Moers/Ramla. Der gebürtige Moerser Oliver Vrankovic lebt seit 2007 in Israel. Mit seiner Tochter hat er den Überfall der Hamas erlebt - und sorgt sich sehr.
Als der erste Alarm am 7. Oktober ertönt, „habe ich es zunächst nicht ernst genommen“, berichtet Oliver Vrankovic. „Ich dachte nur, hoffentlich wird meine Tochter davon nicht geweckt.“ Er selbst ist an diesem Morgen früh wach und bereits aufgestanden, auch wenn seine Schicht im Altenheim erst später am Tag beginnt. „Meine innere Uhr hat mich geweckt“, sagt er. Weil das Signal nicht abreißt, schaltet der gebürtige Moerser, der seit 2007 in Israel und seit 2020 in der Stadt Ramla lebt, den Fernseher ein. Das erste, was er sieht: Pick-Up-Trucks mit bewaffneten Männern, die durch Israel fahren. „Dann gab es erste Berichte über Massaker. Das war alles so surreal“, erinnert er sich ein paar Tage später im Gespräch mit der Redaktion an den Moment, als die Hamas sein selbstgewähltes Heimatland überfallen hat.
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Während wir mit ihm telefonieren, ist Vrankovic gerade im Supermarkt, einkaufen: „Uns wurde gesagt, wir sollen uns für die nächsten drei Tage mit Trockennahrung eindecken.“ Die Lage vor Ort sei „sehr chaotisch“. Gleichzeitig sei der Zusammenhalt unter den Bürgern in Ramla groß. Noch gebe es in den großen Einkaufsläden keine Engpässe, doch: „Viele Fahrer, die Lebensmittel liefern, sind bereits rekrutiert worden“, weiß er und betont: „Die ganze Situation ist ein Alptraum.“
Überfall der Hamas auf Israel: Moerser hat Freunde und Bekannte, die vermisst werden
Über sich selbst sagt Vrankovic: „Ich kann es mir nicht leisten, viel über die Umstände nachzudenken und muss mich um die alten Leute kümmern, die wir bei jedem Alarm in Sicherheit bringen müssen.“ Er und seine 12-jährige Tochter lebten derzeit auch in dem Seniorenheim, in dem er arbeitet, um auch bei Raketenangriffen in der Nacht helfen zu können. Ob er in solchen Momenten auch Angst hat? „Darüber will ich nicht nachdenken“, sagt er. Viel zu sehr sei er in Gedanken bei seinen Freunden und Bekannten, die im Süden des Landes wohnen, derzeit aber vermisst werden oder von denen er weiß, dass sie ermordet wurden. Kontakt zu den Überlebenden bestehe derzeit kaum. „Ich weiß, dass sie kein Internet und kein Telefon haben. Sie kämpfen dort gerade ums reine Überleben.“
Sorgen mache sich der gebürtige Moerser aber auch um seine 12-jährige Tochter: „Es wird über nichts anderes gesprochen, im Fernsehen wird nichts anderes gezeigt: Ich hoffe, dass sie sich an meine Vorgabe hält und sich nicht noch zusätzlich Videos im Internet ansieht.“ Dass das Mädchen Angst hat, müsse sie nicht aussprechen, er spüre es, sagt Vrankovic: „Es zeigt sich auch in der Nacht, wenn sie zum Schlafen das Licht anlässt. Das hat sie sonst nie gemacht.“ Nun warte Vrankovic erst einmal „hoffnungsvoll“ auf den Start der Bodenoffensive, denn: „Nur so können die Geiseln befreit werden“, betont er.