Moers. Für das Projekt „Eine Stadt erinnert sich“ haben Studierende Einheimische und Migranten interviewt. Manche Geschichte hat berührt.
Einen direkten, persönlichen Bezug zu Moers haben die Studierenden des Projekts „Eine Stadt erinnert sich – Ein literarisches Projekt zur städtischen Erinnerungskultur in Moers mit Feridun Zaimoglu“ eigentlich nicht. Bis jetzt. Jetzt kennen sie die Geschichten von Menschen, die als Migranten nach Moers kamen, von Einheimischen, die schon ihr Leben lang in Moers leben und von Orten, die die Stadt sehenswert oder eher unattraktiv machen.
Knapp 40 Studierende der Universität Duisburg-Essen interviewten Zeitzeugen und Bewohner von Moers, um mit der Stadt verbundene prägende Erinnerungen festzuhalten. Unter Anleitung des Schriftstellers Feridun Zaimoglu wurden die Interviews in einem zweitägigen Workshop in literarische Form gebracht.
Sensibler beim Thema Integration geworden
Einen vorgefertigten Fragenkatalog hatten die Studenten nicht. Im Gegenteil: In welche Richtung das Interview geht, das entschieden die Studierenden und die Befragten ganz allein. „Viele haben von ihrem eigenen Leben in Moers erzählt. Da sind wir spontan drauf eingegangen“, erzählt Manuel Galemann.
Ein Interview habe den jungen Mann besonders gepackt. Dabei ging es um Geschichte eines Mannes, der als Migrant aus Algerien nach Deutschland kam. „Wir tun immer so, als würden wir die Leute gut aufnehmen aber der Lebensweg des Mannes zeigt, dass wir das eben nicht immer tun. Ich bin definitiv sensibler beim Thema Integration geworden.“ Ein Interview mit einer wildfremden Person zu führen, sei eine Herausforderung, aber auch spannend gewesen. „Es war total interessant, die Geschichten der Menschen zu erfahren“, so Galemann.
„Es gibt Licht- und Schattenseiten“
Das unterschrieb seine Kommilitonin Juliane Klisch: „Wir haben echte Menschen mit echten Geschichten interviewt, das bleibt einfach kleben.“ Einen kleinen Einblick gewährten die Studierenden schon: So werden die Geschichten das Facettenreichtum der Stadt Moers zeigen. „Es gibt Licht- und Schattenseiten. Ein Interviewpartner bezeichnete Moers als Kaff, ein anderer sagte, Moers sei nicht so schön, um so zu tun, als sei die Stadt eine Metropole“, erzählt Galemann.
Aber auch Orte wie der Musenhof und der Jungbornpark wurden immer wieder positiv hervorgehoben. „Dort haben viele Moerser ihre Kindheit verbracht, das verbinden sie mit ihrer Heimat“, erklärt Klisch. Die Studierenden setzten sich auch selbst mit dem Begriff Heimat auseinander – und stellten dabei zum Teil viele Gemeinsamkeiten mit ihren Interviewpartnern fest.
Heimat in zwei Städten
„Ich finde Familie wertet die Stadt auf, in der man lebt. So ging es auch meiner Interviewpartnerin“, berichtet Luisa Gröger. Eine andere alteingesessene Frau erzählte Gröger, dass sie den gleichen Englischlehrer in der Schule hatte, wie schon ihre Mutter. Auch das sei für sie ein Zeichen der Verbundenheit, ein Gefühl von Heimat. „Das kann ich total nachvollziehen“, sagt die Studentin.
Philippos Karaiskas konnte sich besonders gut in die Lage der ehemaligen Migranten versetzen, die berichteten, ihre Heimat in zwei Städten zu haben: In ihrem Herkunftsland und in Moers. „Meine Heimat ist ebenfalls gespalten. Ich habe Familie in Griechenland und in Krefeld. Ich fühle mich hier und dort zuhause und habe an beiden Orten tolle Erinnerungen sammeln können.“