Moers. Nach ihrem Herzinfarkt lebte Angelika Golitz aus Moers selbst in ständiger Angst. Nun sorgt sie dafür, dass andere Herzkranke nicht allein sind.
Angelika Golitz erinnert sich mit Schrecken. Die 66-Jährige erlitt vor sechs Jahren einen Herzinfarkt. „Und danach kam die Angst. Zeitweise traute ich mich kaum noch, zum Einkaufen zu gehen“, berichtet sie. Das Gefühl, erneut vom Infarkt überfallen zu werden, verunsicherte sie bis in die Tiefen ihrer Seele. „Hinzu kam, dass ich mich kaum mit jemandem darüber austauschen konnte.“ Das soll sich jetzt ändern. Die Moerserin gründet eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Herzerkrankungen. Am Montag, 23. August, trifft man sich erstmals in Moers.
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Kreises Wesel mit Sitz beim Paritätischen in Moers unterstütze die Bemühungen der Moerserin tatkräftig. „Gerade ist auch der Info-Flyer fertig geworden“, berichtet Angelika Golitz. Jeder mit einer Herzerkrankung, egal welcher Art, könne sich der Gruppe anschließen. „Wir treffen uns zunächst an jedem vierten Montag im Monat, vielleicht später auch alle 14 Tage.“
Herzinfarkt traf die Moerserin plötzlich und unerwartet
Aus heiterem Himmel habe sie der Infarkt damals auf dem Weg zum Zahnarzt erwischt, schildert die 66-Jährige. „Ich war immer sportlich und schlank, habe mich gesund ernährt und nie im Leben mit so etwas gerechnet.“ Sie hatte die „typisch männlichen“ Symptome: „Die Enge in der Brust, Schmerzen im oberen Rücken, Luftnot.“ Angelika Golitz hatte zudem Pech im Unglück: „Der Kardiologe konnte nichts feststellen.“
Etwas später die zweite Attacke: „Da war ich als Schöffin auf dem Weg zum Gericht und konnte vor Schmerzen plötzlich nicht mehr laufen. Danach war alles wieder weg.“ Wenig später überfielen sie die Schmerzen beim Frühstück: „Da bin ich ins Krankenhaus.“ Doch auch dort sei zunächst nichts gefunden worden. „Ich beharrte darauf zu bleiben. Erst im Katheterlabor sah der Arzt, dass ich einen Infarkt hatte.“ Der so genannte NSTEMI Herzinfarkt, den sie erlitten habe, sei auf Bildern nicht zu sehen. „Ich bekam einen Stent, mit dem ich seither gut lebe“, berichtet die Patientin.
Gespräche mit Betroffenen haben Golitz gegen ihre Angst geholfen
Das Herz schlug wieder normal. Normal fühlte sich Angelika Golitz aber ganz und gar nicht. „Anderthalb Jahre litt ich unter schrecklichen Ängsten, erneut von der Krankheit überfallen zu werden, traute mich kaum aus dem Haus. Was mir dabei geholfen hat, war eine Notrufnummer, die ich von der Krankenkasse bekommen hatte. Dort rief ich mehrfach an, wenn ich dachte, ich hätte wieder einen Infarkt.“ Es sei auch den Ärzten bekannt, dass mancher Herzpatient von seiner Angst völlig aus der Bahn geworfen werde.
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Hilfreich seien teils auch Gespräche mit Betroffenen in der Herzsportgruppe gewesen. „Aber eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Herzproblemen gab es nicht.“ Nach und nach sei die Angst jedoch gewichen. Inzwischen macht Angelika Golitz wieder ganz allein Urlaub, war schon auf Ibiza. „Diesen Sommer bin ich mit dem Rad von Mainz nach Überlingen am Bodensee gestrampelt“, sagt sie stolz.
Ab sofort für die neue Selbsthilfegruppe für Herzerkrankte anmelden
Eine Psycho-Kardiologie ähnlich der Psycho-Onkologie für Krebspatienten gebe es leider nur sehr selten, auch nirgendwo am Niederrhein. „Der Austausch im Gespräch fehlt leider. Doch wem es so schlecht geht nach einer Herzerkrankung, der braucht Hilfe“, weiß Angelika Golitz. „Man will doch leben und keine Ängste ausstehen, dass man wieder etwas kriegt.“
Anmeldungen zu der Selbsthilfegruppe für Herzerkrankte: 02841-900016 oder selbsthilfe-wesel@paritaet-nrw.org.