Kamp-Lintfort. Im Lutherhaus stapeln sich die Kartons mit Hilfsgütern für Menschen aus der Ukraine. Nächste Woche startet der Transport nach Polen.

Der weiße Sprinter vor dem Lutherhaus ist bis unter das Dach bepackt mit Kinderkleidung und Spielzeug aus Duisburger Kitas. Lutz Zemke schüttelt den Kopf: „Kleidung nehmen wir im Moment nicht an, und hier zwischenlagern können wir die Kartons auch nicht.“ Der Vorsitzende des Presbyteriums der Gemeinde Lintfort führt die Fahrer ins Gebäude und zeigt auf über 1000 gestapelte Kartons mit Hilfsgütern. Seit einer Woche ist das Haus an der Ebertstraße eine der beiden Anlaufstellen, an denen die Grafschafter Diakonie gemeinsam mit den evangelischen Kirchengemeinden Spenden für die Ukraine sammelt.

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Transport startet nächste Woche

Es dauert nicht einmal zehn Minuten, da hat Zemke den Transport aus Duisburg umdirigiert – und damit im Lutherhaus Platz für derzeit dringender benötigte Sachspenden bewahrt. „Das ist aktuell ein Vollzeitjob“, sagt Zemke, der die Hilfsaktion in Kamp-Lintfort koordiniert. Von hier aus werden kommende Woche die ersten 40-Tonner beladen, die die Hilfsgüter zum polnischen Partner, der Diakonie Polen, nach Warschau transportieren. Von dort aus werden die Spenden weiter verteilt. Ein zweiter Transport nach Kattowitz soll am 30. März folgen.

Er ist fasziniert von der Hilfsbereitschaft der Menschen: Lutz Zemke organisiert die Sammelaktion in Kamp-Lintfort.
Er ist fasziniert von der Hilfsbereitschaft der Menschen: Lutz Zemke organisiert die Sammelaktion in Kamp-Lintfort. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Anke Alsfasser ist eine der etwa 60 Helfenden, die sich in der letzten Woche spontan entschieden haben, mit anzupacken. Warum sie mithilft? „Ich bin selbst Mutter, ich fühle mit den Frauen, die derzeit mit ihren Kindern alleine unterwegs sind“, so die Kamp-Lintforterin. In zwei Schichten nehmen die Freiwilligen Kartons entgegen und packen, wenn nötig, direkt um.

Dankbar für das Engagement

Wichtig sei, dass vor Ort in Polen Pakete mit klar definiertem Inhalt ankommen – nur mit Windeln, nur mit Zahnbürsten oder nur mit Batterien, so Zemke. Um den Partnern in Polen die Arbeit zu erleichtern, beschriften die Helfenden in Kamp-Lintfort die Kartons auch schon in polnischer Sprache.

„Ich bin fasziniert von der Hilfsbereitschaft der Menschen und dankbar für ihr Engagement“, sagt Zemke. Einfach ist die Arbeit dennoch nicht, oftmals ist der gute Wille bei den Spendern da, nicht aber der nötige Weitblick. So mussten die Helfer auch drei Mülltonnen aufstellen, in denen so manche nicht mehr brauchbare Spende direkt entsorgt werden kann. Wichtig sei es beispielsweise, nur haltbare Lebensmittel zu spenden, sagt Zemke.

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„Das mindeste, was wir machen können“

Den Kontakt zu den polnischen Partnern hält Kai Garben, Pfarrer und Geschäftsführer der Grafschafter Diakonie. Schon zweimal ist die Liste mit besonders nötigen Hilfsgütern von dort aktualisiert worden: Derzeit seien vor allem H-Milch, Frühstückscerealien, Hand- und Gesichtscreme, Babywindeln, Badelatschen, Nagelscheren, Bürsten oder Kämme von Nöten, weiß er. Ein Paar schiebt einen leeren großen Karton über die Annahmetheke: „Wir haben gehört, dass ihr auch das braucht“, sagt Rita und greift in ihr Portemonnaie, um einen Geldschein in die Spendendose zu stecken. „Wir wollen helfen, das ist das mindeste, was wir gerade machen können“, so die Kamp-Lintforterin.

Wichtig ist, dass die Kisten mit klar definiertem Inhalt ankommen, um das weitere Verteilen so einfach wie möglich zu halten.
Wichtig ist, dass die Kisten mit klar definiertem Inhalt ankommen, um das weitere Verteilen so einfach wie möglich zu halten. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Garben ist überwältigt von der großen Resonanz auf die Aktion: „Viele wollen nicht einfach nur ruhig sitzen bleiben, sie sind vom Leid der Menschen in der Ukraine angerührt.“

Präses Latzel kommt

Am Sonntag kommt der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, nach Kamp-Lintfort, um im Lutherhaus einen Gottesdienst zu feiern und sich bei den freiwilligen Helfern zu bedanken.

Die Kartons in dem eigentlich bereits im Oktober entwidmeten Kirchenraum würden nicht weggeräumt, erklärt Pfarrerin Dorothee Neubert, lediglich für die Älteren werde man Sitzgelegenheiten organisieren: „Das wird wohl ein besonderer Gottesdienst an einem besonderen Ort.“ In einer ganz besonderen Zeit, mag man da hinzufügen.

INFO:

Bei aller Hilfsbereitschaft gehe es jetzt auch darum, verantwortungsvoll zu spenden, sagt Lutz Zemke. Er bittet daher darum, derzeit keine Kleidung oder Spielzeug abzugeben, dafür aber vor allem Windeln, Babynahrung, Rucksäcke aber auch funktionsfähige Kinderwagen oder Rollatoren.

Wer Spenden abgeben möchte, kann das im Lutherhaus, Ebertstraße 57, montags bis samstags von 10 bis 13 und von 15 bis 18 Uhr. Es ist auch möglich, Geld zu spenden, von dem Sachspenden gekauft werden: IBAN: DE19 3506 0190 0000 2052 06 BIC: GENODED1DKD Verwendungszweck: Ukraine.