Neukirchen-Vluyn. Die Stadt Neukirchen-Vluyn hat jetzt eine Mobilitätsmanagerin. Anne Böhmer arbeitet eng mit der Klimaschutzmanagerin zusammen. Was das Duo plant.
Seit dem 1. Februar ist die Stelle des Mobilitätsmanagements bei der Stadtverwaltung besetzt. Anne Böhmer bekleidet die neu geschaffene Stelle, die vom Bundesministerium für Umwelt und Klimaschutz zunächst für zwei Jahre gefördert wird. Die neue Mobilitätsmanagerin ist zuständig für das Voranbringen der Verkehrswende in Neukirchen-Vluyn, kündigt die Stadtverwaltung an.
Organisatorisch ist das Mobilitätsmanagement in der Stabsstelle Klimaschutz angesiedelt, weil bei der Stadt Klimaschutz und Mobilität eng miteinander verknüpft sind. Nicht zuletzt entsteht etwa ein Fünftel der jährlichen Treibhausgas-Emissionen hierzulande aktuell bei der Bewegung von Menschen und Gütern. So werde sich die Managerin unter anderem der Umsetzung des klimafreundlichen Mobilitätskonzeptes widmen, das 2019 vom Stadtrat verabschiedet wurde.
Neben der Schaffung einer durchgängigen und vernetzten Infrastruktur gehört auch die Sensibilisierung für andere Mobilitätsformen zu den Aufgaben von Anne Böhmer. Sie betreue Aktionen wie das alljährliche Stadtradeln ebenso wie die Umsetzung des Bus-On-Demand-Projekts wir4-mobil, das für bessere Anbindungen in den Außenbereichen von Neukirchen-Vluyn, Rheinberg, Kamp-Lintfort und Moers sorgen soll.
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Der Ort ihres Wirkens ist Anne Böhmer dabei vertraut: Sie wuchs in Neukirchen-Vluyn auf und machte ihr Abitur am Julius-Stursberg-Gymnasium. Ihr Studium absolvierte sie in Düsseldorf, Duisburg und Brüssel. Danach war sie für den umweltpolitischen Sprecher der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag tätig und hat hier bereits Themen aus den Bereichen Klima und Umwelt vorangebracht. Redakteurin Sonja Volkmann hat sie zum Reiz der Aufgabe befragt.
Was reizt Sie an der Aufgabe der Mobilitätsmanagerin in NV?
In meiner zurückliegenden beruflichen Station im NRW-Landtag habe ich insbesondere im Bereich von Klima und Umwelt gearbeitet. Abseits von globalen und nationalen Initiativen werden Maßnahmen in Sachen Klima- und Umweltschutz in den Kommunen gemacht und umgesetzt. Innerhalb des gegebenen rechtlichen Rahmens und der finanziellen Möglichkeiten können Städte und Gemeinden hier relativ unabhängig und eigenständig agieren und viel bewirken. Machen wir als Stadt einen guten Job, können wir zu einem grünen Wandel beitragen und sorgen zugleich für mehr Lebensqualität, weil beispielsweise der öffentliche Raum grüner ist und sicherer, wenn weniger Autos fahren (müssen). Dann reduzieren sich im Übrigen auch Luftverschmutzung und Lärm.
Welche Rolle spielt es dabei, dass Sie selbst aus der Stadt kommen? Und welche Erfahrungen bringen Sie aus Ihrer bisherigen Fraktionsarbeit mit?
Es ist sicher ein Vorteil, dass ich die Stadt und ihre Gegebenheiten kenne und mir aus der zurückliegenden Fraktionsarbeit auch viele Projekte und Vorhaben bereits bekannt sind. Durch mein vormaliges Engagement als sachkundige Bürgerin kenne ich auch die politische Arbeit und habe zugleich Erfahrungen im Bereich von Verwaltungshandeln sammeln können.
Warum ist aus Ihrer Sicht eine solche Stelle überhaupt notwendig? Wo hinkt Neukirchen-Vluyn in puncto Mobilität noch hinterher?
Etwa ein Fünftel der jährlichen Treibhausgas-Emissionen entstehen hierzulande aktuell bei der Bewegung von Menschen und Gütern. Mobilität und Klimaschutz sind also untrennbar miteinander verbunden. Aus meiner Sicht braucht es vor Ort jemanden, der sich dieses Themas in all seinen Facetten annimmt und konkret Verantwortung übernimmt. In Neukirchen-Vluyn bedeutet Mobilität aktuell vor allem, mit dem Auto unterwegs zu sein, und das ist in vielen ländlich geprägten Nachbarkommunen nicht anders. Häufig gibt es schlicht keine Alternative zum Auto. Daran muss und soll sich etwas ändern. Ein hehres Ziel, denn der Besitz eines Autos bedeutet für viele Menschen auch eine gewisse Sicherheit, die andere Mobilitätsformen bislang (noch) nicht auffangen und bieten können, sodass etwa die Aufgabe oder das Teilen des eigenen Autos mit anderen Nutzern aktuell keine Option ist.
Was sind Ihre wesentlichen Ziele, die Sie sich für die zunächst zwei Jahre gesteckt haben? Was sind konkret Ihre nächsten Schritte?
Das über allem stehende Ziel ist, andere Mobilitätsformen neben dem eigenen Auto aufzuzeigen, zu etablieren und die nötigen Strukturen zu schaffen. Dazu gehört, das Radwegenetz durchgängiger zu machen, Mobilitätsstationen zur Vernetzung von Fuß-, Rad- und motorisiertem Verkehr zu installieren und sicher auch das große Thema Verbesserung des ÖPNV. Hier setzen wir aktuell zum Beispiel mit dem On-Demand-Projekt Wir4-Mobil an und versuchen im Rahmen unserer kommunalen Möglichkeiten, das bestehende ÖPNV-Netz zu verbessern. Bestehende ÖPNV-Linien können so ergänzt und die Außenbereiche an Bus und Bahn angebunden werden. Auch das alljährliche Stadtradeln wird eines meiner ersten konkreten Projekte, welches die Aufmerksamkeit auf die Themen Radförderung, Klimaschutz und Steigerung der Lebensqualität lenkt.
Was haben Sie studiert?
Nach meinem Abitur am JSG habe ich zunächst Politikwissenschaft und Germanistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und im Anschluss den Master „Politikmanagement, Public Policy und öffentliche Verwaltung“ an der NRW School of Governance studiert. Während meines Masters habe ich zudem ein Semester in Brüssel verbracht.
Sie haben sicher die Entwicklung am Neukirchener Ring verfolgt: Wie bewerten Sie den Vorstoß, in Neukirchen-Vluyn ein autofreies Quartier zu schaffen?
Ich finde das Projekt sehr spannend, weil es für Neukirchen-Vluyn neu ist und einer zukunftsorientierten Stadtplanung entspricht, die mehr und grünen Lebensraum schaffen will, der ein anderes Zusammenleben ermöglicht. Ziel ist ja, dass Jung und Alt auch außerhalb von Balkon und Garten Raum finden zum Spielen, Lesen, Entspannen und so weiter. Abgesehen davon endet der Autoverkehr nicht am Bordstein des neuen Quartiers. Es wird für Autos zugänglich sein, jedoch wird ihnen weniger Fläche und Relevanz eingeräumt. Ich empfinde dies als eine Chance für ein grünes, ruhiges und bunt gemischtes neues Quartier in Neukirchen-Vluyn.