Moers. 80 Jahre nach der ersten Deportation von Menschen jüdischen Glaubens gedenkt Moers der Opfer. Schülerinnen und Schüler verlesen ihre Namen.
Am Samstag wurde der Moerser Juden gedacht, die vor 80 Jahren während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland nach Riga deportiert wurden.
Zur Gedenkfeier, die von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und dem Verein „Erinnern für die Zukunft“ organisiert wurde, fanden sich etwa 70 Menschen ein. Darunter waren auch Schülergruppen, die von den Wohnorten der Deportationsopfer mit Namenschildern zum Veranstaltungsort an der ehemaligen Haltestelle „Steinschen“ am Ende der Neustraße in der Moerser Innenstadt zogen.
„Wir haben uns heute hier versammelt, für jeden vernehmbar und laut, um uns in unserem Alltag bewusst zu machen, was hier vor 80 Jahren geschehen ist“, richtete Bürgermeister Christoph Fleischhauer eindringliche Worte an die Anwesenden, nachdem es eine musikalische Einleitung durch die beiden „improviser in residence“ vom Moers Festival Kevin Shea und Matt Mottel gegeben hatte.
Auch das schlechte Wetter lässt Fleischhauer in seinen Vortrag einfließen: „Wenn wir uns schon daran reiben, wie kalt und nass es heute ist, wie mag es denen gegangen sein, die hier heute vor 80 Jahren in die Straßenbahn stiegen?“ In diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass sich die Schülerinnen und Schüler beim Tragen der Namenschilder zur Gedenkfeier hineinfühlen könnten, wie sich die Moerser Bürger jüdischen Glaubens im Dezember 1941 gefühlt haben müssen.
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Die Stadtgemeinschaft müsse zu diesem Thema „egal wie schwermütig es sei, immer in Bewegung bleiben“, betonte Fleischhauer in seiner Rede. „Wir sind gefordert, gegen jede Art von Unrecht aufzustehen, mag es noch so klein sein“, blickte er in die Zukunft, ehe er den Jugendlichen und jungen Erwachsenen für ihr Engagement dankte.
Im anschließenden Beitrag der Hermann-Runge-Gesamtschule ging es um die nationalsozialistische Verwaltung, in der „Menschen zu Zahlen wurden“. Den Juden wurden ihre „Menschlichkeit durch Menschenhand genommen“, wie die Schülerin eindrücklich an Beispielen veranschaulichte. Ihre Botschaft ist eindeutig: „Heute liegt es in unserer Verantwortung, dass so etwas sich nicht wiederholt.“
Im Anschluss präsentierten Schülerinnen des Gymnasiums in den Filder Benden Eindrücke von Karl Coppel, dem einzigen damals deportierten Moerser Bürger jüdischen Glaubens, der an den Niederrhein zurückkehrte. Nach einer Vorstellung des „Auschwitz-Projektes“ von einem Schülerteam aus der elften Jahrgangsstufe des Gymnasiums Adolfinum und der Verlesung der Namen aller 85 Deportationsopfer von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Rheinkamp hielt Hans-Helmut Eickschen, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, seine Rede.
Die Hoffnung, dass das Gedenken weitergegeben wird
Gedenken und Erinnern seien wichtig, auch an die, die für die Maßnahmen verantwortlich waren. Dies verstärkt er eindrücklich: „Es waren Bürger dieser Stadt, die deportiert wurden, die plötzlich nicht mehr da waren; aber es waren auch Bürger dieser Stadt, die die Deportation organisiert haben, die zu- und wegsahen, schwiegen, als ihre Nachbarn verschwanden.“
Zum Abschluss sagte Eickschen an die Schülerinnen und Schüler gerichtet: „Dass ihr da seid, lässt uns hoffen, dass das Gedenken weitergegeben wird.“