Neukirchen-Vluyn/Moers. .

Das Urteil im Prozess um den Neukirchen-Vluyner Musiker Dieter Kahlen fiel gestern um 16 Uhr. Die Angeklagten Sebastian und Emeric K. nahmen es vergleichsweise gefasst auf, so als hätten sie nichts anderes erwartetet. Die Freunde des Ermordeten hingegen lagen sich später vor dem Gerichtssaal in den Armen, weinten, hockten teils erschüttert am Boden, ganz so, als hätten sie eben erst von dessen Tod erfahren.

„Schuldig des gemeinschaftlichen Mordes und des gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes mit Todesfolge“ – dieses Urteil nahmen die Vertreter des Staatsanwaltschaft, Nicole Rulik und Stefan Müller, mit Erleichterung auf. Bei der Strafzumessung folgte die Auswärtige Große Strafkammer des Landgerichts Kleve ihren Anträgen: lebenslänglich für Sebastian K., zwölf Jahre für Emeric K., der zur Tatzeit im Oktober letzten Jahres noch keine 21 Jahre alt war. Die Verteidiger hatten jeweils einen Freispruch gefordert.

Drei Mordmerkmale, so der Vorsitzende Richter Johannes Huismann, seien erfüllt: Die beiden Rumänen töteten ihr 55-jähriges Opfer heimtückisch, aus Habgier und zur Verdeckung eines Raubes. Dass die jungen Männer gemeinschaftlich den Entschluss fassten, den Mazda, die Kreditkarten und anderes an sich zu bringen und für diese Beute zu töten, davon war die Strafkammer überzeugt.

„Ich habe die Tat nicht begangen. Ich will nicht bestraft werden für das, was ich nicht getan habe.“ Dies waren die letzten Worte des Sebastian K. vor der Urteilsverkündung. Emeric K. hatte zumindest gestanden, dass man geplant habe, Dieter Kahlen zu töten. Richter Johannes Huismann zählte auf, was zur Verurteilung führte. Die Aussagen beider Angeklagter offenbarten Täterwissen, und was Sebastian K. angeht: Er war am Tag vor der Tat die maßgebliche Person, er fuhr den Mazda, er zahlte an der Tankstelle mit der Kreditkarte des Ermordeten, er organisierte die Verwertung der Beute, er verteilte den Erlös. Dass Sebastian K. von dem Mord, begangen durch seinen Kumpan, überrascht worden sei, glaubte ihm niemand.

Dank für Obdach und Essen: Mord

„Sie haben die Hilfsbereitschaft des Opfers in nicht nachvollziehbarer Weise missbraucht.“ Mit diesen Worten schloss Richter Johannes Huismann gestern Nachmittag die Sitzung. Zuvor hatte er begründet, dass die beiden Verurteilten nach Überzeugung des Gerichts den Mord gemeinschaftlich be­gingen – die Verteidiger hingegen hatten den Mandanten des jeweils anderen als alleinigen Täter dargestellt.

So muss sich die Tat abgespielt haben: Schon am Abend fassten die beiden Rumänen, denen Dieter Kahlen für die Nacht zum 25. Oktober 2012 ein Dach über dem Kopf, zu essen und zu trinken gab, den Entschluss, ihn auszurauben und umzubringen, um ihre Flucht nach Rumänien zu decken. Einer googelte den Preis des neuen Mazda des Opfers, gab telefonisch die baldige Ankunft in Rumänien bekannt. Später in der Nacht, als Dieter Kahlen friedlich schlafend in seinem Bett lag, schlichen die Männer, denen er freigiebig seine Gastfreundschaft geschenkt hatte, in sein Schlafzimmer. Beide bewaffnet, beide zum Mord bereit.

Wer von den beiden nun das Messer mit der über 18 Zentimeter langen Klinge in der Hand hielt, wer die Schnapsflasche, vermochte die Beweisaufnahme nicht zu klären. Doch es ist klar, wie der Mord begangen wurde: Dieter Kahlen, der auf der linken Körperseite lag, erhielt mit der Schnapsflasche ei­nen brutalen Schlag auf den Kopf, der ihn am rechten Ohr traf.

Das Messer brutal ins Herz gerammt

Als er auf den Rücken rollte, wurde ihm das Messer mit so brutaler Gewalt ins Herz gerammt, dass die Klinge das Brustbein durchtrennte. Ob ihn der zweite Schlag mit der Flasche gleichzeitig oder Sekundenbruchteile danach traf, war gleichgültig. Kahlen war tot.

Die Täter flüchteten mit dem Auto des Ermordeten in Richtung Rumänien, tankten unterwegs, rasten in die Radarfalle am Elzer Berg. In Rumänien versetzten sie das Hab und Gut ihres Opfers, versuchten Geld von seinem Konto abzuheben. Dass einer danach mit dem Mazda ei­nen Unfall baute, wurde den beiden zum Verhängnis. Die rumänische Polizei nahm sie fest.

Während des fast zwei Monate dauernden Prozesses war mehrfach die Mutter des Sebastian K. im Saal, bat um Erlaubnis, den Sohn umarmen zu dürfen – was ihr gewährt wurde. Freunde des Ermordeten, die ebenfalls im Gerichtssaal saßen, sagten daraufhin bitter: „Wir hätten Dieter auch gern noch einmal umarmt.“