Neukirchen-Vluyn. In Neukirchen-Vluyn ist der ehrenamtliche Leiter der Freiwilligen Feuerwehr plötzlich vom Stadtrat abberufen worden. Das sind die Hintergründe.

Einen solchen Vorgang wünscht man sich nicht in seiner Kommune: In Neukirchen-Vluyn muss der Chef der Freiwilligen Feuerwehr, Lutz Reimann, gehen. Der Rat der Stadt hat nach Informationen dieser Redaktion in einer eilends einberufenen Sondersitzung am Mittwochabend hinter verschlossenen Türen mehrheitlich die Entscheidung gefasst, den Feuerwehrchef abzuberufen.

Was ist da passiert? Bürgermeister Ralf Köpke gibt sich auf Nachfrage zugeknöpft. „Ja, ich kann bestätigen, dass es eine Sondersitzung gegeben hat und dass der Wehrleiter abberufen worden ist.“ Fragen zu den weiteren Hintergründen will der Bürgermeister nicht beantworten. Nur soviel zu den weiteren Schritten: Qua Rechtslage übernehmen jetzt die beiden Stellvertreter kommissarisch die Leitung. Das sind Markus Heimberg und Thorsten Eckhardt.

Darüber wurde in Neukirchen-Vluyn gestritten

Dem Vernehmen nach soll es Streitigkeiten um die Besetzung der Stelle „Steuerungsunterstützung Feuerwehr“ gegeben haben. Der Inhaber der hauptamtlichen Stelle unterstützt die Freiwillige Feuerwehr in organisatorischen Angelegenheiten, was die ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte angesichts der zunehmenden Aufgaben entlasten soll. Die besagte Stelle ist unlängst neu ausgeschrieben worden. Wie es heißt, sind am Ende des Bewerbungsverfahrens zwei Bewerber übrig geblieben, die sich in Neukirchen-Vluyn vorgestellt haben: einer aus der Privatwirtschaft und ein Neukirchen-Vluyner, der in einer anderen Stadt bei der Feuerwehr tätig ist.

Nun hat der erstplatzierte Externe sein Interesse zurückgezogen, mithin wurde dem zweitplatzierten Neukirchen-Vluyner die Zusage für die Stelle gegeben. Der Bewerber ist früher im Stadtparlament politisch tätig gewesen – seinerzeit beim Thema Kombibau in einer Weise, die offenkundig der Wehrleitung missfiel. Lutz Reimann soll dem Bewerber nach Informationen dieser Redaktion unmissverständlich zu verstehen gegeben haben, dass keine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sei, und soll entsprechende Maßnahmen in Aussicht gestellt haben, sollte er die Stelle antreten.

Das sagt der Neukirchen-Vluyner Feuerwehrchef

Dem Vernehmen nach soll die Stadtspitze dem Feuerwehrchef schriftlich mitgeteilt haben, dass ein solches Verhalten einen rechtswidrigen Eingriff in ein Bewerberauswahlverfahren der Stadtverwaltung bedeuten würde. Das habe zur Folge, dass das Vertrauensverhältnis in erheblichem Maße und unwiederbringlich erschüttert wäre. Nun die Konsequenz: die Abberufung des Feuerwehrchefs durch den Rat.

Lutz Reimann selbst gibt sich auf Nachfrage der Redaktion sachlich. Formal müsse er noch eine Abberufungsurkunde bekommen, sagt er über den Zeitpunkt seines Ausscheidens. Er bestätigt, dass der Erstplatzierte „aus welchen Gründen auch immer“ seine Zustimmung zurückgezogen habe und der Zweitplatzierte, „der unser Vertrauen nicht genießt“, die Stelle bekommen sollte.

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„Es hat damals Diskussionen um den Kombibau gegeben“, setzt Reimann an und spricht abstrakt von „nicht nachvollziehbaren“ Äußerungen. Er sagt auch, dass der besagte Bewerber mit ihm Kontakt aufgenommen und gefragt habe, ob eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sei. „Ich habe versucht, mit meiner Nicht-Reaktion zu signalisieren, dass wir kein Interesse an einer Zusammenarbeit haben.“ Nach Rücksprache in der Wehrleitung habe er den Bewerber in einem späteren Verfahrensschritt angerufen, um ihm genau das mitzuteilen. „Das Gespräch hätte ich wohl nicht führen dürfen“, sagt Lutz Reimann.

Der Stelleninhaber muss Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr sein

„Es muss ein hundertprozentiges Vertrauen da sein“, unterstreicht Reimann. Denn: Der Inhaber der Stelle solle im Tagesgeschehen bei den Löscheinsätzen mit tätig sein. Dazu müsse er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr sein. Und hier, sagt Reimann, müsse er als Chef über Aufnahme und Ablehnung entscheiden.

Die Situation ist pikant. Einmal abgesehen davon, dass sich in einer Stadt dieser Größe die Wege oftmals kreuzen können, wird der Vorgang auch in der Feuerwehr zu Diskussionen führen. Der Bewerber war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.