Kanalisation in Moers: Exklusive Einblicke in die Unterwelt
•
Lesezeit: 4 Minuten
Moers. Ein mehr als 500 Kilometer langes Kanalnetz verläuft unterhalb von Moers. Die Enni gewährte jetzt seltene Einblicke in einen Regenwasserkanal.
Jetzt wird es ernst. Das Klettergeschirr ist fest am Körper befestigt, der Helm sitzt, der umgehängte Gasmelder piepst in regelmäßigen Abständen. Im ersten Moment ein sonderbares Gefühl. Der Haken, der auf Nackenhöhe am Geschirr befestigt ist, klickt in das Verbindungsteil des Seils ein, das über der großen Öffnung befestigt ist. Eine reine Vorsichtsmaßnahme: Wer beim Herabsteigen der Leiter runter in die Moerser Kanalisation stürzt, den fängt das Seil auf.
Weitere aktuelle Nachrichten aus Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn:
Es ist ein seltener Einblick, den die VHS Moers - Kamp-Lintfort in Kooperation mit der Enni einer kleinen Gruppe Neugieriger ermöglicht hat. An der Pumpstation an der Richard-Löchel-Straße ging es hinunter in einen Regenwasserkanal. Dass der Termin starten konnte, war nicht selbstverständlich. Noch am Mittag zogen dunkle Wolken über die Grafenstadt. Hätte es geregnet, hätten die Verantwortlichen den Termin verschieben müssen. „Viel zu gefährlich“, erklärt Frank Büser, zuständiger Abteilungsleiter bei der Enni. „Ein normaler Regenschauer reicht schon, dann können wir niemanden mehr herunterlassen.“ Glück gehabt.
Kanal in Moers: Vier Pumpen sind hier in Betrieb
Der Regenwasserkanal, von denen die Teilnehmenden einen kleinen Teil besichtigen konnten, fängt das Regenwasser des gesamten Industriegebiets auf. Regnet es, läuft das Wasser zunächst in ein Vorhaltebecken. „Da unten gibt es dann vier Pumpen, die einzeln oder alle angehen“, erklärt Büser. Entscheidend ist die Regenmasse. So laufen bei Starkregen alle Pumpen auf Hochtouren. Von hier fließt das Wasser weiter in diverse Becken, wird zwischenzeitig durch die Anlage gereinigt. „Dann setzt sich der Schlamm ab“, sagt der Experte.
Schritt für Schritt geht es die steile Leiter hinunter in die Unterwelt. Vorsichtig, ganz vorsichtig setzen die Teilnehmenden einen Fuß nach dem anderen auf die Sprossen. Unten angekommen, bedeckt eine Wasserlache den Boden. Aus dem Rohr rechts läuft ein kleiner Schwall Regenwasser in den Bereich, draußen nieselt es zu diesem Zeitpunkt. Der Geruch ist erträglich, ganz anders wäre es bei Abwasserkanälen. Auch die müssen die Mitarbeitenden der Enni regelmäßig kontrollieren. Wer dort hinuntersteigt, braucht einen starken Magen.
Moerser Kanalisation: Zweiter Tunnel ist deutlich niedriger
Ausgestattet mit Taschenlampen geht es in den Kanal hinein. An dieser Stelle ist er rund zwei Meter hoch, das Stehen ist hier problemlos möglich. Kniffliger wird es beim Gehen: Die Kombination aus Wasser und Schlamm ist rutschig, jeder Schritt ist eine kleine Herausforderung. „Ratten werden wir hier wahrscheinlich nicht sehen“, sagt die Enni-Mitarbeiterin, die die Hinabgestiegenen hier empfängt Beruhigend. Immer weiter geht es den Tunnel hinein, bis zum nächsten Bereich. Über den Teilnehmenden liegt der Kanaldeckel, der auf der Straße vor der Pumpstation liegt. Ursprünglich war der Plan, dass hier alle wieder über die Leiter hinaussteigen. Daraus wird nichts: Zu glatt ist es an dieser Stelle, um die Leiter zu erreichen. Die Verletzungsgefahr wäre zu hoch.
Also bleibt nur der Blick in den nächsten Kanal, der deutlich niedriger ist. Wer ein paar Schritte hinein möchte, muss sich bücken. Ein beklemmendes Gefühl. Und anstrengend: Die ungewöhnliche Körperhaltung macht sich in den Knien bemerkbar. Nach einer Minute geben die Beine nach. Schnell wieder zurück, den ersten Kanal hindurch bis zur Leiter. Wer will, kann hier unten noch ein Erinnerungsfoto machen.
Kanalnetz unter Moers ist 521 Kilometer lang
Insgesamt 521 Kilometer Kanal liegen unter der Grafenstadt. Zum Vergleich: In Köln sind es 790 Kilometer begehbare Kanäle, erklärt der Experte Frank Büser. Er und sein Team steigen regelmäßig in die Moerser Kanalisation hinunter, die Pumpenanlage müssen sie im monatlichen Turnus kontrollieren. Dass jetzt Fachfremde einen Einblick bekamen, war eine Premiere, die sich gelohnt hat. Die Teilnehmenden sind sich einig: „Das war richtig toll.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.