Am Niederrhein. Die Menschen in Moers und Umgebung sind angesichts der Entwicklungen in der Ukraine in großer Sorge. Kirchengemeinden rufen zum Gebet auf.
Mit Erschrecken und großer Sorge blicken die Menschen in der Region auf die Entwicklungen in der Ukraine. „Wir sind alle tief betroffen und in großer Sorge“, sagte der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Josef Moers, Herbert Werth: „Wir sehen die Menschen dort und nehmen sie in unser Gebet für den Frieden auf.“
Schon am Donnerstagmorgen hatte es angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine ein ökumenisches Treffen mit Vertretern der Moerser Kirchengemeinden gegeben. Für den Aschermittwoch um 18 Uhr planen die katholischen und evangelischen Gemeinden sowie die freie evangelische Kirche einen ökumenischen Friedensgottesdienst in der St.-Josef-Kirche. Man müsse nun alles in den Dialog setzen, sagt Pfarrer Werth. „Krieg in Europa – wer hätte sich das noch einmal vorgestellt?“, fragt er.
Der Altweibersturm wurde abgesagt
In Neukirchen-Vluyn haben Stadtverwaltung und die Neukirchen-VLÜ-KA-GE den Rathaussturm abgesagt. Hier war pandemiebedingt ohnehin nur ein kleines Geschehen ohne große Öffentlichkeit geplant: Maximal 20 Möhnen vor dem Rathaus und Bürgermeister Ralf Köpke wollten den Rathausschlüssel an einem Seil aus dem Fenster hinunterlassen. Angesichts der Situation in der Ukraine wurde auch das abgesagt. „Das wäre völlig unangemessen gewesen“, sagte der Bürgermeister. Der Angriff Putins hat ihn sehr schockiert. Ralf Köpke sieht auch für die Kommunen am Niederrhein Folgen, so müsse man sich auf einen Flüchtlingsstrom aus der Ukraine einstellen.
Der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer wandte sich in einer Videobotschaft an die Bürgerinnen und Bürger. „Ich bin erschüttert“, sagte Fleischhauer. Er sei überzeugt, dass „dieser völkerrechtswidrige Akt Russlands nicht von der Mehrheit der Russen mitgetragen“ werde. Die Gedanken seien jetzt auch bei den Familien des Jugendsymphonieorchesters der Ukraine, das im August nach Moers kommen soll. „Es ist und bleibt einfach nur furchtbar.“ In Moers war angesichts der pandemischen Lage ohnehin kein Rathaussturm geplant und in Kamp-Lintfort fand eine Schlüsselübergabe nur in kleinstem Möhnenkreis statt.
Ulle Schauws: Die Friedensordnung ist nicht verhandelbar
„Der russische Militärangriff auf die Ukraine und auf so viele Menschen, die jetzt in tödlicher Gefahr sind, macht mich fassungslos“, sagt die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Ulle Schauws. Und weiter betont sie: „Putin bricht mit den elementarsten Regeln der internationalen Ordnung, verstößt gegen das Völkerrecht. Das ist niemals hinnehmbar. Konsequenzen müssen schnell folgen. Russland muss diese Eskalation beenden.“ Die europäische Friedensordnung sei nicht verhandelbar. „Dass wir solidarisch an der Seite der Ukraine stehen und alle Hilfe geben, die möglich ist, ist selbstverständlich und hat jetzt absolute Priorität“, sagt Schauws.
Putin sei jemand, der „die Geschichte fälscht und sich eigene Erzählungen zugrunde legt für die Dinge, die er treibt“, sagt Bernhard Schmidt, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Erinnern für die Zukunft“. Er hält schon seit Tagen und Wochen Kontakt zu Volodja Malyutin, einem in Kiew lebenden Ehrenmitglied des Moerser Vereins. Am Donnerstagmorgen habe er ihm eine Solidaritätsbotschaft per Mail geschickt; Malyutin habe sich dafür bedankt. Wie es den Freunden in der Ukraine an diesem Tag geht? Gibt es einen Austausch? „Nein, die haben heute anderes zu tun“, sagt Schmidt.
Die Angst wird auch deutlich in einem Video, dass die Bratschistin des Jugendsymphonieorchesters, Ulyana Sharina, aus Kiew nach Moers geschickt hat. „Wir wollen Frieden, haben ihn immer gewollt, wir haben nie jemanden attackiert“, sagt die junge Frau und bittet um Hilfe für ihr nun im Krieg befindliches Land.
„Wir, das Jugendsinfonieorchester der Ukraine mit Musikerinnen und Musikern im Alter von 12 bis 22 Jahren aus 32 Städten der Ukraine rufen im Namen unserer Familien alle Regierungen der europäischen Staaten auf, der Ukraine mit entschlossenem Handeln, mit Militär und strengsten Sanktionen zur Seite zu stehen und unsere Mörder zu stoppen“, heißt es in einem Schreiben der jungen Musiker. „Wir selber werden nie aufgeben, mit allen Kräften, mit Kunst, mit Musik und den richtigen Werten unsere Heimat und den Weltfrieden verteidigen.“
Jan Dieren spricht von Kräftemessen
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Kerstin Radomski sagt: „Wir alle sind angesichts der Kriegssituation in Europa schockiert. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion berät heute dazu – unser Vorsitzender Friedrich Merz hat sich bereits mit deutlichen Worten geäußert. Nun geht es um ein parteiübergreifendes Zeichen der Geschlossenheit!“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jan Dieren spricht von einem „Ergebnis eines weltweiten Kräftemessens“. Entscheidend sei in einer solchen Situation, wer das erste Mal zum Mittel der kriegerischen Gewalt greife. „Das hat die russische Regierung getan und sich damit für die ultima irratio entschieden, das Mittel äußerster Unvernunft“, sagt Dieren.
Unter diesem Angriff werden vor allem Menschen in der Ukraine zu leiden haben, aber auch viele Menschen in Russland und Europa. Und weiter: „Wichtig ist jetzt, jede weitere Eskalation zu verhindern, um nicht noch Öl ins Feuer zu gießen. Wir werden uns auf Fluchtbewegungen einstellen müssen und allen Schutzsuchenden solidarisch zur Seite stehen.“