Moers. Bettina Lücking-Rodenbäck führt den gleichnamigen Dachdeckerbetrieb in dritter Generation. Eines ist ihr in den Jahren besonders aufgefallen.
Sie sollte es sich gut überlegen, ob sie wirklich in die Fußstapfen ihres Vaters treten wolle. Diesen Satz musste sich Bettina Lücking-Rodenbäck in ihrem Leben mehrmals anhören. Doch so richtig etwas zu überlegen, gab es für die damals junge Moerserin eigentlich gar nicht. Sie wollte Dachdeckerin werden, an dieser Entscheidung gab es nichts zu rütteln. „Schon als Kind bin ich gerne geklettert, habe mit Werkzeug gearbeitet und bin gerne mit meinem Vater zu den Baustellen mitgefahren“, erinnert sich Lücking-Rodenbäck.
Sie sei das einzige von vier Kindern gewesen, das sich fürs Dachdecken begeistern konnte. Also ging die Moerserin Anfang der 1990er-Jahre ihren Weg. Absolvierte nach dem Abitur eine Berufsausbildung im Dachdeckerhandwerk. „Mein Vater gab mir die Möglichkeit, doch noch einmal in etwas anderes reinzuschnuppern. Daher studierte ich noch Bau- und Holztechnik an der Uni in Aachen“, erzählt Lücking-Rodenbäck.
Die Chefin führt den Betrieb in dritter Generation
Aber auch das Studium änderte nichts an ihrem Berufswunsch: „Mir ist nochmal klar geworden, dass der Dachdeckerberuf genau der Job ist, den ich machen will.“ Und so übernahm sie 2000 den an der Franz-Haniel-Straße beheimateten Dachdecker-Meisterbetrieb ihres Vaters Walter Lücking. Seit 21 Jahren führt Lücking-Rodenbäck den Betrieb in mittlerweile dritter Generation fort.
Zugegeben: Frauen sieht man auch heute eher selten auf dem Dach. Das ist auch der 50-Jährigen bewusst. „Schon damals in der Ausbildung waren wir nur zwei Frauen in der Klasse – und das bei 30 Lehrlingen“, erzählt sie. Abgeschreckt hat das Lücking-Rodenbäck nicht.
Auf Baustellen sind alle gleich
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Die Arbeit mit verschiedenen Materialien, Schiefer-, Metall- oder Flachdächer bauen, das habe ihr immer Spaß gemacht. „Das Handwerk ist allgemein ein schönes Gewerk, weil man direkt ein Ergebnis sieht“. Mit Vorurteilen, dass Frauen auf dem Bau oder auf dem Dach nichts zu suchen hätten, sah sich Lücking-Rodenbäck in ihrer gesamten Laufzeit als Dachdeckerin noch nie konfrontiert.
Ganz im Gegenteil: „Ich hatte ab und zu sogar Anrufe von Kunden, die explizit eine Dachdeckerin beauftragen wollten. Vielleicht haben sie einer Frau mehr Feingefühl oder Ästhetik zugetraut. Den eigentlichen Grund weiß ich aber nicht.“
Oma und Opa hatten eine wichtige Funktion
Auch auf den Baustellen sei Lücking-Rodenbäck bisher nie anders behandelt worden, weil sie eine Frau ist. „Eigentlich ist nie einer auf die Idee gekommen, die schweren Wertstoffe für mich zu tragen. Das hätte ich aber auch nicht gewollt. Wenn man diesen Beruf ergreift, muss man sich klarmachen, dass man als Frau nicht zwingend anders behandelt oder entlastet wird“, sagt sie.
Eines konnte aber auch Bettina Lücking-Rodenbäck in all den Jahren nicht ganz ablegen: Den Gedanken, als Frau in einem männerdominierten Beruf besser sein zu müssen als ihre männlichen Kollegen. „Ich strebe immer noch an, wirklich alles perfekt zu machen“, gibt sie lachend zu. Das muss partout natürlich nichts Schlechtes heißen. So schloss Lücking-Rodenbäck ihre Meisterprüfung 1998 als Bundesbeste ab. Beruflich gab es also wenige Herausforderungen, die die Geschäftsfrau meistern musste, private dafür umso mehr. Zum Beispiel die Doppelbelastung als Chefin und Mutter.
„Zum Glück hatten wir Oma und Opa. Sonst wäre es schon schwierig geworden, Familie und Beruf zu vereinbaren“, erklärt die zweifache Mutter. Und betont: „Ich würde den Beruf trotzdem immer wieder wählen.“ In jedem Jahr versucht die Unternehmerin, die derzeit zehn Mitarbeiter beschäftigt, auch mindestens einen Lehrling auszubilden. Eine Frau war da bisher aber noch nicht dabei…