Kamp-Lintfort. Der SPD-Landtagsabgeordnete René Schneider sagt im NRZ-Interview, welche Themen ihn zwischen Bundestags- und Landtagswahl beschäftigen.

Wissen Sie, was eine 15-Minuten-Stadt ist? Der NRW-Landtagsabgeordnete René Schneider (SPD) jedenfalls kann sich dieses Konzept für Kamp-Lintfort vorstellen. Was ihn außerdem nach der Bundestags- und vor der Landtagswahl beschäftigt, darüber sprach er mit Matthias Alfringhaus (NRZ).

Müssen Sie sich nicht manchmal kneifen, wenn Sie auf die SPD-Erfolge bei der Bundestagswahl im Bund und im Kreis Wesel blicken?

René Schneider: Die aktuellen Wahlergebnisse zeigen, wie schnelllebig das politische Geschäft geworden ist. Wahlkämpfe haben zudem immer eine eigene Dynamik. Am Ende ist es aber auch ein Verdienst der vielen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die trotz mieser Umfragewerte nie aufgegeben, sondern für ihre Themen gestritten haben.

Worauf führen Sie den Wahlerfolg von Rainer Keller im Kreis Wesel zurück?

Rainer Keller ist ein Top-Beispiel für diesen Elan, der uns angetrieben hat. Er hat vom ersten Tag an daran geglaubt, das Direktmandat holen zu können. Dafür war er unermüdlich unterwegs und hat andere mit seinem Enthusiasmus angesteckt. Damit hatte er seiner Mitbewerberin von der CDU einiges voraus, die am Ende nicht mal mehr erklären konnte, wofür sie und ihre Partei inhaltlich stehen.

Sie sind seit diesem Sommer SPD-Sprecher im Umweltausschuss. Was sind hier die drängendsten Probleme in Ihrem Wahlkreis?

Die Unwetterkatastrophe vor einigen Monaten hat gezeigt, dass sich die Klimaveränderungen auch auf das Wetter in Deutschland massiv auswirken. Daran müssen wir uns einerseits anpassen – unter anderem beim Städtebau und der Renaturierung von Flüssen. Andererseits müssen wir verhindern, dass es noch schlimmer wird. Dass bedeutet nicht, dass wir auf Wohlstand und Glück verzichten müssen. Im Gegenteil: Ich würde auch gerne mal darüber sprechen, wie viel eine intakte Umwelt zu unserem individuellen Glück beiträgt.

Wie groß sind Ihrer Meinung nach die Chancen, die Kiesabbau-Pläne am Niederrhein abzuwenden?

Das wird maßgeblich davon abhängen, wie die nächste Landtagswahl ausgeht. Wir brauchen eine Landesregierung, die aus der Förderung von Kies und Sand aussteigt. Das geht, wenn man stattdessen Recyclingmaterial nutzt und neue Baustoffe zulässt. Je früher wir die Baustoffwende starten, desto mehr Flächen am Niederrhein werden wir retten können.

Welche Themen werden in Ihrem Wahlkampf eine Rolle spielen?

Der Umwelt- und Klimaschutz wird – wie überall – ein großes Thema sein. Wir wollen das so anpacken, dass alle mitmachen können. Wir werden über die ärztliche Versorgung vor allem auf dem Land sprechen müssen. Wie helfen wir den Kindern nach Corona wieder in die Spur? Es gibt so viele Kollateralschäden nach der Pandemie, die wir heute noch gar nicht erkannt haben. Das wird erst in den kommenden Monaten sichtbar.

Wie stark macht sich der Rhein noch als Trennlinie im SPD-Kreisverband bemerkbar?

Die Trennlinie Rhein stellt nicht nur politische Verbände vor große Herausforderungen. Der Kreis Wesel als politisches Gebilde ist nie ganz zusammengewachsen. Wie sollte er auch? Wir sind das Scharnier zwischen Niederrhein und Ruhrgebiet. Ein Teil von uns fühlt sich hingezogen nach Westfalen, während Städte wie Moers Richtung Rheinland blicken. Dennoch eint die Menschen ein besonderes Lebensgefühl, weshalb wir uns als Niederrheiner immer gut verstehen werden.

Was sind Ihre persönlichen Schwerpunkt-Themen beim Prozess „Kamp-Lintfort 2040”?

Ich glaube, dass wir künftig einen Schwerpunkt auf die ökologische Entwicklung unserer Stadt legen sollten. Wie machen wir Kamp-Lintfort klimafest und vermeiden, dass Menschen in heißen Sommern nachts in ihren Wohnungen nicht in den Schlaf finden? Dazu gehört eine Mobilitätswende hin zu mehr Radverkehr und einem Mix aus Bus, Bahn und Mietangeboten. Ich hege noch immer den Traum von der 15-Minuten-Stadt, in der alle wichtigen Einrichtungen innerhalb einer Viertelstunde mit dem Rad erreichbar sind. Das ist die Zukunft. Die SPD mit Christoph Landscheidt an der Spitze war hier immer Taktgeber und wird es auch in Zukunft sein.

>>Zur Person

René Schneider (45) hat 1996 in Kamp-Lintfort Abitur gemacht und anschließend in Dortmund Journalistik studiert.

Er gehört dem nordrhein-westfälischen Landtag seit 2012 an und holte bei den beiden vorausgegangenen Wahlen das Direktmandat im Wahlkreis Wesel II (Alpen, Kamp-Lintfort, Rheinberg, Sonsbeck, Xanten, Vluyn).

Ratsmitglied Schneider ist Vorsitzender der SPD im Kreis Wesel und des Ortsvereins Kamp-Lintfort.