andere Zeit eröffnet sich.
„Vluyn seinen tapferen Kriegern“ prangt als Schriftzug auf der großen alten Säule, auf der der preußische Adler thront. 1881 wurde das Denkmal errichtet und durch den Vluyner Kriegerverein eingeweiht. „Diese Vereine haben damals die Ehre der Gefallenen hoch gehalten“, erklärt Jutta Lubkowski vom Museum Neukirchen-Vluyn. „Und damit wurde früher ganz anders umgegangen“, erläutert sie.
Die auf den Grabsteinen stehenden Worte „Lerne zu leiden, ohne zu klagen“ und „Ich habe keine Zeit müde zu sein“, stoßen in heutiger Zeit auf Unverständnis: „Vieles ist heute negativ besetzt“, so die Museumsleiterin.
„Unser Vaterland“, das sei ein ganz anderer Begriff gewesen. „Die Menschen identifizierten sich mit ihrer Heimat. Die Menschen würdigten, dass die Soldaten für sie, für die Vluyner, gestorben waren“, erklärt die Fachfrau. „Das hört sich heute vielleicht schwülstig an, war aber früher so“, vermittelt sie. Die Namen der Gefallenen sind heute kaum noch zu erkennen. Unter der Jahreszahl 1866 stehen zwei Namen von Vluynern in den Stein gemeißelt, die im preußisch-österreichischen Krieg gestorben sind. Unter der Jahreszahl 1870/1871 wird an sechs Soldaten erinnert, die im deutsch-französischen Krieg gekämpft haben und gefallen sind. Sie wurden oft auch im Dorf-Alltag von den Menschen vermisst.
Wie stark das Bedürfnis war, an die Gefallenen zu erinnern, lässt sich an der Geschichte zu einem weiteren Denkmal auf dem Kirchplatz erläutern. Gegenüber des Flügel ausstreckenden Adlers steht das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Der untere Teil des Ehrenmals besteht aus Muschelkalk, die Figur ist aus Bronze gegossen. Die Worte „Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen“, steht auf dem Sockel zu lesen, daneben ein in Stein gemeißelter Stahlhelm mit Schwert und Lorbeeren.
Die Arbeitsgemeinschaften Vaterländischer Vereine haben damals, 1926, in enger Zusammenarbeit mit dem Rathaus die Organisation rund um die Errichtung des Denkmals übernommen. Heimatfeste in Neukirchen und in Vluyn brachten nötiges Geld ein. Außerdem wurden Haussammlungen durchgeführt. „Die Bereitschaft der Leute, Geld zu geben, war damals sehr groß“, weiß Lubkowski. Außerdem war der Krieg zu dem Zeitpunkt schon fast zehn Jahre vorbei, da sei es den Menschen ein großes Bedürfnis gewesen, an die Gefallenen zu erinnern, erklärt sie.
Mit einem Wettbewerb wurde schließlich der ausführende Künstler gefunden. Dr. Menser aus Bonn, entwarf zwei Kriegerdenkmale. Die evangelische Kirchengemeinde stellte im April 1928 eine Stelle auf dem alten Kirchfriedhof zur Verfügung. Ein zweites Denkmal, mit gleicher Geschichte, steht im Ortsteil Neukirchen auf dem Platz an der Andreas-Bräm-Straße, Ecke Mozartstraße.
Wer um das Denkmal an der evangelischen Kirche herumgeht, sieht, dass mit einer Inschrift auch an die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs erinnert wird. Eine Tatsache, die die evangelische Kirchengemeinde in den 80er Jahren anregte, nicht nur die Gefallenen zu ehren, sondern auch an die von den Nazis Verfolgten zu erinnern, berichtet Pfarrer Martin Simon. „Nie wieder,“ ist auf dem Gedenkstein zu lesen, der neben dem Kriegerdenkmal steht und mit einem Stiefelabdruck und einem Davidstern versehen ist. Darüber Dietrich Bonhoeffers Worte: „Nicht durch Zertrümmerung sondern durch Versöhnung wird die Welt überwunden.“