Moers. Von 264 auf 1220 Euro für Gas im Monat – wohl kein Einzelfall. Bis zu 20.000 Enni-Kunden drohen extrem hohe Abschläge. Wie Enni reagiert.

Erneut gibt es Ärger und Unverständnis bei vielen Kundinnen und Kunden des Moerser Versorgers Enni. Diesmal geht es um künftige Abschläge für Strom und Gas. Betroffen könnten bis zu 20.000 Verbraucherinnen und Verbraucher sein, die einen befristeten Festpreisvertrag abgeschlossen haben und künftig extrem gestiegene Abschläge zahlen sollen.

Enni macht die hohen Energiepreise der letzten Jahre und die nur befristete Preisbremse der Bundesregierung für die satten Abschläge verantwortlich.

In einem Fall geht es um einen Kunden aus Moers, der ab kommendem Januar 603 Euro Abschlag für Gas im Monat zahlen soll. Bisher hat er 220 Euro gezahlt. Er hat recherchiert: „Bei Vergleichsportalen fallen 245 Euro monatlich an.“ In einem anderen Fall soll ein Moerser ab August 462 Euro Abschlag zahlen, bisher waren es 264 Euro. Ab Januar 2024 soll der Abschlag dann auf 1220 Euro steigen – monatlich.

Noch ein Beispiel: Ein Paar aus Moers berichtet, der alte Abschlag habe bei 182 Euro für Gas und Strom gelegen. Ab nächsten Januar werden daraus 638 Euro. Dabei hatte das Paar erst am Jahresanfang neue Fixverträge abgeschlossen, nachdem in einem Enni-Schreiben genau dies vorgeschlagen worden sei. Viele von den Kunden, die sich an die Redaktion gewandt haben, sind sauer.

„Ist das der Umgang mit treuen Kunden?“ fragt einer, ein anderer spricht angesichts der drastischen Steigerungen von einem „Schock“. Und Enni? „Die Situation ist schwierig. Jetzt tritt das ein, worauf wir seit Ende 2021 immer wieder hingewiesen haben“, sagt Enni-Pressesprecher Herbert Hornung im NRZ-Gespräch. Und: „Die Kundinnen und Kunden äußern aus ihrer Sicht berechtigte Themen.“

In der Zentrale der Enni-Unternehmensgruppe in Moers werden die Abschläge ermittelt.
In der Zentrale der Enni-Unternehmensgruppe in Moers werden die Abschläge ermittelt. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Vertriebsleiterin Susanne Pfeufer verweist auf die „extremen Preisentwicklungen mit kurzfristig hohen Preisanstiegen und –rückgängen sowohl im Strom- als auch im Gasmarkt“ der letzten Jahre. Ziel sei es immer, Kundinnen und Kunden in Zeiten der Unsicherheit über Verträge mit einer festen Laufzeit Planungssicherheit zu verschaffen.

Zu den hohen Abschlägen ab August sagt Pfeufer: „Wir konnten wegen der Probleme mit der externen Software lange Zeit keine Abschläge ermitteln. Erst ab Juli sind wir sicher, dass wir richtig abrechnen können.“

Die Abschläge ab August würden zum Teil auch die bisher nicht eingezogenen Abschläge von März bis Juni enthalten. Üblicherweise würden elf Abschlagszahlungen angesetzt, jetzt seien es nur sieben. Die logische Folge: Die monatliche Summe für den jetzt deutlich kürzeren Abrechnungszeitraum erhöht sich. Anders sieht es bei den noch höheren Abschlägen ab Januar 2024 aus. Susanne Pfeufer: „Die Preisbremse läuft bis zum 31. Dezember diesen Jahres, daran müssen wir uns orientieren. Wenn die Bundesregierung die Option zieht, die Preisbremse bis 31. März 2024 zu verlängern, werden wir die Abschläge sobald wie möglich anpassen.“

Das sagt Enni zu den Angeboten von anderen Anbietern

Pfeufer – und mit ihr sicher viele – hofft „auf einen milden Winter und weiter sinkende Preise an den Energiemärkten“. Das werde sich in den künftigen Preisen genau so niederschlagen wie zuvor die Steigerungen. Dass andere Anbieter zurzeit offenbar deutlich niedrigere Abschläge anbieten, begründet Pfeufer so: „Versorger, die damals vom Markt gegangen sind und deren Kunden wir teilweise übernommen haben, sind jetzt wieder da. Sie haben keine Verantwortung übernommen.“