Kamp-Lintfort. Eine Kamp-Lintforterin hat seit Monaten einen Marder unterm Dach. Sie hat alles versucht, um ihn los zu werden. Aber das Tier ist hartnäckig.

Helene H. (Name der Redaktion bekannt) ist verzweifelt. Sie lebt schon lange allein in ihrem Haus in Kamp-Lintfort, seit einem Dreivierteljahr allerdings hat sie ungebetene Gesellschaft: ein Marder hat sich ihren Dachboden als Heimstatt ausgesucht. Das nächtliche Getrappel und Geraschel ist schon unheimlich genug. Allerdings vergreift sich das Tierchen mittlerweile auch an der Dachdämmung. Und das ist für Helene H. definitiv der Punkt, an dem es vorbei ist mit ihrer Gastfreundschaft. Zumal sie erfahren hat: „Das zahlt keine Versicherung.“

Keine „Hygieneschädlinge“

Sie hat sich kundig gemacht, was zu tun sei. Sie ist zwar nicht mehr so mobil, aber sehr klar im Kopf. Sie hat sich an die Stadtverwaltung gewandt, weil sie weiß, dass sie in ihrer Gegend nicht allein mit dem Problem ist. Die Stadtverwaltung allerdings ist nicht zuständig, wie es auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt wird: „Bei Mardern handelt es sich nicht um Hygieneschädlinge.“ Also ist anders als etwa bei Ratten die Jagdbehörde des Kreises zuständig. Von dort gab es aus ihrer Sicht wenig Hoffnung, des tierischen Problems Herr zu werden.

Ganz schön behände, der kleine Räuber.
Ganz schön behände, der kleine Räuber. © imago/blickwinkel | imago stock

Unterdessen hat sie alle gängigen Empfehlungen ausprobiert: 14 Tage lang dudelte ein Radio auf ihrem Dachboden: „Bis die Batterie leer war“, sagt sie. Aber anscheinend hat dem kleinen Raubtier das Programm gefallen. Sie hat es mit Duftstoffen versucht. Die haben ihn ebenfalls nicht vertreiben können. Sie hat den Gärtner kommen lassen und rund ums Haus alle Bäume und Sträucher bis auf zwei Meter Abstand zum Haus kappen lassen, damit es der mit erstaunlicher Sprungkraft gesegnete Jäger nicht so leicht hat, ins Haus zu gelangen. Sie hat den Dachdecker kommen lassen und alles – bis auf eine Lüftungspfanne – dicht machen lassen. Sie hat dabei gelernt: „Wenn wir alles zu machen, hebt der mir die Dachpfannen hoch.“ Sie hat ein Ultraschallgerät genutzt, das wahrscheinlich leider Katz’ und Hund in der Nachbarschaft zur Verzweiflung gebracht hat. In ihrer größten Not hat sie eine Lebendfalle gekauft.

Kaufen ja, benutzen nein

Oha! „Ja, kaufen können Sie die“, sagt der Kamp-Lintforter Jäger Heinrich Lehmbrock auf Anfrage, „nur einsetzen dürfen Sie die nicht.“ Im schlimmsten Falle mache man sich sonst der Wilderei schuldig. Er stellt fest: Man sollte schon Ahnung davon haben, und sowas muss gemeldet werden. Er selbst habe jüngst auch solchen ungebetenen Gast gehabt. „Den in die Falle zu bekommen, ist ein Fulltime-Job.“ Ein Marder sei ganz schön gewieft und clever. Es sei ein schmaler Grat, auf dem sich die Jäger bei dem Thema bewegen. Der Marder darf bejagt werden, allerdings nicht innerhalb von Wohngebieten. Also ist das keine Hilfe für Helene H. Die Bestände im Zaum halten zu können – schwierig aus Sicht des Jägers. „Wenn wir ansitzen, ist der im Vergleich zu Dachs und Fuchs wie ein Geist. Der huscht durch Bäume, Hecken und Höhlen.“ 22 sind in seinem Revier letztes Jahr erlegt worden.

Der Steinmarder macht sich gerne auch im Motorraum von Autos zu schaffen.
Der Steinmarder macht sich gerne auch im Motorraum von Autos zu schaffen. © FotoliaM | Horst Schmidt

„Der Marder ist ein Kulturfolger, der geht dahin, wo er Nahrung findet. In Kamp-Lintfort ist er flächendeckend vorhanden“, glaubt Lehmbrock, der fürchtet, dass der kleine Räuber bald immer mehr Probleme machen wird. Jäger Lehmbrock versteht sich nach eigener Aussage als Naturschützer. Und als solchem sind ihm die durchaus possierlichen Tiere ein Dorn im Auge. In seinem Revier in Saalhoff gebe es endlich wieder Fasane und Rebhühner. „Aber 50 Prozent der Gelege werden geplündert. Meist vom Marder.“ Auch Singvogelnester seien nicht sicher vor seinem Appetit. So habe der Marder in Wohngebieten großen Einfluss auf die Singvogelwelt. Am Ende aber hat auch Lehmbrock nicht den einen heißen Tipp, der Helene H.s Dachdämmung retten könnte, außer: „Vielleicht doch noch mal mit der unteren Jagdbehörde sprechen.“

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