Kamp-Lintfort. Zum großen Jubiläum von Kloster Kamp in Kamp-Lintfort gab es an diesem Wochenende gleich zwei Feste. Ein Gast kam sogar von ganz weit her.
Doppeltes Spektakel am Kloster Kamp: während auf dem Abteiplatz Menschen in mittelalterlichen Gewändern und Kleidern bei der Arbeit zu beobachten sind, bieten im Terrassengarten unterhalb des Klosters verschiedene Winzer und Foodtrucks Wein und Kulinarisches von hoher Qualität. Zum 900-jährigen Klosterjubiläum fanden am vergangenen Wochenende das Mittelalterfest „Erlebnis Mittelalter“ sowie das Weinfest parallel in historischem Ambiente statt.
„Darf man da mal reingucken?“. Eine Besucherin deutet neugierig auf den schweren Stoff des Zelteingangs. Sie erhält ein nachdrückliches „Ja!“ als Antwort. Zuschauen, Nachfragen und Ausprobieren sind erwünscht bei den Mitgliedern der Living-History-Gruppe IG Wolf, die an diesem Wochenende das klösterliche Leben um das Jahr 1123 herum darstellen und präsentieren wollen.
„Wir versuchen, mit Zelten darzustellen, was im Kloster geschieht“, erklärt Monika Megner, Mitglied der Mittelaltergruppe. Um dies möglichst authentisch tun zu können, leben die aus verschiedenen Regionen Deutschlands und dem europäischen Ausland stammenden Darstellenden für das gesamte Wochenende in ihren selbst hergestellten Zelten aus Leinen. Ob Skriptorium, Kapelle, Feuerstelle, Apotheke oder verschiedenste Handwerkskünste: an den einzelnen Zelten warten Mittelalter-Darsteller auf, um mit selbst angeeignetem Expertenwissen aufzuwarten.
„Das, was Sie hier sehen, ist über Jahre recherchiert worden“, so Megner. Sei es die Glastechnik, Farbherstellung oder Hausbau – „viele Handwerksfertigkeiten sind über die Jahrhunderte verloren gegangen.“ Nun müsse man sie laut Megner mühselig rekonstruieren. Mithilfe historischer Quellen und archäologischer Funde, aber letztlich auch „ein bisschen durch Ausprobieren“ gelinge dies, sagt Kai, der erst seit Kurzem bei der IG Wolf ist.
Ein Besucher, der angibt, von Beruf Dachdecker zu sein, informiert sich interessiert über die Herstellung von Strohdächern und deren Vorzüge gegenüber Reetdächern. Linnhard von Schauenburg, der im Alltag Sascha Starke heißt, gibt gerne Auskunft. Der Marburger ist bereits seit 21 Jahren in dem Hobby aktiv. „Das, was ich hier gerade mache, wird der Griff vom Schleifstein“, wird auf Nachfrage erklärt, „den reparieren wir gerade.“
Im Mitmachbereich sowie auf dem Hauptplatz vor dem Kloster können Kinder sich kreativ beim Filzen oder Knüpfen von Bändern ausprobieren. So auch bei Sabine Arbeiter-Scholl. Ihr Spezialgebiet: das Fingerschlaufenflechten, bei dem aus sieben verschieden- oder gleichfarbigen Fäden gemusterte und stabile Bänder entstehen. „Das ist auch toll für Kinder, da haben sie etwas zum Mitnehmen“, so Arbeiter-Scholl. „Es klappte zum Ende hin immer besser.“ Ein Mädchen hält stolz ihr buntes Band in die Höhe.
Derweil läuft parallel das Weinfest im Terrassengarten unterhalb des Klostergebäudes an. Zwischen den geometrisch angelegten Rasenflächen erzeugen mit weißen Tischdecken und Blumen dekorierte Biertische sowie 50er-Jahre Musik von Dean Martin für eine entspannte Atmosphäre. Verschiedene Weingüter bieten vom trockenen Rotwein bis zum lieblichen Weißwein alles an, was die Herzen aller Weinliebhaber höher schlagen lässt.
Iris-Alice Bachem ist begeistert vom Ambiente: „Die Location ist einfach schön.“ Die Inhaberin von „Les Bouchées d’Iris“ setzt auf ein durchweg französisches Angebot an ihrem Stand. Zu französischen Weinen reicht sie Quiche, Käse und Austern. „Es ist schön, den Leuten meine Liebe zu Frankreich, französischem Essen und Trinken weitergeben zu können“, schwärmt die Leverkusenerin, die sonst eher auf französischen Märkten anzutreffen ist.
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Einige Touristen, die lediglich einen Ausflug zum Kloster Kamp unternehmen wollten, reagieren positiv überrascht auf das vielfältige Angebot rundherum. „We’re from Chicago“, erklärt Don Miller, der zuvor mit seiner Frau das mittelalterliche Treiben bestaunte und nun mit Bekannten aus Deutschland eine sogenannte Sommerschorle im Terrassengarten genießt. „We came the long way only for the wine festival.“ Er zwinkert.