Moers. Die neue Gesundheitsschule in zentraler Lage von Moers soll den Fachkräftemangel am ganzen Niederrhein lindern. Diese Ausbildungen bietet sie an.

An einem markanten Standort in der Moerser Innenstadt entsteht derzeit eine neue Gesundheitsschule. Schon ab Oktober dieses Jahres sollen in der dritten Etage des sogenannten „Kleier-Hauses“ an der Repelener Straße 2 staatlich geprüfte Physiotherapeutinnen, Ergotherapeuten und Masseure ausgebildet werden. Durch das neue Bildungsangebot erwarten Betriebe, Krankenhäuser sowie die Schulträgerin, die Präha Gesundheitsschulen gGmbH, einen positiven Effekt am gesamten Niederrhein.

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Fachkräftemangel lautet das leidige Stichwort. „Sind junge Menschen erst einmal für ihre Ausbildung in die Großstadt gezogen, kommen sie selten aufs Land zurück“, berichtet Petra Witt, Geschäftsführerin der Präha Gesundheitsschulen, die in Moers nach Düsseldorf und Kerpen ihren dritten Standort eröffnen werden. Es sei wichtig, in der Region und für die Region auszubilden, da sonst der Personalbedarf nicht mehr aus eigener Kraft gedeckt werden könne.

Hoher Therapiebedarf in Moers: Becker und Eschler berichten von enormem Fachkräftemangel

Das Problem kennt Jörn Becker aus der täglichen Praxis nur zu gut. Der Inhaber des Gesundheitszentrums Becker Plus habe das Projekt in seiner Rolle als Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion in Moers politisch vorangetrieben. „Wir müssen dem Fachkräftemangel in Moers dringend entgegenwirken“, befindet Becker. Rund ein Viertel der Physiotherapeutinnen und -therapeuten werden in absehbarer Zeit in den Ruhestand verabschiedet: „Dazu kommt, dass wir aufgrund des demografischen Wandels einen zunehmenden Therapiebedarf erwarten können - und unsere Patienten schon jetzt immer jünger werden.“

Auch Janick Eschler vom gleichnamigen Rehazentrum an der Repelener Straße spricht von einem enormen Nachwuchsproblem. Ausschlaggebend dafür sei, dass angehende Physiotherapeuten ihre Ausbildung lange Zeit aus eigener Tasche zahlen mussten. Erst seit 2021 werden die Kosten vom Land NRW getragen. „Die Entscheidung war überfällig, um den Job attraktiver für junge Menschen zu gestalten“, meint Eschler. 450 Euro pro Monat kostete die schulische Ausbildung bis vor drei Jahren noch im Durchschnitt. Fahrtgeld, Miete und Co. nicht eingerechnet. „Dass sich nur Kinder reicher Eltern die Ausbildung zum Fachtherapeuten leisten konnten, war ein echter Makel“, pflichtet Jörn Becker seinem Kollegen bei.

Neue Gesundheitsschule in Moers: Physiotherapeuten erhalten erstmals Ausbildungsvergütung

Nachwuchstherapeuten, die ihre Physio-Ausbildung in Moers absolvieren, können nun sogar eine monatliche Ausbildungsvergütung von etwa 300 Euro im ersten Lehrjahr erwarten, die im dritten Lehrjahr auf circa 500 Euro anwachsen soll. Ein echtes Novum in der Branche, wie Petra Witt betont. „Und den Praktikumsbetrieben steht es natürlich frei, besonderen Einsatz entsprechend zu honorieren.“

Bei den Vertretern der Praktikumsbetriebe und des Schulträgers herrscht große Vorfreude mit Blick auf den Schulstart im Oktober.
Bei den Vertretern der Praktikumsbetriebe und des Schulträgers herrscht große Vorfreude mit Blick auf den Schulstart im Oktober. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Weitere Besonderheit der neuen Schule in Moers: Die Azubis werden von Beginn an über die vollen drei Jahre der Ausbildung bei verschiedenen Kooperationspartnern in und um Moers wie Eschler, Becker oder dem St. Josef Krankenhaus eingesetzt. „Dadurch können die Schülerinnen und Schüler die Fallbeispiele, die sie im Unterricht erlernen, direkt in der Praxis sehen“, schildert Jessica König, die ab Oktober die Standortleitung übernehmen und die Bildungsgänge Physiotherapie und die Ausbildung zum staatlich geprüften Masseur und medizinischen Bademeister verantworten wird. Ihre Kollegin Diana Lechleiter, Leiterin des Bildungsgangs Ergotherapie, ergänzt: „So können sie lernen, eine therapeutische Beziehung zu Klienten aufzubauen.“

Neue Schule in Moers: Familie Kleier investiert rund 300.000 Euro in berühmten Standort

Am Dienstag, 12. März, hat das Bauamt die offizielle Baugenehmigung erteilt. Etwa 300.000 Euro wolle die Familie Kleier, die in ihrer Immobilie an der Kreuzung Repelener Straße/Hülsdonker Straße lange Zeit ein bekanntes Möbelhaus betrieben hat, in den Umbau des dritten Geschosses investieren, berichtet Petra Witt. Bis zum Umzug nach Kamp-Lintfort war hier noch ein Teilstandort des Finanzamtes untergebracht. In diesen Räumlichkeiten sollen bis Oktober mehrere Unterrichtsräume, zwei Lehrerzimmer, eine Mediothek, Aufenthaltsbereiche sowie ein Sekretariat und eine Küche entstehen. Dann fungiert das zentral gelegene „Kleier-Haus“ als viergeschossiges Gesundheitshaus mit dem Rehazentrum Eschler, der neuen Schule sowie der Grafschafter Diakonie. „Die Schule mitten in der Innenstadt wird das Moerser Stadtbild verjüngen und beleben“, lobt Jörn Becker.

Die neue Gesundheitsschule wird mit jeweils 28 angehenden Physio- und Ergotherapeuten an den Start gehen. Diese benötigen eine Fachoberschulreife für die Zulassung. 24 Schüler mit einem Hauptschulabschluss oder höher werden zudem zu staatlich geprüften Masseurinnen und medizinischen Bademeisterin ausgebildet. Derzeit hege man laut Jörn Becker sogar Gedankenspiele über ein mögliches Wohnheim für die Nachwuchskräfte in der Grafenstadt. Und der zusätzliche Wohnraum könnte gleich dankbare Abnehmer finden, bestätigt Standortleiterin Jessica König: „Wir haben bereits die Bewerbungsgespräche geführt. Und die ersten Schüler haben uns schon zurückgemeldet, dass sie gerne nach Moers ziehen würden.“

Infos zu Studium und Bewerbung

Neben der regulären Ausbildung, die im Rahmen einer Vier-Tage-Woche erfolgt, gibt es die Möglichkeit, in Kooperation mit der Hochschule Niederrhein an einem weiteren Tag ein Bachelorstudium im Bereich Angewandte Therapiewissenschaften zu beginnen. Bewerbungen an der Präha Gesundheitsschule in Moers sind ab sofort unter moers@praeha.de möglich. An diese Mail-Adresse können Interessierte auch Anfragen für Informationsgespräche stellen.