Moers/Neukirchen-Vluyn. Ein Mann soll seine Nichte sexuell missbraucht haben. Er bestreitet die Tat nicht. Was ihn erwartet und wie die Richterin das Urteil begründete.

„Wie das zu dem allem gekommen ist, das ist mir zu hoch“, äußert der des sexuellen Missbrauchs an seiner Nichte beschuldigte Viersener im Sicherungsverfahren der Auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers. Der 30-Jährige bestreitet die Tat nicht, die sich in der Wohnung der Schwester des Beschuldigten in Neukirchen-Vluyn ereignete. In der Verhandlung am Mittwoch steht daher die Frage nach der Schuldfähigkeit und den damit verbundenen Implikationen auf das Strafmaß im Vordergrund.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte am 22. Januar 2022 seine damals 10-jährigen Nichte in sexueller Absicht im Oberarm- und Brustbereich berührt haben, während diese schlief. Dabei soll er auch sexuelle Handlungen an sich selbst vorgenommen haben. Daraufhin sei das Mädchen aufgewacht und auf die Toilette gegangen, wie der Beschuldigte selbst aussagt. Das Opfer, das als Zeugin geladen ist, erscheint nicht zum Verhandlungtermin.

Mädchen stößt ihren Onkel bei sexuellem Übergriff in Neukirchen-Vluyn von sich

Nach ihrer Rückkehr habe er einen zweiten Versuch gestartet, bei dem er dem Mädchen und sich selbst die Hose heruntergezogen haben. Dabei habe er sie mit seinem Genital gestreift, woraufhin sie ihn von sich gestoßen habe. „Da bin ich dann aufgewacht“, so der 30-Jährige. Danach hätten er und seine Nichte weitergeschlafen.

Der Beschuldigte leidet an einer diagnostizierten paranoiden Schizophrenie. Vor etwa zehn Jahren habe er seinen ersten psychischen Vorfall gehabt, wie er selbst beschreibt. Barfuß sei er zum Standesamt gelaufen, um sich obdachlos zu melden. Seine Mutter habe ihn daraufhin in die LVR-Klinik Viersen gebracht, wo er sich sechs Wochen in Behandlung befunden habe. In der Folgezeit berichtet der Viersener von wiederkehrenden schizophrenen Episoden, in denen er nicht konzentrationsfähig gewesen sei und Stimmen gehört habe: „Einen Teil der Stimmen kannte ich, einen Teil nicht.“ Seit seinem 15 Lebensjahr konsumiere er außerdem regelmäßig Cannabis, unregelmäßiger Alkohol und Amphetamine.

Beschuldigter begeht Selbstmordversuch nach sexuellem Missbrauch in Neukirchen-Vluyn

Auch im Zusammenhang mit der Tat schildert der Beschuldigte, Stimmen vernommen zu haben. Aus dem Zimmer, in dem seine Nichte schlief, habe er laut eigener Aussage eine „bedrohliche Aura“ gespürt. Etwa ein Jahr später versuchte der Viersener, sich durch den Sprung von einer Brücke umzubringen. Die Stimmen hätten ihm in einer vorherigen schizophrenen Episode wiederholt gesagt, er sei nichts und könne nichts. „Ich wollte den Löffel abgeben wegen der Gerechtigkeit“, erklärt er. Letztlich sei er doch froh, noch am Leben zu sein.

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Der zuständige Sachverständige schließt die Steuerungsfähigkeit des 30-Jährigen zum Tatzeitpunkt sowie zum Zeitpunkt des Selbstmordversuchs aus. Zudem sehe er keine direkte Krankheitseinsicht seitens des Beschuldigten. Aus Erfahrung berichtet er: „Man kann überhaupt nicht vorhersehen, was Menschen in solch psychotischen Schüben tun“ und kann eine künftige Gefährdung durch den Beschuldigten nicht ausschließen.

Urteil im Moerser Amtsgericht: Unterbringung in Forensik wird auf Bewährung ausgesetzt

Wie von der Staatsanwaltschaft beantragt und vom Sachverständigen vorgeschlagen, spricht die Vorsitzende Richterin de Giuli den Viersener für schuldunfähig. Der Tatbestand des sexuellen Missbrauchs an einem Kind steht außer Frage. Nach §63 ordnet die Strafkammer die Unterbringung in einer forensischen Anstalt an, setzt diese jedoch auf Bewährung aus. Die 5-jährige Bewährung ist an Auflagen geknüpft. So muss der 30-Jährige einmal pro Monat bei seinem Bewährungshelfer vorstellig werden, sowie sich regelmäßig in einer forensischen Klinik melden. Zudem sind die weitere medikamentöse sowie psychiatrische Behandlung verpflichtend für ihn. Rauschmittel- und Alkoholkonsum sind im Bewährungszeitraum verboten. Dies wird, genau wie die Einnahme der Medikamente, durch unangekündigte Kontrollen kontrolliert. Der Beschuldigte lauscht nickend: „Ich nehme das Urteil so an, wie es ist“.