Moers. Politische Diskussionen und Familienfest: Moers-Meerbeck feiert den 1. Mai mit einem ganz neuen Format. Was die Redner zu Thyssenkrupp sagten.

„Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“, prangte als Forderung über der Bühne bei der Maikundgebung in Moers-Meerbeck. Unter dem Motto „Eintreten für die Tarifwende“ lud der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit dem Verein „100 Jahre Meerbeck“ anlässlich des bundesweiten Tages der Arbeit zur Kundgebung mit Familienfest ein.

Der Saarplatz an der Zwickauerstraße füllte sich bereits am Morgen. „Ehrenamtliche haben Bühne, Stände und Tische aufgebaut. Der Zusammenhalt in Meerbeck ist groß“, sagte Organisationsleiterin und SPD-Ratsmitglied Anja Reutlinger. Eingeläutet wurde die Kundgebung mit einem stimmungsvollen gemeinsamen interreligiösen Gebet von drei Moerser Religionsgemeinden. Die DGB-Ortsverbandsvorsitzende Karina Pfau lieferte dann einen Blick auf die aktuelle Situation: „Die Tarifbindung liegt bei 50 Prozent. Über die Jahre sank sie.“

Das neue Format lockte zahlreiche Besucher an.
Das neue Format lockte zahlreiche Besucher an. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Mangelnde Tarifbindung wirke sich auf die Kaufkraft aus. Profite der Arbeitgebenden stiegen, während Beschäftigte mit Niedriglöhnen abgespeist würden. Geld fehle und damit Personal. „Mit flächendeckender Tarifbindung hätten Beschäftigte jährlich 60 Milliarden mehr im Portemonnaie. Sinkende Tarifbindung ist nicht hinnehmbar.“

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Pfau forderte unter großem Applaus: „Finger weg von unserem Streikrecht. Politik muss mit Gewerkschaften den Schulterschluss suchen. Wählt Zukunft, wählt demokratisch.“ Klaus Brunken von der IG Bauen-Agrar-Umwelt Duisburg-Niederrhein, der häufig Verhandlungen mit Arbeitgebenden durchführt, machte klar: „Schade, dass junge Leute hier nicht solidarisch für bessere Löhne zusammenstehen. Engagiert euch in Gewerkschaften.“

Diskussionsthemen: Tarifbindung und Transformation

Um jüngeres Publikum anzusprechen, gab es ein Diskussionsformat. Das Thema: Tarifbindung und Transformation. Der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer, Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Ralf Köpke und die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp diskutierten unter Moderation von Jörg Weingarten, DGB-Abteilungsleiter für Industrie- und Strukturpolitik, Mittelstand und Digitalisierung. Einig waren sich alle, dass der Investitionsstau von 156 Milliarden Euro laut DGB in NRW problematisch ist.

Die Politik gibt zwei Milliarden Euro und zwei Wochen später sollen Leute entlassen werden, das ist respektlos.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp über die aktuelle Lage bei Thyssenkrupp.

„Kommune oder Land die Schuld zuschieben hilft nicht weiter“, sagte Philipp. Altschulden müssten von Bund und Land geteilt werden. Dass über 10.000 Stahlarbeitende bei Thyssenkrupp in Duisburg gekündigt werden sollen, kritisierten alle scharf: „Unverschämtheit. Industrie ist wichtig für Wertschöpfung“, unterstrich Köpke und Philipp fügte an: „Die Politik gibt zwei Milliarden Euro und zwei Wochen später sollen Leute entlassen werden, das ist respektlos.“

„Nicht jeder demokratisch Gewählte ist Demokrat“

Umgang mit antidemokratischen Tendenzen war ebenfalls Thema. „Man sollte keine Scheu haben, mit Leuten zu diskutieren, die propagandistisch unterwegs sind“, sagte Fleischhauer. „Nicht jeder demokratisch Gewählte ist Demokrat“, betonte Philipp und verwies auf Spionage- und Finanzierungsskandale der AfD in China und Russland. Das traditionelle Maibaum-Aufstellen, Informationsstände politischer und sozialer Organisationen sowie Gesang und Tanz des ukrainischen Frauenchores, des Kulturvereins „Bal-Der“ und der Karnevalsgesellschaft Lusticana-Meerbeck setzten final einmal mehr ein Zeichen für Zusammenhalt.

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