Kamp-Lintfort/Moers. Kräuterpädagogin Claudia van Zütphen zeigt beim Osterspaziergang im Kamper Wald, was alles am Wegesrand wächst und was Sammler beachten müssen.

So schnelle Erfolgserlebnisse sind selten: Gerade mal fünfzig Meter haben wir vom Wanderparkplatz hinein in den Kamper Wald zurückgelegt, schon bleibt Claudia van Zütphen zum ersten Mal stehen: Der Rundblättrige Ampfer reckt sich vom Waldboden ins Sonnenlicht. Die Kräuterpädagogin zupft ein Blatt ab: „Typisch ist der saure Geschmack, der Ampfer enthält viel Oxalsäure. Deshalb gehört er nur ganz sparsam in einen Wildsalat.“ Auf unserem (Vor-)Osterspaziergang wollen wir gemeinsam entdecken, welche wilden Frühlingskräuter links und rechts des Weges wachsen, wie man sie erkennt und wie man sie in der Küche oder in der Hausapotheke verwenden kann.

Der Rundblättrige Ampfer.
Der Rundblättrige Ampfer. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Seit acht Jahren ist die 42-jährige Moerserin am linken Niederrhein unterwegs, lädt in Kooperation mit verschiedenen Volkshochschulen zu Kräuterführungen und Exkursionen unter anderem in den Kamper Wald, aber auch in die Littard oder in die Rheinauen ein.

Ausgleich in der Natur

Gelernt hat Claudia van Zütphen ursprünglich Buchhändlerin, wechselte in die Verwaltung eines Jugendhilfeträgers und studierte anschließend einige Semester Wirtschafts- und Umweltrecht. „Ich habe aber immer schon den Ausgleich in der Natur gesucht. “ Die Konsequenz: Sie ließ sich auf der Gundermann-Naturerlebnisschule in Meerbusch zur zertifizierten Kräuterpädagogin ausbilden.

Dass man Brennnesseln sowohl im Salat essen, oder als Tee aufgießen kann, wusste ich. Nicht aber, wie man sie verarbeitet, ohne dass es pikst: „Wer die Brennnessel roh im Salat essen möchte, muss sie vorher walken, damit die Brennhaare zerstört werden. Brennnesseln sind super für eine Frühjahrskur, man kann sie auch als Spinatersatz verwenden. Dazu haben sie viel Eisen und Vitamin C.“

Ihr nächster Kurs „Frühlingskräuter im Kamper Wald“ am Wochenende nach Ostern ist schon lange restlos ausgebucht. Das Interesse der Menschen für Natur und Kräuter sei gewachsen, sagt Claudia van Zütphen. Für sie habe das mit einem gestiegenen Umweltbewusstsein zu tun. „Ich glaube auch, dass viele Menschen unabhängiger werden wollen.“ Nicht zuletzt hätten viele in der Corona-Zeit den Wald wieder neu für sich entdeckt.

Tee, der nach Vanille schmeckt

Die Kräuterpädagogin zeigt auf die frischen Austriebe einer Brombeerpflanze. Frisch aufgebrüht ergeben die Triebe einen leicht nach Vanille schmeckenden Tee, erklärt die Fachfrau. Das nächste bekannte – für mich bis dahin allerdings namenlose – Pflänzchen hat sich am Waldboden ordentlich ausgebreitet und zarte gelbe Blüten entwickelt. „Scharbockskraut“, sagt Claudia van Zütphen. „Man sollte es jedoch nicht mehr sammeln, wenn es schon blüht.“ Bestens erntereif ist hingegen die Knoblauchrauke. „Passt roh prima in einen Kräuterquark. Man nennt sie übrigens auch das Managerkraut, weil sie weniger Ausdünstungen verursacht als das Original.“

 Eine Baldrianpflanze im Brennnesselmeer...
Eine Baldrianpflanze im Brennnesselmeer... © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Und – nicht in Geruch und Geschmack – aber in seiner Gestalt leicht zu verwechseln mit dem Gundermann, dessen junge Blätter man ebenfalls als Gemüse verwenden kann. Der diente früher auch als Heilkraut zum Beispiel gegen fest sitzenden Husten. Wenn er wächst, bekommt er blau-violette Blüten. Den wilden Baldrian hätte ich aus Unkenntnis ignoriert.

„Anfangs sieht man nur Grün“, weiß Claudia van Zütphen von ihren eigenen ersten Gehversuchen. Dann kommen Wissen und Erfahrung hinzu. Aber Achtung: „Man sollte sich schon auskennen und am Anfang vielleicht auf wenige Kräuter beschränken, die man ganz sicher bestimmen kann.“

Es gilt die Sträußchenregel

Dabei sollte man die Kräuter das ganze Jahr über beobachten und schauen, wie sie sich je nach Jahreszeit entwickeln. Ganz wichtig: „Man sammelt am besten so, dass keiner sieht, dass man da war“, mahnt Claudia van Zütphen den Schutz der Natur an. Oder man folgt der 1:20-Regel: „Wenn zum Beispiel 20 Gundermann-Pflanzen an einem Ort stehen, dann bitte nur eine mitnehmen.“ Kräuter sammeln darf man auch nicht in Naturschutzgebieten, für Landschaftsschutzgebiete gilt die „Sträußchenregel“. Noch ein Tipp: Nicht allzu nahe am Wegesrand sammeln – der Hunde wegen...

Wer sich Ostern zu einem Spaziergang aufmacht: In diesen Tagen lässt sich laut van Zütphen problemlos ein Baumblättersalat herstellen. Denn die ganz jungen gerade sprießenden Buchen- oder Eichenblätter sollen gut schmecken. Ein Pflücksalat der besonderen Art!