Moers. Marina Mellenthin aus Moers arbeitet als Curve-Model. Ihre Kandidatur bei der Wahl zur Miss Germany verbindet die 31-Jährige mit einer Botschaft.

34, 36, allenfalls 38 – dies scheinen die gängigen oder wenigstens erstrebenswerten Konfektionsgrößen von Frauen und Mädchen zu sein, wenn man den Modemagazinen, Modenschauen und der Werbung glaubt. Normal ist das nicht. Normal ist 42 bis 44 für die deutsche „Durchschnittsfrau“, sagt das Bundesamt für Statistik. Passt auf Marina Mellenthin. Die Moerserin trägt Kleidergröße 42 – und sie modelt. „Ich bin mit meinem Körper absolut im Reinen“, sagt sie und kämpft dafür, dass Frauen wie sie in der Mode- und Medienbranche von der Ausnahme zur Normalität werden. Dieses Ziel verfolgt sie nun auch mit ihrer Kandidatur bei der Wahl zur „Miss Germany“.

Der Impuls, einen Versuch als Fotomodell zu wagen, kommt vor sechs, sieben Jahren von außen. Marina Mellenthin absolviert damals ein Praktikum bei einem privaten Fernsehsender in Düsseldorf, steht dort vor und hinter der Kamera. Weil sie immer wieder gefragt wird, so erzählt sie, macht sie Fotoshootings mit Hobbyfotografen, bewirbt sich schließlich bei einer der größten deutschen Modelagenturen: „Die haben mich tatsächlich in ihre Kartei aufgenommen.“ Viel mehr passiert danach aber nicht. Sie bekommt kaum einen Job – ein ganzes Jahr lang. „Ich wollte keine Karteileiche sein und hatte die Faxen echt dicke“, erinnert sie sich. Marina verlässt die Agentur, nicht ohne einen Nackenschlag mit auf den Weg zu bekommen: „Du bist einfach kein Model“, sagt man ihr.

„Ich bin nicht super schlank, ich habe Rundungen. Ich habe einen schönen Körper“, sagt Marina Mellenthin aus Moers. 
„Ich bin nicht super schlank, ich habe Rundungen. Ich habe einen schönen Körper“, sagt Marina Mellenthin aus Moers.  © Unbekannt | Foto: Leonard Koall

Natürlich nagt der Satz an ihr, „den werde ich nicht vergessen“, weiß sie. Anderseits ist die gebürtige Duisburgerin nicht der Typ, der sich schnell unterkriegen lässt. Marina arbeitet an dem, was sie „mein Mindset“ nennt: Sie hinterfragt ihre Selbstwahrnehmung und lernt, mehr auf sich zu vertrauen als auf die vermeintliche oder tatsächliche Wahrnehmung durch andere: „Ich habe mich viel mit mir selbst beschäftigt und mich gefragt: ‘Wie willst du eigentlich sein?’“ Ihr gefällt doch, wie sie ist. „Ich bin nicht super schlank, ich habe Rundungen. Ich habe einen schönen Körper.“ Runterhungern auf Kleidergröße 36 kommt für sie „zu keinem Zeitpunkt“ in Frage, betont sie.

Fotos und Clips für Adidas, Ulla Popken, Hyatt Regency

Nach einer Weile sucht und findet die heute 31-Jährige mehrere kleine Agenturen: „Die binden die Models nicht in Exklusivverträgen und kümmern sich mehr, als es die großen tun.“ Die Jobs für das so genannte „Curve-Model“ häufen sich. Marina arbeitet zeitweise für einen Teleshopping-Sender, macht Fotos und Filmclips für Kataloge und Online-Shops von Marken wie Zalando, Ulla Popken und Adidas, posiert für Kaufhaus-Aufsteller von Galeria-Kaufhof und C&A. Zudem tritt sie in einem Video-Clip für eine Image-Kampagne der Fünf-Sterne-Hotel-Kette Hyatt Regency auf. „Der Hyatt-Film lief weltweit“, freut sie sich.

So glücklich Marina über diese Entwicklung ist, so wenig will sie sich auf eine Karriere allein als Modell verlassen. „Wenn’s mal nicht so läuft wie in der Corona-Zeit, fehlen die Einnahmen. Und wenn morgen dein Typ nicht mehr gefragt ist, ist es vielleicht ganz aus“, erklärt sie. Zu bodenständig sei sie, um ein solches Risiko einzugehen. Ihren Arbeitsplatz in der Personalabteilung eines Ruhrgebiet-Konzerns – sie führt dort die Einstellungsgespräche – werde sie nicht aufgeben.

Nach dem Agentur-Wechsel habe sich bei dem Moerser Model Marina Mellenthin die Jobs gehäuft. 
Nach dem Agentur-Wechsel habe sich bei dem Moerser Model Marina Mellenthin die Jobs gehäuft.  © Unbekannt | Foto: Leonard Koall

Aber Marina will auch Miss Germany werden. Dass sie sich mit ihrem Blick auf die Rolle von Frauen in den Medien darauf einlässt, liegt nicht zuletzt daran, dass der Veranstalter Miss Germany Corporation aus Oldenburg das alte „verstaubte“ (Marina) Konzept im Laufe der Jahre über Bord geworfen hat. Die Zeiten, in denen schlanke, möglichst knapp bekleidete Damen vor einer Jury über einen Laufsteg stöckeln, scheinen zumindest für diesen Wettbewerb vorbei.

Wichtig ist es, ein Anliegen zu haben

Nun gehe es in erster Linie um Vielfalt, Toleranz, erläutert Marina: „Es gibt super schlanke Teilnehmerinnen und welche mit Größe 48, andere mit Handicap, es gibt verschiedene Nationalitäten, Junge und Alte.“ Wichtig sei auch, dass die Kandidatinnen für ein Thema stehen, ein Anliegen vertreten.

Die Moerserin will mit ihrer Teilnahme andere Frauen und Mädchen dazu motivieren, zu sich zu stehen, dass sie dem Druck widerstehen, der angeblich idealen Konfektionsgröße entsprechen zu müssen. „42 ist normal, jede Frau darf sich damit wohl fühlen, und die Medien sollten diese Normalität abbilden. Das will ich erreichen, dafür will ich ein Zeichen setzen.“

Beim Miss-Germany-Wettbewerb entscheiden die Teilnehmer eines Votings im Internet und eine Jury über das Fortkommen der Bewerberinnen von Runde zu Runde. 12.000 Frauen sind gestartet, jetzt sind es noch 160 Kandidatinnen, Marina Mellenthin gehört zu ihnen und will im nächsten Schritt unter die letzten 80 kommen (siehe Box) und natürlich auch in den weiteren Runden bestehen. Ihr Ziel ist das große Finale im Februar im Freizeitpark Rust: „Da will ich gewinnen.“

>>> Miss Germany <<<<<<

Wer am Voting teilnehmen möchte, geht auf die Seite www.missgermany.de. Marina Mellenthin aus Moers stellt sich dort unter den Bewerberinnen aus NRW vor.

Für das Voting sind die Kandidatinnen in Gruppen aufgeteilt. Die Gruppe von Marina ist vom 1. November, 15 Uhr, bis 5. November an der Reihe.

Jeder User kann an diesen Tagen beim „Community-Voting“ täglich einmal pro Gerät seiner Favoritin bis zu fünf Punkte („Überzeugt mich“) geben.

Marinas Wunsch: „Dass möglichst viele mir jedem der fünf Tage jeweils fünf Punkte geben.“