Moers. In der „Siedlung“ in Moers-Kapellen kündigte Vivawest Mehrfamilienhäuser zur Miete an. Bis heute ist davon nichts zu sehen. Was ist da los?
„Kapellen“, sagt Claus Peter Küster, „war einmal eine kleine Welt für sich.“ Alleine im Ortsteil Achterathsfeld, den alle die „Siedlung“ nennen, gab es einst vier Lebensmittelgeschäfte, Metzgerei, Eisdiele, Drogerie, Textilläden, Friseur, Wäscherei, Sparkasse, Bäckerei, ein Schuhhaus, Gaststätten. Und heute?
Fast die gesamte Geschäftswelt verschwand, Bagger kamen. Derzeit werden die letzten Hochbauten abgerissen. Wie Claus Peter Küster, der 20 Jahre in der „Siedlung“ wohnte und heute Chef der „Grafschafter“-Fraktion ist, sieht Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Ralf Köpke die Entwicklung in Kapellen „wehmütig“. Auch er lebte hier einmal.
Siedlung in Moers-Kapellen: Ein Laden nach dem anderen ging
Kapellen-Achterathsfeld war früher Heimat der Kumpel, die nahe der Zeche attraktiv wohnten. „Hier war immer was los“, sagt Claus Peter Küster. „Es war heimelig, vertraut und sehr familiär.“ Doch als der Bergbau Geschichte wurde, begann auch das Sterben in der „Siedlung“. Ein Laden nach dem anderen ging. Ein großer Teil aller Wohngebäude gehört nun zum Reich des Immobilien-Riesen Vivawest. Viele Wohnungen wurden in den letzten Jahren aufwändig und attraktiv modernisiert. Eine noch verbliebene Ladenzeile an der Ringstraße aber riss Vivawest vor mehr als einem Jahr ab.
Stattdessen das Versprechen: Neubau von Mehrfamilienhäusern zur Miete. Doch daraus wurde bis heute nichts. Das mit Unkraut überwucherte Areal ist längst verwildert. „Ein Schandfleck“, klagen die Anwohner. Warum aber stoppte Vivawest alle Baupläne? Unternehmenssprecher Jens Rospek: „Überlegungen gibt es weiter, allerdings wird das Projekt aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation derzeit noch einmal auf wirtschaftliche Umsetzbarkeit geprüft.“ Vor diesem Hintergrund könne man „zum weiteren Projektverlauf aktuell keine konkreten Angaben“ machen.
In Moers-Kapellen läuft der Abriss von zwei Hochhäusern
Stattdessen verschwindet gerade das nächste Stück Alt-„Siedlung“ an Astern-, Orchideen und Ringstraße. Abriss von zwei vier- und achtstöckigen Hochhäusern aus dem Jahr 1962. Die rot geziegelten Bauten waren damals ein unübersehbares Symbol für den Aufschwung des Zechen-Dorfes. Mussten die beiden Mehrfamilien-Gebäude in Zeiten großer Wohnungsnot wirklich weichen? Jens Rospek: „Grundsätzlich prüfen wir im Vorfeld jedes Abbruchvorhabens, ob auch alternative Maßnahmen, wie eine Modernisierung, infrage kommen.“ Für den Abriss habe sich das Unternehmen entschieden, weil eine energetische Modernisierung der Gebäude wegen des technischen Zustands und im Hinblick auf Ansprüche an modernes Wohnen „wirtschaftlich nicht darstellbar“ gewesen wäre.
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Auch nach diesem Kahlschlag spricht Vivawest von großen Plänen. An alter Stelle sollen drei Mehrfamilienhäuser mit 56, teilweise öffentlich geförderten Mietwohnungen entstehen. „Konkrete Aussagen zum möglichen Baubeginn oder zu weiteren Details können wir derzeit allerdings noch nicht machen.“
Moers-Kapellen: „Für ältere Einwohner eine Zumutung“
„Mit Betroffenheit“ sieht Claus Peter Küster, dass das gesamte Kapellen mit seinen 12.000 Einwohnern „wie kein anderer Moerser Stadtteil so gravierende Änderungen erlebt“. Der Ort wandle sich immer mehr „zu einer Schlafstadt“. Vor allem für die „Siedlung“ wünsche er sich einen kleinen Lebensmittel-Laden mit Bäckerei und Poststelle, wo die Leute „nicht nur einkaufen, sondern sich auch mal austauschen“ können.
„Gerade für die älteren Einwohner ist es doch eine Zumutung, für jeden Einkauf bis zur Ortsmitte von Kapellen laufen zu müssen.“ Aktuell errichtet Vivawest zwischen Wupper- und Orchideenstraße 16 Doppelhaushälften zum Preis ab 461.500 Euro in einem, so das Unternehmen, „familienfreundlichen Wohnort“. Der Bau von Geschäften sei nicht geplant.