Moers. Zum Jahrestag des Ukraine-Krieges gab es in Moers eine Kundgebung. Bei einer anschließenden Veranstaltung im Landratsamt wurde es sehr emotional.

Der 24. Februar 2022 hat die Welt verändert. Als Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete, war nichts mehr, wie es war. Millionen Menschen flüchteten aus dem Land, fanden Schutz in anderen Ländern, viele von ihnen in Deutschland. Zwei Jahre ist das jetzt her, der Krieg läuft nach wie vor. Zum Jahrestag hat die ukrainische Community in Moers mit Unterstützung des Awo-Kreisverbandes Wesel am Samstag zu einer Kundgebung gebeten. Rund 100 bis 150 Teilnehmende trafen auf dem Neumarkt zusammen, darunter auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer.

Es sind Erzählungen, die unvorstellbar sind. Sprecherin Iryna Kravets berichtete den Anwesenden über die vergangenen zwei Jahre. Von den Schrecken, als die Truppen einmarschierten, von zurückgelassenen Ehemännern, die nach wie vor an der Front kämpfen. Aber auch von der Dankbarkeit gegenüber Deutschland für die große Unterstützung. Hoffnung auf einen Neubeginn war spürbar.

Ukraine-Kundgebung in Moers: Menge zog mit riesiger Flagge zum Landratsamt

Mit einer riesigen Ukraine-Flagge zog die Menge weiter zum alten Landratsamt, begleitet von ukrainischen Liedern und immer wieder den Ausrufen „Slawa Ukrajini“ (Ruhm der Ukraine) und „Freiheit für die Ukraine“. „Das war schon sehr bewegend“, findet Nadine Scholtheis, Sprecherin des Awo-Kreisverbandes.

In Moers lauschten zahlreiche Teilnehmende den Berichten des NRZ-Politikchefs Jan Jessen. Er verbrachte viel Zeit in der Ukraine.
In Moers lauschten zahlreiche Teilnehmende den Berichten des NRZ-Politikchefs Jan Jessen. Er verbrachte viel Zeit in der Ukraine. © Awo-Kreisverband Wesel

Bei einer anschließenden Veranstaltung im Landratsamt, die in Kooperation mit dem Grafschafter Museum, der Stiftung „Demokratie leben“ sowie dem Schlosstheater stattfand, war es sogar noch voller. „Bestimmt 300 Gäste“, so schätzt es Scholtheis, trafen hier zusammen. Hier lauschten die Anwesenden dem ukrainischen Frauenchor, der unter anderem die Nationalhymne sang. Der Saal stand, viele waren zu Tränen gerührt.

Jan Jessen berichtet in Moers über Erlebnisse in der Ukraine

Auch der NRZ-Politikchef Jan Jessen, der erst kürzlich aus der Ukraine wiederkehrte, war vor Ort, um über das Erlebte zu berichten. Rund 200 Tage verbrachte er in der Ukraine, war unmittelbar vor Kriegsbeginn dort. Bei einer Präsentation untermauerte er seinen Vortrag mit aufwühlenden Fotos. Zerstörte Städte, Trümmerfelder, gebrochene Menschen.

So ging es unter anderem um die zahlreichen ukrainischen Soldaten, deren Leben der Krieg drastisch änderte. Jessen zeigte zwei Fotos des Soldaten Oleg, einmal vor zwei Jahren, einmal von jetzt. Innerhalb von 24 Monaten habe sich das Gesicht des jungen Soldaten in das eines alten Mannes verwandelt. Und es ging um Kinder, die das meiste Leid erlebten. Sie seien es gewohnt, die Nächte in Kellern zu verbringen, aus Angst vor nächtlichen Angruffen,

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Was ist, wenn Russland gewinnt?

Ein anderer Soldat erzählte Jessen von seinen Ängsten und dem Willen, dennoch weiterzukämpfen. Wenige Tage später ist er gefallen. Wichtig sei es, die Ukraine weiterhin zu unterstützen. Nicht nur materiell, sondern auch moralisch, betonte der Politikchef. Das Gefühl der Unterstützung habe in der Ukraine im Vergleich zum Kriegsbeginn nachgelassen. Immer wieder hätten Ukrainerinnen und Ukrainer betont: „Vergesst uns bitte nicht“.

Bei einer anschließenden Diskussion ging es auch um die Frage: Was, wenn die Ukraine verliert? Ein Sieg Russlands könnte einen Dominoeffekt auslösen und weltweit für weitere Konflikte sorgen. „Dann würde unsere Welt eine andere sein, als die, die wir kennen”, so der Experte. (dmt)