Kamp-Lintfort. Der Niederrhein muss sich weiter auf Starkregenereignisse und trockene Sommer einstellen. Beides bleibt für die tägliche Arbeit der Lineg Thema.

Als am 14. Juli die Unwetterkatastrophe über das Ahrtal hereinbrach, hatte auch die Lineg ob der vorhergesagten Regenmengen ihre Bereitschaft am Niederrhein erhöht. Im Ahrtal fielen an jenem verhängnisvollen Tag 94,5 Liter Regen pro Quadratmeter, am Niederrhein waren es laut Messungen der Lineg 85 Liter. Die verheerenden Folgen der Katastrophe beschäftigten die Menschen in der Region, vor allem die bange Frage: „Kann so etwas auch bei uns passieren?“ Der Umgang mit Starkregenereignissen und der Rückgang des Grundwassers waren am Donnerstag unter anderem Themen bei der jährlichen Genossenschaftsversammlung des Wasserwirtschaftsverbands.

Viele besorgte Anfragen

Nach den ersten Bildern aus den von der Katastrophe besonders getroffenen Gebieten war die Lineg vor Ort ein gefragter Gesprächspartner: „Wir hatten ungewöhnlich viele Anfragen zu diesem Thema“, sagte Lineg-Pressesprecher Ingo Plaschke bei einem Pressetermin im Vorfeld der Versammlung.

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Lineg-Vorstandschef Karl-Heinz Brandt sieht mit Blick auf die Folgen der Starkregenkatastrophe aber auch einen Unterschied: „Wir haben am Niederrhein ganz andere Voraussetzungen, die topografischen Gegebenheiten sind hier völlig andere.“ Aus seiner Sicht habe auch die wegen des Borkenkäferbefalls nötig gewordene Waldabholzung in vielen Gebieten einen „erheblichen Anteil“ auf das Ausmaß der Folgen gehabt.

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Weil die Jetströme schwächer geworden sind, seien in Deutschland Tief- genauso wie Hochdruckgebiete stabiler geworden, so Brandt: „Deshalb müssen wir uns darauf einstellen, dass uns beide Phänomene – Starkregenereignisse genauso wie heiße, trockene Sommer – weiter treffen.“

„Defizit“ konnte nicht aufgeholt werden

Im Wasserwirtschaftsjahr 2021 fiel im Gebiet der Lineg zwar mit 872 Litern pro Quadratmeter deutlich mehr Regen als im Vorjahr und im Vergleich zum langjährigen Mittel, aber das über die letzten drei Jahre angewachsene „Defizit“ konnte damit nicht aufgeholt werden. Brandt: „Was mir am meisten Sorgen macht, ist der Rückgang des Grundwassers.“

Deshalb ist für ihn auch die Frage nach dem Umgang mit dieser Ressource künftig weiter vorrangiges Thema: „In zehn, 15 Jahren wird die Frage, wie Grundwasser verteilt wird, akut werden. Darauf wollen wir uns strategisch vorbereiten. Grundwasser wird das Problem der Zukunft sein.“

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Weiterer Schwerpunkt der Arbeit bei der Lineg werden in den nächsten Jahren Renaturierungsprojekte bleiben – auch zum Schutz der Artenvielfalt. So sollen in den nächsten Jahren etwa die Issumer und die Nenneper Fleuth wieder durchgängig gemacht werden. Auf Nachfrage äußerte sich Brandt auch zum Thema Kies: „Eine Zunahme der Auskiesungsflächen ist für die Wasserwirtschaft nicht ideal.“

Stärker einbringen mit ihrem Fachwissen will sich die Lineg künftig auf Wunsch auch, wenn es um Konzepte zur kommunalen Klimaanpassung geht. „Auch hier gibt es Fördertöpfe, die wir aufmachen können. Man muss nur darüber reden,“ so Brandt.

INFO: Die Linksniederrheinische Entwässerungsgesellschaft (kurz: Lineg) ist ein öffentlich-rechtlicher Wasserwirtschaftsverband und kümmert sich auf ihrem Gebiet um die Grundwasserregulierung, den naturnahen Gewässerausbau, Abwasserreinigung und die Regulierung von Wasserabfluss.