Kamp-Lintfort. Axel Schmitz ist Bestattermeister in Kamp-Lintfort. Für ihn sind Hardrockmusik auf der Trauerfeier oder ein Fantrikot im Sarg keine Tabuthemen.

Die Totengedenktage im November nehmen viele Menschen zum Anlass, die Gräber ihrer Verwandten und Freunde auf dem Friedhof zu besuchen. Für den Kamp-Lintforter Bestattermeister Axel Schmitz gehört der Umgang mit dem Tod zum Berufsalltag. Darüber haben wir im Interview mit dem 62-Jährigen geredet.

Warum sind Sie Bestatter geworden?

Das war für mich ein langer Weg. Meine Eltern hatten eine Friedhofsgärtnerei. Allein deshalb habe ich schon immer Berührung mit der Bestatterbranche gehabt. Als meine Mutter mir 1999 den Betrieb übergeben hat, habe ich ihn erst einmal noch einige Jahre weitergeführt. Dann stellte ich aber fest, dass der Druck auf den Gartenbau immer weiter wächst. Da reifte in mir die Entscheidung, Bestatter zu werden. Viele Facetten des Berufs kannte ich ja schon aus der Friedhofsgärtnerei.

Der Umgang mit Verstorbenen war also nichts Neues für Sie ...

Genau. Mein Vater hatte immer schon die Blumendekos am offenen Sarg gemacht. Als hier am Ort der Chef einer Sargfabrik starb und dann im Anzug im Sarg lag – das hat mich als Kind sehr beeindruckt. Das habe ich nie vergessen. Ich war irgendwie schon von klein auf in dem Thema.

Ein neues Sargmodell für die Dauerausstellung.
Ein neues Sargmodell für die Dauerausstellung. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Wie wird man heute Bestatter?

Früher wurde das Wissen einfach weitergegeben. Lange gab es dann Bestrebungen, den Bestatterberuf zu einem Ausbildungsberuf zu machen. Die haben aber erst einmal nicht gefruchtet. Bis dann die Branche reagiert hat und gesagt hat: Wir müssen Leute ausbilden und ihnen ein Angebot machen. Das hat sich 2003 durchgesetzt: Wer heute in die Branche geht, macht in der Regel erst mal eine Ausbildung zum Fachbestatter. Bis zur Meisterprüfung kann man sich heute weiterbilden.

Was lernt man in der Ausbildung?

Da ist viel Bürokratie dabei. Zum Beispiel sollte man wissen, wie ein Standesamt arbeitet. Das ist wichtig für die Sterbeurkunden. In der praktischen Ausbildung ist auch das Wissen um die menschliche Anatomie Thema.

Weiterbilden kann man sich auch in Thanatopraxie. Ich hatte selbst mal ganz besonderen Fall, wo Eltern ihr durch Suizid aus dem Leben geschiedenes Kind unbedingt noch einmal sehen wollten, aber die Polizei dringend davon abgeraten hat. Da habe ich einen Kollegen angerufen, der eine solche Weiterbildung absolviert hat. Dem habe ich dann assistiert. Da kommen Maschinen zum Einsatz, die in einem „normalen“ Bestatteralltag so nicht benutzt werden.

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Da ist es dann eher das Schminkköfferchen ...

Genau. Ich richte die Verstorbenen in der Regel selbst her. Dafür gibt es besondere Präparate. Manche Hinterbliebenen geben uns aber auch das Schminkzeug der Toten mit. Damit die Verstorbenen dann im Sarg so aussehen, wie sie früher ausgesehen haben.

Axel Schmitz arbeitet in seiner Firma mit einem Steinmetzmeister zusammen.
Axel Schmitz arbeitet in seiner Firma mit einem Steinmetzmeister zusammen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Warum ist Sterben so teuer?

Ja, das bereitet mir allmählich Sorgen. Ich sehe das Problem vor allem in den steigenden Gebühren. Ich werde bei der Auftragsannahme jetzt eine Kostenaufstellung machen, bei der die Leute sehen, was genau sie für welche Leistung bezahlen. Die Gebühren werde ich dabei auf ein Extrablatt schreiben.

Sie begegnen Menschen meistens in Ausnahmesituationen. Wie gehen Sie damit um?

Vieles musste ich auch erst einmal lernen. Eigentlich wissen die Menschen ja – es gibt einen Sterbeprozess und dann kommt der Tod. Der Schock für die Hinterbliebenen ist aber, glaube ich, die Endgültigkeit, mit der sie dann konfrontiert werden.

Und was ich auch immer wieder höre ist, dass der Tag der Beerdigung noch einmal richtig schwer ist. Ich bringe viel Lebenserfahrung mit. Wenn Hinterbliebene dann im Beratungsgespräch persönliche Dinge erzählen, dann bewerte ich das nicht. Jeder Mensch hat seinen Lebensweg, darüber urteile ich nicht.

Die Bestattungskultur hat sich über die Jahre geändert – zum guten oder zum schlechten?

Ich sehe das gar nicht negativ. Früher war der Tod eher ein Tabu-Thema. Dass das nicht mehr so ist, finde ich gut. Die Leute kommen jetzt zum Beispiel auch einfach mal rein und fragen, was kostet so eine Bestattung. Und das ist für mich auch okay, wenn sie bei einem anderen Bestatter nach einem Angebot fragen.

Sie trauen sich einfach mehr, auch, was die Gestaltung einer Beerdigung angeht. Dabei gelten die deutschen Bestatter im Nachbarland Niederlande eher noch als konservativ …

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Hardrock als Beerdigungssound, das Schalke-Trikot als Totenhemd – wie gehen Sie mit solchen Wünschen um?

Das ist für mich normal. Wenn es um die Kleidung geht, sage ich auch immer: Am besten so, wie sie ihn oder sie gekannt haben. Dann habe ich eben auch schon einmal jemanden in Latzhose beerdigt. Oder in BVB-Bettwäsche und -T-Shirt. Es ist ja so – wenn man noch mal Abschied nimmt, dann möchte man das so vertraut wie möglich tun.

Die Verstorbenen werden auf Wunsche hergerichtet. Dafür gibt es ganz spezielle Produkte.
Die Verstorbenen werden auf Wunsche hergerichtet. Dafür gibt es ganz spezielle Produkte. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Macht es Sinn, schon beizeiten über seine eigene Beerdigung nachzudenken und Vorsorge zu treffen?

Die Generation die jetzt so über 70 Jahre alt ist, da sind oft die Kinder weiter weg. Und die hat für sich festgestellt, da ist womöglich keiner, der das später regelt, also regele ich das besser mal jetzt schon für mich selbst. Das ist dann für diese Menschen durchaus ein Thema, zum Bestatter zu gehen und die Beerdigung – auch finanziell – zu planen.

Manchmal ist es auch einfacher für die Kinder zu wissen – diese oder jene Entscheidung haben meine Eltern schon für sich getroffen.

Wie steht es um den Nachwuchs in ihrer Branche?

Ich darf ausbilden, ich bin in der Handwerksrolle eingetragen. Bislang habe ich aber vor allem mit Praktikanten zu tun, der nächste fängt jetzt im November an. Viele junge Leute, auch Frauen, melden sich bei mir. Wer ein solches Praktikum macht, kann aber selbst entscheiden, wie weit er in welchem Bereich gehen möchte.