Moers/Kamp-Lintfort. Im Zuge eines religiösen Rituals soll ein 46-Jähriger aus Kamp-Lintfort eine Frau sexuell missbraucht haben – Schwester glaubt dem Opfer nicht.

Wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs muss sich ein 46-jähriger Kamp-Lintforter seit Montag vor der Auswärtigen Kammer des Landgerichts Kleve in Moers verantworten. Insgesamt ist in der Anklageschrift von 33 Fällen zwischen Sommer 2016 und Dezember 2018 die Rede. Zum Opfer gefallen seien dem Mann, der selbst verheiratet und Vater eines Kindes ist, demnach drei Frauen.

Eine von ihnen, eine 23-Jährige aus Kamp-Lintfort, schilderte den Tathergang am ersten Verhandlungstag der Strafverhandlung wie folgt: Den Angeklagten habe sie durch dessen Frau kennengelernt, mit der sie wiederum zusammen gearbeitet und auch darüber hinaus Zeit verbracht hatte. Die Frau sprach in diesem Zusammenhang von einem „lockeren Verhältnis“ zu der Familie.

23-Jährige wollte zum Islam konvertieren

Angestoßen durch ihre psychischen Probleme, wegen der die 23-Jährige bereits in Behandlung gewesen war, habe ihr die Frau des Angeklagten im Jahr 2018 geraten, zum Islam zu konvertieren. Man würde sich danach bereinigt und wie neu geboren fühlen, berichtete die 23-Jährige von dem Gespräch.

Um ein entsprechendes Ritual durchzuführen, habe die junge Frau nach eigenen Aussagen den Angeklagten zuhause besucht. Dieser habe sie dann zu einer rituellen Waschung überredet, für die sich die Frau ausziehen und in die Badewanne des Angeklagten setzen sollte. Auch der 46-Jährige habe dafür seine Kleidung abgelegt und sei zu der Frau in die Wanne gestiegen. Im Zuge dessen sei es dann zu sexuellen Übergriffen gekommen, bis sich die 23-Jährige schließlich befreien und fliehen konnte. Der Angeklagte äußerte sich am Montag zu keinem der Vorwürfe.

Als weitere Zeugin war die 32-jährige Schwester des Opfers geladen. Auch sie habe die Familie durch die Arbeit mit der Frau des Angeklagten gekannt und erst Monate später von ihrer Schwester von den Vorfällen erfahren. Ebenfalls habe ihr sich eine Arbeitskollegin anvertraut, die vorübergehend auf den Dachboden des Angeklagten gewohnt haben und als Gegenleistung immer wieder zu sexuellen Handlungen gezwungen worden sein soll. Die 56-jährige Mutter der Schwestern bestätigte vor Gericht Teile dieser Aussagen.

Schwester glaubt ihr nicht

Umso überraschender verlief die Zeugenaussage der dritten Schwester. „Ich glaube meiner Schwester nichts von dem, was sie gesagt hat“, erklärte die 30-Jährige. In der Vergangenheit sei es innerhalb der Familie wegen Unehrlichkeit und Lügen ihrer jüngeren Schwester schon zu einigen Problemen gekommen. Chatverläufe sollen zudem belegen, dass sich die 30-Jährige damals bei der Familie des Angeklagten für das Verhalten ihrer Schwester entschuldigt hatte.

Zusätzlich fielen dem Richter einige zum Teil wesentliche Unterschiede zwischen den Aussagen der 23-Jährigen im Gerichtssaal und ihren Angaben bei der polizeilichen Vernehmung Ende 2018 auf. So zum Beispiel in Bezug auf die Handlungsabfolge und die Schwere des Missbrauchs.

Der Richter schlug der 23-Jährigen daraufhin eine aussagepsychologische Begutachtung vor, um die Korrektheit ihrer Aussagen zu überprüfen. Die 23-Jährige willigte ein. Bis das Ergebnis vorliegt, wolle der Richter mit weiteren, unabhängigen Anklagepunkten fortfahren. Eine dafür geladene Zeugin erschien am Montag aus ungeklärten Gründen nicht. Die Strafverhandlung soll am kommenden Montag fortgesetzt werden.