Neukirchen-Vluyn / Moers / Kamp-Lintfort. Die Bürgermeister aus Moers, Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort haben den Brandbrief an Henrik Wüst unterschrieben. Das sind ihre Forderungen.
In einem Brandbrief an Ministerpräsident Hendrik Wüst warnen die Verwaltungschefs von 355 Städten und Gemeinden in NRW angesichts von „Überbelastungen“ und einer „chronischen Unterfinanzierung“ vor einem finanziellen Kollaps. Für sie steht der Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung auf dem Spiel.
In Neukirchen-Vluyn ist die Haushaltslage extrem angespannt. Die Stadt befindet sich noch in der Haushaltskonsolidierung. „Das Ziel der Haushaltskonsolidierung, für das Jahr 2024 einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden, ist aufgrund der durch den Städte- und Gemeindebund dargestellten Sachlage aktuell gefährdet“, sagt die Erste Beigeordnete und Kämmerin Margit Ciesielski. Und weiter kündigt sie an: „Hieraus resultierend ist es auch leider nicht möglich, in der kommenden Woche einen genehmigungsfähigen Haushalt im Rat einzubringen.“
Das fordert die Neukirchen-Vluyner Kämmerin
Sofern sich die finanzielle Ausstattung nicht wesentlich verbessert, „müssen künftig jegliche freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand gestellt werden. Je größer die Investition, desto schwieriger gestaltet sich eine Umsetzung“, heißt es weiter. Eine Kompensation von fehlenden Haushaltsmitteln erfordere eine hohe Disziplin, es würde noch weitaus mehr priorisiert werden müssen. Gleichzeitig steigen die Kosten für die zu erledigenden Pflichtaufgaben kontinuierlich an.
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Derzeit gebe es aber keine Planungen, freiwillige Leistungen zu streichen. Klare Ansage: „Vielmehr besteht die Erwartung, nein, die klare Forderung, dass Bund und Land eine auskömmliche Finanzausstattung für die Kommunen auf den Weg bringen.“
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In Neukirchen-Vluyn seien bereits deutliche Einsparungen vorgenommen worden, trotz Haushaltskonsolidierung habe man es geschafft, auch große Projekte umzusetzen. Wenn jedoch das Potenzial erschöpft sei, verbleibe lediglich eine Verbesserung der Einnahmeseite. Sollten Steuererhöhungen notwendig werden, bestehe aber Konsens, „nur wirklich unvermeidliche Beschlüsse zu fassen“.
Das sagt der Kamp-Lintforter Bürgermeister
Der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt, der als Vize-Präsident des Städte- und Gemeindebundes den Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst mit formuliert hat, zeigt sich fordernd zuversichtlich, dass die Landesregierung handeln muss. „Wir gehen davon aus, dass etwas passiert“, sagt er. Sofern sich an der finanziellen Grundausstattung nichts ändern sollte, würde selbst Kamp-Lintfort in zwei bis drei Jahren in die Haushaltssicherung rutschen.
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Mit Blick auf den Haushalt für das kommende Jahr hat die Stadt gehandelt. Ursprünglich sollte der Etat am kommenden Dienstag in der Ratssitzung eingebracht werden. Das wird nun verschoben, für den 7. November wird zu einer Sondersitzung zum Thema eingeladen. Landscheidt: „Dann herrscht etwas mehr Klarheit.“
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Zu möglichen Projekten, die bei gleichbleibender finanzieller Ausstattung gestrichen werden müssten, möchte sich der Bürgermeister nicht äußern. Das wäre „Kaffeesatzleserei“, sagt er. Allerdings gibt er zu bedenken, dass sich im solchen Fall womöglich Projekte verschieben könnten.
Und was ist mit der Grundsteuer B?
Was mit der Grundsteuer B ist, über die im Schreiben an Wüst auch die Rede ist? Sollte es tatsächlich keine auskömmlichere Finanzierung geben, müssten Kommunen über eine Erhöhung von Steuern und Gebühren nachdenken. Und das wären laut Landscheidt „nicht nur ein paar Prozentpunkte“.
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Über eine Anhebung der Grundsteuer B mag man im Moerser Rathaus noch nicht nachdenken. Wie man mit der Situation umgehe, werde sich erweisen. In der Grafenstadt wird der Haushalt im Dezember eingebracht. „Derzeit sind die Rahmenbedingungen schwierig zu bewerten“, erklärt ein Stadtsprecher.
Fakt ist auch hier: Sofern sich an der Finanzierung nichts verändert, könnte „das dazu führen, dass wir eine zweistellige Millionen-Summe im Haushalt suchen müssten – und das würde dazu führen, dass wir in der Haushaltskonsolidierung landen oder gegebenenfalls sogar im Nothaushalt“, heißt es weiter aus dem Rathaus.
Der Moerser Bürgermeister ist zuversichtlich
Der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer erklärte, dass die Kommunen mit ihrem Vorstoß bewusst machen wollten, „dass wir an einer Abbruchkante stehen“. Es gehe auch darum, dass den Kommunen das soziale Gefüge nicht um die Ohren fliege. Mithin müsse nach Lösungen gesucht werden, damit die Kommunen – am Ende der Nahrungskette – handlungsfähig bleiben. Die Möglichkeit, durch den Ukraine-Krieg verursachte Kosten zu isolieren, endet.
Fleischhauer äußerte sich nach dem Austausch mit Landesvertretern zuversichtlich. Er spricht von „großer Sensibilität“, mit der Statements gegenseitig vorgetragen worden seien; es solle nun Lösungen geben, die über das Jahr 2024 hinausgingen. Der Bürgermeister nannte auch den Abbau von standardisierten Prozessen – was den Kommunen das Leben leichter mache.