Moers. Die Kapelle an der Rheinberger Straße/Ecke Mühlenstraße ist ein geschichtsträchtiger Ort für Katholiken in Moers. 2022 feiert St. Josef Jubiläum.

Mancher fährt an ihr vorbei, ohne zu wissen, welch geschichtsträchtiger Ort die Kapelle in der Grünanlage an der Rheinberger Straße/Ecke Mühlenstraße in Moers ist. „Sie ist gewissermaßen die Keimzelle der katholischen Gemeinde in Moers“, weiß Sigrid Gorenc.

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Die 67-Jährige war 26 Jahre lang Küsterin der Gemeinde St. Josef und ist Kennerin der Geschichte. Dieses Jahr steht jedoch nicht die traditionsreiche Gemeinde, sondern die neugotische Kirche St. Josef am Kastellplatz im Mittelpunkt der Historie. Das Gebäude wurde vor 150 Jahren eingeweiht.

Zur Vorgeschichte: Die Bauernschaft „Murse“ am kleinen Fluss „Moerse“ taucht in den Büchern des Klosters Werden Anfang des 9. Jahrhunderts auf, als Geschenk Karls des Großen.

Um 1200 entstand weiter weg davon die Burg, das spätere Schloss mit der Neustadt. Christine Knupp-Uhlenhaut, ehemalige Museumsleiterin, weiß: „Die Grafen von Moers besaßen ihre eigene Kapelle. Jedoch musste das Volk der Neustadt zur Kirche an der Rheinberger Straße vor die Tore der Stadt (wo heute die Kapelle steht, um 1800 erbaut). Die Reformation 1560 brachte viel Leid.

St. Josef, im Vordergrund, feiert 2022 sein 150-jähriges Bestehen.
St. Josef, im Vordergrund, feiert 2022 sein 150-jähriges Bestehen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Da Graf Hermann von Neuenahr-Moers evangelisch wurde, musste das Volk es auch werden“, schildert Knupp-Uhlenhaut. „Die wenigen, die noch katholisch waren, zogen entweder weg oder reisten zum Gottesdienst in weiter entfernte Orte.“

Erst 1773 erlaubte Friedrich der Große den Moerser Katholiken, eine neue Gemeinde zu gründen. Auch ein Gotteshaus mit Nebenräumen durfte gebaut werden. Das denkmalgeschützte Gebäude steht bis heute an der Haagstraße gegenüber der heutigen Kirche und beherbergt inzwischen den katholischen Kindergarten. „Es wird heute Marienheim genannt“, weiß Gorenc. 1779 wurde diese erste kleine Kirche als Kirche St. Josef geweiht. So könnte die Moerser Gemeinde aktuell ihr 243-jähriges Bestehen feiern.

Die Gemeinde St. Josef wuchs weiter, und nach einem Gesuch an den Landrat konnte schon 1868 der Grundstein zur heutigen katholischen Kirche gelegt werden. Stadtarchivarin Daniela Gillner dazu: „12.500 Taler der eingeplanten 15.000 Taler Baukosten brachten die Kollekten in Gemeinden bis nach Aachen, Trier und Koblenz zusammen.“ Gorenc ergänzt: „Der Bau geriet jedoch aus Geldmangel ins Stocken und lag vier Jahre lang still.“

Das hat die Moerser Kirmes mit der Kirchen zu tun

Daniela Gillner weiß, aus Dokumenten sei ersichtlich, dass die Königliche Regierung zur „Fundamentierung“ strenge Auflagen gemacht habe. Am 29. August 1871 wurde die Kirche dann feierlich eingeweiht. Sigrid Gorenc ergänzt: „Daher rührt auch das Datum der Moerser Kirmes, die immer am ersten Wochenende im September stattfindet.“ Der Bau des Turms sei mit einem schlimmen Unglück verbunden, bei dem drei Menschen ums Leben gekommen seien: „1875 stürzte der Turm kurz vor der Fertigstellung ein. Ein Fixpunkt der Historie ist der Großbrand, der 1929 den Turm samt Glocken zerstörte. 1931 entstand ein neuer Turm, auch Glocken gab es wieder. Ökumene wird in Moers schon lange gelebt: „1942 beschädigte ein Bombenangriff große Teile der Kirche. Die Katholiken konnten damals die evangelische Kirche sonntags mit benutzen“, berichtet Sigrid Gorenc.

1948 war die katholische Kirche wieder aufgebaut. „Gemeindemitglieder haben die alten Backsteine dafür selbst sauber geklopft“, weiß sie. Es sollten später noch mehrere Sanierungen und Umbauten der Kirche St. Josef folgen.

Eine besondere Krippe sorgt für Aufsehen in der ganzen Region

Von sich reden machte die Gemeinde unter anderem mit ihrer Krippe in der Kirche im Jahr 2000: „Da haben Mitglieder des Familiengottesdienstes überlegt, wo Christus heute wohl geboren würde und wer dem Paar helfen würde. Wir haben dann Maria, Josef und das Jesuskind anstatt in einen Stall in eine Kulisse mit dem Haltestellenhäuschen am Kö gesetzt, mitsamt dem stadtbekannten Obdachlosen, der dort oft saß.“ Ein Aufschrei sei durch die Gemeinde gegangen.

„Am Ende kamen zahlreiche Besucher aus Düsseldorf und dem ganzen Ruhrgebiet, um unsere zeitkritische Krippe zu bestaunen“, erinnert sich Sigrid Gorenc.

>>INFO
Die katholische Kirchengemeinde St. Josef Moers feiert in diesem Jahr ein Jubiläum. Vor 150 Jahren gab es die Kirchweihe. Das eigentliche Jubiläum war bereits im vergangenen Jahr, die Feierlichkeiten mussten aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Jetzt laufen die Planungen.

Im Rahmen des Weihe-Jubiläums findet die Festwoche „Moers klingt“ (26. August bis 4. September) statt. Dazu gastiert das ukrainische Jugendsinfonieorchester in Moers. Den Besuch hatten der Moerser Kulturmanager Konrad Göke und die Stadt vergangenes Jahr in die Wege geleitet.