Moers. „Wer will, kann Kultur in Duisburg oder Krefeld genießen. Sich dafür zu verschulden, ist wirtschaftlicher Wahnsinn.” Eine Meinung eines Moerser Bürgers. Er folgte der Aufforderung von Norbert Ballhaus, sich zum Haushaltsplan und zu Sparmaßnahmen im Blog auf der Seite www.moers.de zu äußern.
Fast dreißig Moerser taten dies auch. In der Schusslinie vieler Einträge: Das Schlosstheater und – das ist fast Folklore bei Haushaltsberatungen in der Grafenstadt – das Moers-Festival: „Verzichtbar”, „Das Festival wird von den Moerser Bürgern nicht angenommen”, „Sollen doch die 47 Theaterfans das selbst bezahlen”, „Auf eigene Inszenierungen verzichten und diese preiswert einkaufen.”
Der Bürgermeister will diese Liste am Mittwoch in die Ratssitzung tragen, in der über die drohenden Sparmaßnahmen gesprochen wird. Er wolle damit keineswegs Volkes Stimme zum Sachverwalter der Kultur machen: „Aber es ist nun mal ein Bürgerhaushalt. Ich bin sicher, dass es in den nächsten Tagen ebenso viele Einträge geben wird, die sich anders äußern. Der Rest ist Sache der Politik.”
Keine Neid-Debatte
Carmen Weist, SPD-Ratsmitglied und Kulturausschussvorsitzende, hat für sich soweit klar: „Schlosstheater und Festivals sind wichtig für das Klima in dieser Stadt, ob wir hier offen umgehen können mit neuen Formen.” Sie warnt vor Neid-Debatten: „Die Diskussion ,Spielplatz oder Theater' ist falsch. Denn das Geld wird gespart, nicht umverteilt. Es gibt keinen Spielplatz zusätzlich, wenn am Theater geknapst wird. Außerdem muss man sehen, ob solche Maßnahmen den Haushalt sanieren.” Sie schätzt das Theater, "weil es Jugendliche einbezieht mit der Theaterwerkstatt oder den Penguin's Days.” Ihr Fazit: „Wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, müssen wir schauen, ob etwas zu optimieren ist. Andererseits hieße das, dass wir bis dahin Geld verplempert hätten. Das glaube ich nicht.”
Der Vorsitzende des Freundeskreises Schlosstheater, Bernd Scheid, erwartet die Haushaltseinbringung ebenfalls mit Spannung. Er sieht keinen finanziellen Spielraum: „Unser Theater ist eines der kleinsten und effizientesten in der Republik. Mit einem großen Anteil an Jugendarbeit. Jede Kürzung gefährdet nicht nur Produktionen, sondern sehe ich als Grausamkeit erster Güte. Er findet die Diskussion „eigentlich unbegreiflich”: „Ich bin sicher, dass Intendant Ulrich Greb eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung genießt.” Der Freundeskreis, scheint es, wird nicht kampflos vom Felde ziehen: „Wir sind 200 Mitglieder. Wir werden uns in die Diskussion mit einbringen.” Freundeskreis-Mitglied Hans-Albrecht Meyer-Stoll fragt: „Wie kann ich Jugendliche besser an Literatur heranführen als in diesem Theater?” Aus seiner Sicht könne man die Arbeit von Greb und Kollegen gar nicht überbewerten. Er warnt vor Wuppertaler Verhältnissen.
Burkhard Hennen, der das Moers Festival aufgebaut hat und nach Jahren der Diskussion um Zuschüsse entnervt das Handtuch warf, seufzt nur tief in den Hörer, als wir ihn fragen, was er von den Sparplänen hält: „Ich bin ungebrochen sprachlos.”